Wahlarena in der ARD: Viel Streit, wenige Inhalte und Antworten

vor 2 Monaten

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Bildquelle: Apollo News

In der ARD-Wahlarena stellten sich am Montagabend Kanzler Olaf Scholz, CDU-Vorsitzender Friedrich Merz, AfD-Chefin Alice Weidel und Wirtschaftsminister Robert Habeck den Fragen eines vorab ausgewählten Publikums. Insgesamt waren 150 Bürger im Publikum. Moderiert wurde die Debatte von Tagesthemen-Moderatorin Jessy Wellmer und hart aber fair-Moderator Louis Klamroth. Laut dem Moderator habe man versucht, eine „möglichst vielfältige“ Auswahl an Bürgern zu treffen. Aufgrund von Kritik an vorherigen Sendungen sah sich die ARD offenbar dazu gezwungen, bekannt zu geben, dass sich im Publikum mehrere Mitglieder verschiedener Parteien befinden. Während der Diskussion mit dem Publikum taten sich alle vier Kanzlerkandidaten schwer, nahbar aufzutreten – immer wieder stießen sie mit den Fragestellern aneinander, konkrete Antworten konnten die vier nicht wirklich liefern. Zum Teil war es auch nicht die Schuld der Kandidaten, immer wieder funkten ihnen die Moderatoren dazwischen.

Als erster der vier Kandidaten war Merz an der Reihe. Gleich zu Beginn wurde Merz mit einer direkten Frage konfrontiert: Welche Belastungen kommen auf die Bürger zu? Der Fragesteller forderte Offenheit. Merz erklärte sein Rezept für die Zukunft: „Ärmel hochkrempeln, anpacken“ – die Menschen müssten die Wirtschaft wieder auf Kurs bringen. Dies stehe hinter seiner „Agenda 2030“. Eine Zumutung, die er in Kauf nehmen will: Bürgergeld-Streichung für sogenannte Totalverweigerer. Wer nicht arbeiten wolle, solle nicht mehr vom Staat unterstützt werden, für „Totalverweigerer“ will Merz die Leistungen „auf null“ setzen.

Beim Thema Bildungspolitik wirkte der CDU-Chef ungewohnt zurückhaltend. Eine Lehrerin beklagte den Föderalismus, Merz räumte ein: „Wir können die Kompetenzen nicht von den Ländern abnehmen“. Dennoch versprach er Verbesserungen – insbesondere bei der bundesweiten Anerkennung von Abschlüssen. Ein Systemwandel sei jedoch nicht „über Nacht“ zu erwarten.

Eine Zuschauerin konfrontierte Merz mit der Frage, warum er glaube, dass Abschiebungen Attentate verhindern könnten. Der CDU-Chef blieb bei seiner Position: Die Zahl der Geflüchteten sei zu hoch, „diese Leute müssen das Land verlassen.“ Auf den Vorschlag der Fragestellerin, stärker in psychologische Hilfe zu investieren, entgegnete er knapp, dass dies für Hunderttausende ohne Aufenthaltsrecht nicht leistbar sei.

Die erste Frage an Scholz kam von einer afghanischen Frau, die ihre Frage ursprünglich an Merz richten wollte, aber auch den Kanzler ansprach. Sie kritisierte die Debatte, die Merz führte, und betonte, dass Migranten nicht das Problem seien. Sie beklagte zudem die fehlende Finanzierung für die Ausbildung von Therapeuten, da sie selbst diesen Beruf anstrebe. Scholz würdigte das „Herzblut und Engagement“ der Frau, bezog sich jedoch nicht konkret auf ihre Frage zur Ausbildungsfinanzierung. Die Zuschauerin unterbrach ihn mit dem Vorwurf, ihre Frage nicht beantwortet zu haben.

Im weiteren Verlauf wurde die Diskussion schärfer. Ein Instagram-Nutzer fragte Scholz, wie er die Beziehungen zu den USA aufrechterhalten wolle. Der Kanzler hob hervor, dass die Freundschaft zwischen beiden Ländern wichtig sei und sagte: „Wenn wir mit Haltung da herangehen, können wir gemeinsam Politik entwickeln, auch wenn es mal rau wird“. Scholz kritisierte jedoch auch die Haltung von US-Vizepräsident J.D. Vance, insbesondere die Einmischung Vances in den deutschen Wahlkampf.

