
Die Lage in den meisten Redaktionen und fast allen deutschen Parteien vor den Präsidentschaftswahlen in den USA brachte eine Karikatur perfekt zum Ausdruck. Sie zeigt Donald Trump als einen Feuerball, der auf die Erde zurast. Die Zeichnung trägt den Titel: „Politisches Armageddon.“ Darunter macht man es hier nicht. Dem Republikaner traut man zu, die Welt in Brand zu setzen.
Das ist albern, dumm und sehr bezeichnend. Albern ist es, weil der künftige Präsident zwar Pläne haben mag, die linken Karikaturisten nicht gefallen. Ganz gewiss aber gehört es nicht zu Trumps Absichten, den Erdball zu vernichten. Dumm ist es, weil die Zeichnung dieses aberwitzige Szenario seinem Publikum als eine zumindest theoretische Möglichkeit verkaufen will – und bezeichnend, weil in Deutschland diese Realitätsverkennung weit verbreitet ist. Für diese Art der Ignoranz könnte sich Trumps Wahl tatsächlich als eine brennend schmerzhafte Lektion herausstellen.
Das Spiegel-Cover sagt das Ende der Welt voraus.
Trump ist ein demokratisch gewählter Disruptor. In ihm verkörpert sich der Mehrheitswille des amerikanischen Willens, künftig ganz andere Wege zu beschreiten. Daran anknüpfend, versprach Trump in der Wahlnacht zweierlei. Mit ihm solle eine „goldene Ära Amerikas“ beginnen. Und zu diesem Zweck will er „das Land umkrempeln“.
Es steht in den Sternen, inwieweit der notorisch unbeherrschte Trump diesen Worten wird Taten folgen lassen. Er wurde 2020 aus dem Amt gewählt, weil die Amerikaner von seiner Bilanz nicht überzeugt waren und weil sie sich nach Berechenbarkeit sehnten. Mit dem braven Joe Biden beerbte ihn ein Routinier des politischen Handwerks. Der Demokrat war, solange er noch Herr seiner Sinne war, ein verlässlicher Arbeiter, ein sanfter Reformer, kein Disruptor.
Ganz anders stehen die Dinge bei Trump. Er stellt auf mehreren Feldern eine radikale Kurswende in Aussicht: Die Grenzen sollen für illegale Einwanderer geschlossen werden. Die Energiepreise sollen sinken, auch dank forcierten Frackings. Sicherheit und Sauberkeit in den Städten sollen steigen. Der linke Kulturkampf soll mit einer Niederlage der Linken enden. Zu den umjubeltsten Passagen seiner Wahlkampfreden zählte die Ankündigung, den „Transgender-Wahnsinn“ aus den Schulen zu vertreiben und Männern den Zugang zum Frauensport zu verwehren.
Trump setzte im Wahlkampf auf offene Kommunikation – zum Beispiel als Gast im Joe Rogan Podcast.
Seine Konkurrentin Kamala Harris nannte Trump eine „linksradikale Verrückte“. Der künftige Präsident greift rhetorisch generell lieber zum Dreschflegel als zum Florett. Er kann beleidigend sein und obszön. Massiv geschadet hat ihm die Neigung zur verbalen Pausenhofschlägerei nicht. Sie ist Teil seiner disruptiven Mission.
Trump möchte wahrgenommen werden als jemand, der die Dinge grundlegend ändert. Und dazu gehört eine klare, von keiner politischen Korrektheit gezähmte Sprache. Für ihn sind illegal eingereiste Migranten „illegal aliens“ und nicht Zuwanderer ohne Dokumente. Zu dieser Formulierung riet Harris.
Wie anders ist es doch um das deutsche politische Personal bestellt. Hierzulande dominiert der verbale Eiertanz. Von den USA geht darum am 6. November 2024 auch diese Botschaft aus: Demokratische Wahlen können gewonnen werden, indem man Probleme benennt, statt sie wortreich zu relativieren. Illegale Migration ist eben keine irreguläre Migration, wie Olaf Scholz es seinem Volk weismachen möchte.
Zweitens zeigt Trumps Triumph: Eine Politik, die sich gegen die Realität richtet, kann nicht von Dauer sein. Gerade in Deutschland, wo die Wirklichkeitsverleugner von der Ampel regieren, kann diese Lektion nicht wichtig genug eingeschätzt werden.
Harris‘ Versuch, sich als Anwältin des Mittelstands neu zu erfinden, misslang, weil sie zu viele ideologische Spezialprojekte im Musterköfferchen mit sich führte. Weder in Deutschland noch in den USA will die Mehrheit sich am Forderungskatalog der LGBTQ- oder der Transgender-Lobby ausrichten müssen. Die Mehrheit hat in einer Demokratie das Recht, dass sie ernst genommen wird. Man muss ihr nicht nach dem Mund reden, darf ihr aber nicht über selbigen fahren.
Drittens aber hält der republikanische Sieg eine weitere für deutsche Verhältnisse wahrlich disruptive Lehre bereit: Irgendwann bricht auch der dichteste Schutzwall, den die etablierten Medien um die etablierte Politik errichtet haben. Trump hätte ohne seine zahlreichen Auftritte in Podcasts und auf neuen Plattformen die Rückkehr ins Weiße Haus vermutlich nicht geschafft.
Wer in Deutschland künftig regieren will, wird eine klare Sprache brauchen, einen Pakt mit der Wirklichkeit und neue Kommunikationswege, um das Volk zu erreichen. Mit Trump ist das letzte Stündlein und für die Bevormundungsmedien und für die Ampel näher gerückt. Letztere verkündete 14 Stunden nach Trumps Wahlerfolg ihr Aus.
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