
Sahra Wagenknecht greift an: Die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) hat Strafanzeige gegen Robert Habeck gestellt – wegen Verleumdung (§ 187 StGB) und übler Nachrede (§ 186 StGB). Doch besonders pikant: Der Vorwurf richtet sich nicht gegen irgendeinen anonymen Hetzer im Netz, sondern gegen den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister selbst. Und es geht nicht um eine unbedachte Formulierung im Eifer des Gefechts – sondern um eine gezielte Aussage auf einer Wahlkampfveranstaltung, professionell vorbereitet und öffentlich vorgetragen. Inklusive Videoaufzeichnung.
Am 30. August 2024 sagte Habeck bei einem Grünen-Auftritt in Dresden, niemand in der Bundesregierung sei korrupt – „im Unterschied zu AfD und BSW, von denen jeder weiß, dass sie von Moskau, von Putin bezahlt werden“. Wenige Minuten später legte er nach: BSW und AfD würden „Trollarmeen aufbauen“, „Stimmen kaufen“, sich „für ihre Meinung bezahlen lassen“. Das sind keine Meinungen mehr – das sind Tatsachenbehauptungen. Und genau hier wird es juristisch heikel.
Die Ironie: Ausgerechnet Habeck hatte in den letzten Jahren reihenweise Anzeigen gegen Bürger losgetreten, die ihm im Netz „Hass“ unterstellt hätten – wegen deutlich weniger. Menschen, die seine Energiepolitik kritisierten, wurden mit Paragraf 188 bedroht oder gar verfolgt. Habeck war nie zimperlich, wenn es darum ging, sich selbst als Opfer von Desinformation und Hassrede darzustellen. Jetzt steht er plötzlich auf der anderen Seite.
Wagenknecht lässt daran keinen Zweifel: „Es geht hier nicht um eine hitzige Debatte, sondern um bewusste Lügen zur Wahlkampfmanipulation.“ Die Aussage, ihr Bündnis werde von Putin bezahlt, sei nachweislich falsch – es gebe keinerlei Belege, sondern nur eine infame Gleichsetzung mit russischer Einflussnahme. Der Vorwurf sei nicht nur rufschädigend, sondern auch demokratiegefährdend.
Wagenknecht sagte gegenüber der Bild: „Während Habeck hunderte normaler Bürger angezeigt hat, die im Internet ihre berechtigte Wut über seine schlechte Politik geäußert haben, hat er selbst mit der Behauptung, das BSW würde sich ‚für seine Meinung bezahlen lassen‘, im Internet ‚Stimmen kaufen‘ und ‚Trollarmeen aufbauen‘ wissentlich Lügen über einen politischen Konkurrenten verbreitet. Dagegen wehren wir uns.“
Brisant auch deshalb, weil Habeck selbst lange der Inbegriff des moralisierenden Politikers war. Kaum ein Kabinettsmitglied pflegte so sorgfältig das Image des redlichen Intellektuellen, der über dem „Gekreische“ der AfD steht und für eine bessere Debattenkultur wirbt. Jetzt steht er ausgerechnet wegen Hetze und Diffamierung vor dem Staatsanwalt.
Wagenknecht bringt es auf den Punkt: Es sei „schon bemerkenswert, dass ausgerechnet ein, wenn es ihn selbst betrifft, so dünnhäutiger Politiker wie Robert Habeck, der angeblich unablässig gegen ‚Hass und Hetze‘ kämpft, selbst ohne Skrupel nicht nur hetzt, sondern Lügen und Verleumdungen verbreitet, wenn er sich davon Vorteile verspricht“.
Sollte sich der Vorwurf der Verleumdung erhärten, droht Habeck nicht nur ein Imageschaden, sondern auch eine mögliche Verurteilung – nach einem Gesetz, das seine eigene Partei verschärft hat. Die Grünen wollten politische Hetze bekämpfen. Wagenknecht zeigt jetzt, was geschieht, wenn die Mittel des moralischen Aktivismus gegen die Aktivisten selbst gerichtet werden. Ein Bumerang – und ein Lehrstück in politischer Doppelmoral.