Ein weiteres Thema war die Sicherung des Rentenniveaus. Scholz erklärte, dass dies nur durch eine höhere Erwerbstätigkeit, schnellere Ausbildungsangebote und eine familienfreundlichere Gesellschaft möglich sei. „Die gesetzliche Rente kann finanziert werden, wenn genug Leute arbeiten gehen“, betonte der Kanzler. Ein Zuschauer warf ihm daraufhin vor, nur politische Floskeln zu verwenden, auf was Scholz mit einem Vorschlag für einen Streit antwortete, dem der Zuschauer zustimmte.

AfD-Chefin Alice Weidel stand im Mittelpunkt der Diskussion und wurde hauptsächlich zu Themen wie Migration und ihrem persönlichen Lebensentwurf befragt. Ein Krankenhausmitarbeiter fragte, wie die AfD mit der Tatsache umgehen wolle, dass ohne Menschen aus Syrien, Afghanistan und Brasilien viele Pflegeberufe nicht besetzt werden könnten. Weidel antwortete, dass die AfD zwischen illegaler Migration und qualifizierter Zuwanderung unterscheiden wolle. Sie lobte zunächst die Arbeit des Mannes, versuchte ihn dann aber zu beruhigen, indem sie erklärte, dass die Partei auf eine kontrollierte Zuwanderung setze.

Ein junger Mann stellte Weidel eine sehr persönliche Frage. Als homosexueller Mensch äußerte er Sorgen über die Entwicklung der Gesellschaft und fragte, wie die AfD als Partei mit einem „massiven Glaubwürdigkeitsproblem“ umgehen wolle. Weidel reagierte mit der Antwort, dass die AfD für ein „sicheres Deutschland“ eintrete, in dem sich junge Menschen frei entfalten könnten.

Zudem wurde Weidel auf ihren persönlichen Lebensentwurf angesprochen. Eine Zuschauerin fragte, wie ihr Lebensentwurf in das AfD-Programm passe, das das traditionelle Bild von „Vater, Mutter, Kind“ propagiere. Weidel verteidigte dieses Bild als „Keimzelle der Gesellschaft“, fügte jedoch hinzu, dass auch gleichgeschlechtliche Paare in ihrer Partei gleichgestellt sein sollten. Als die Zuschauerin nachfragte, ob Weidel glaube, dass ihr Parteikollege Björn Höcke diese Haltung teile, antwortete sie: „Ich glaube schon“.

Robert Habeck war der letzte der vier Kandidaten, der befragt wurde. Ein Mitarbeiter von Thyssenkrupp sprach ihn auf das Thema Rente an und äußerte Besorgnis darüber, dass er nach 50 Jahren Arbeit nur 1.100 Euro zum Leben habe. Habeck antwortete, dass er keine höheren Zahlungen versprechen könne: „Das Mehr kann ich Ihnen nicht versprechen. Auch sonst kann das keiner ehrlich tun“.

Habeck äußerte sich auch zum Klimaschutz, der seiner Ansicht nach im Wahlkampf zu kurz gekommen sei. Er kritisierte Friedrich Merz’ Konzept der „Technologieoffenheit“ als „Chimäre“ und erklärte, dass hinter diesem Begriff ein Angriff auf die Klimaziele stecke. „Alles ist technologieoffen“, sagte Habeck und bezeichnete den Begriff als „trojanisches Pferd“, das die Klimaziele untergrabe. Der Wirtschaftsminister betonte, dass Deutschland und Europa in der Klimapolitik standhaft bleiben müssten. Der Rückzug der USA aus der Klimapolitik sei „schlimm“, doch wenn auch Europa sich zurückziehe, „ist es vorbei“, warnte Habeck.

Im weiteren Verlauf des Abends wurde Habeck auch auf seinen Plan angesprochen, Sozialabgaben auf Aktien- oder Zinsgewinne zu erheben. Eine präzise Zahl nannte er nicht, stellte jedoch klar, dass dieser Vorschlag vor allem sehr reiche Menschen betreffen solle. „Die Kosten steigen, wenn wir nichts ändern“, erklärte er.

Abschließend warnte Habeck vor den Gefahren durch China und die USA, insbesondere vor der Zusammenarbeit von Elon Musk und Donald Trump. Er sah diese Allianz als eine Bedrohung für die westlichen Werte und die Demokratie. Man werde sich nicht chinesischen Algorithmen und den „rechtsradikalen Fantasien“ eines Elon Musks unterwerfen, so Habeck.

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