
Wahlkämpfe haben genau ein Ziel: Alle Wähler und solche, die es werden wollen, vom Angebot der eigenen Partei zu überzeugen. Darum sind Wahlkämpfe die Stunde der scharfen programmatischen Kontraste, der notwendigen Polarisierungen und der erwünschten Polemik. Vor der Entscheidung liegt die Unterscheidung, zwingend.
Die Neuwahlen zum Deutschen Bundestag im kommenden Februar folgen einem anderen Drehbuch. Ja, es gibt Unterschiede in der Finanz- und der Sozialpolitik, bei Fragen zur Energiegewinnung und zum Umgang mit Russland und der Ukraine. Das Thema aber, das den Deutschen besonders unter den Nägeln brennt, will eine große Parteienkoalition aus dem Wahlkampf heraushalten: die Migration. Das kann nicht gutgehen, das wird nicht gutgehen.
Die teils ungeordnete, teils illegale Zuwanderung verschärft sämtliche Probleme, derer sich die Parteien doch annehmen wollen. Immer mehr Menschen aus weit entfernten, problematischen Regionen leben in Deutschland. Sie sorgen für einen erhöhten Druck auf die Staatsfinanzen und auf den Wohnungsmarkt und für eine wachsende Unsicherheit im öffentlichen Raum.
Die Bürgergeld-Kasse wird durch die ungedämpfte Migration erheblich belastet.
Die Machete etwa war bis vor kurzem noch kein derart beliebtes Mittel, um Meinungsverschiedenheiten auszutragen. Auch sind „ein Mann“ und „Gruppen“, zwischen denen es spontan zur messerbewehrten „Eskalation“ kommt, Massenphänomene jüngeren Datums. Die meisten Asylmigranten kommen aktuell aus Syrien (4000 Kilometer entfernt) und Afghanistan (5000 Kilometer entfernt), nicht wenige davon sind Islamisten.
Überfall mit einer Machete auf einen Bremer Getränkemarkt.
Und was sagt die SPD, die noch immer den Bundeskanzler stellt, zu alldem? Man habe „gerade bei der Migration, bei schwierigen Themen, durchaus im europäischen Kontext Regelungen verabschiedet“. So formulierte es nun der sozialdemokratische Generalsekretär Matthias Miersch im Deutschlandfunk.
Matthias Miersch auf einem der Kampagnen-Plakate für den SPD Bundestagswahlkampf.
Eine Sekunde später aber lobte er schon als „das Entscheidende, dass wir auch hier, zum Beispiel in der Ampel, durchaus Anreize gegeben haben für Fachkräfteeinwanderung“. Die Regierung habe die „populistischen Rufe nach Zurückdrängung von Fachkräften aus dem Ausland beispielsweise, die von anderer Seite kommen“, mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz gekontert.
Das ist doppelter Unsinn. Den Zuzug echter Fachkräfte zu stoppen, fordert niemand, der bei Trost ist. Und die von der Ampel weiter erleichterte Migration ist keineswegs „das Entscheidende“, wenn es um die Schattenseiten illegaler Zuwanderung geht. Die Sozialdemokraten wollen über Migration lieber nicht reden, weil sie am Massenzuzug nichts ändern wollen.
Miersch versteckt sich hinter der Ausrede vom „europäischen Kontext“, in den jede nationale Auslösung eingebettet werden müsse, da gebe es keine „Patentlösung“. Doch, genau diese Patentlösung gibt es, wie der Blick etwa auf die skandinavischen Länder zeigt: Wer die sozialen Anreize minimiert und die Ausweisungen forciert, gewinnt Sicherheit und Souveränität zurück. Dem sozialen Zusammenhalt, den Miersch beschwört, nutzt ein Zuzugsmoratorium mehr als das fortgesetzte Durchwinken an der Grenze.
Der grüne Spitzenkandidat Robert Habeck will ebenfalls nicht über Migration reden – und er wurde auch während seines einstündigen Auftritts bei „Caren Miosga“ nicht danach gefragt. Die Ausweisung schwerer Straftäter ist alles, wozu sich der Klimaschutzminister bekennen mag. Seine Partei lässt ihm da keine Beinfreiheit. Also schweigt Habeck und liefert auf migrationspolitischem Feld nicht, was er doch angeblich in seinem Angebot für die „Menschen in Deutschland“ haben will: Orientierung.
Von Caren Miosga gab es nur schmachtende Blicke statt kritische Fragen für Robert Habeck.
Wer nun hofft, wenigstens Oppositionsführer Friedrich Merz sei von der Lust auf Realismus getrieben, sieht sich enttäuscht. Schon im September erklärte derselbe Merz, der im Bundestag regelmäßig eine strikte migrationspolitische Kurswende ankündigt: „Das Thema Migration bleibt ein großes Thema. Ich will allerdings auch noch einmal betonen: Es wäre mein Wunsch, dass es nicht das Hauptthema im Bundestagswahlkampf 2025 wird.“
Wer so redet, will siegen, ohne zu kämpfen. Merz räumt das Feld, bevor die Schlacht begonnen hat. In diesem Sinn sprach er jetzt auch in einem Video, das den christdemokratischen Kanzlerkandidaten beim verbalen Eiertanz und auf den Spuren der grünen Familienministerin Lisa Paus zeigte. Merz beklagt die wachsende Gewalt gegen Frauen, ohne das Offensichtliche auszusprechen. Er fordert „mehr Schutzräume, eine klare Finanzierung von Frauenhäusern“, den „Einsatz moderner Mittel wie der elektronischen Fußfessel“, „härtere Strafe, verpflichtende Anti-Aggressionstrainings und konsequente Prävention“.
Friedrich Merz scheut klare Worte zum Thema Migration, das für viele Bürger das entscheidende ist.
Täter sind bei Merz schlicht „Männer“. Statistiken aber lassen keinen Zweifel zu: Weit überproportional sind zugewanderte Männer an Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen beteiligt. Auch das jüngst erstmals vorgestellte Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“ belegt: 34 Prozent der Tatverdächtigen bei Sexualstraftaten haben keinen deutschen Pass, während der Anteil der Ausländer in Deutschland insgesamt 15 Prozent beträgt. In der Deliktgruppe „Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexueller Übergriff“ machen die ausländischen Tatverdächtigen über 37 Prozent aus.
Für CDU, CSU, SPD und Grüne sind die destruktiven Nebenfolgen der Migration, wie es parteitaktisch heißt, kein „Gewinnerthema“. Die beiden linken Parteien begreifen sich als Anwälte der Zugewanderten – und die Union weiß, dass sie mit den Sozialdemokraten oder den Grünen einen Koalitionsvertrag wird schmieden müssen, damit sich der Lebenstraum des Friedrich Merz vom Bundeskanzler erfüllt. Ergo hält man Law-and-order-Sonntagsreden, aber sonst die Füße still.
CDU und CSU sind vom Irrglauben beseelt, ein Aussprechen der Realität könnte der verhassten AfD Auftrieb verleihen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer die Wirklichkeit leugnet, empfiehlt sich nicht als deren gestaltende Kraft. Die Migration ist die Schickalsfrage der Deutschen.