Warum der Staat weiterhin die Staatsleistungen von 1803 an die Kirche zahlt

vor etwa 17 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die großen Kirchen in Deutschland finanzieren sich nicht nur durch Spenden und Mitgliederbeiträge, das heißt Kirchensteuern. Seit 1803 haben die evangelische und die katholische Kirche aufgrund von weitreichenden Enteignungen einen Anspruch auf jährliche entschädigende Staatsleistungen. Damit sollen die Einnahmeverluste der Kirchen kompensiert werden, die ihnen durch diese staatliche Säkularisation von Kircheneigentum entstanden sind.

Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung erkennt diese Rechtstitel ausdrücklich an, drängt aber auf ihre Ablösung durch eine einmalige Auszahlung. Das Grundgesetz Artikel 140 übernimmt eins zu eins diese Bestimmungen aus der Weimarer Reichsverfassung.

Betrug diese Staatsleistung 1949 umgerechnet 23,3 Millionen Euro, so beliefen sich die Geldzahlungen 2021 inflationsbedingt bereits auf 581 Millionen Euro. Für eine einmalige Ablösung dieser Rechtstitel stand 2021 die Summe von 17 bis 18 Milliarden Euro im Raum.

Angesichts dieser Zahlen bot sich für den Staat die Chance, relativ kostengünstig aus den Staatsleistungen herauszukommen. Eine 30-jährige Bundesanleihe wurde im Dezember 2021 negativ verzinst. Rechnen wir der Einfachheit halber mit einer 0,0-Prozent-Verzinsung, dann ergibt sich, dass eine 30-jährige Anleihe über 17,5 Milliarden Euro mit den konstant bleibenden Staatsleistungen des Jahres 2021 über 581 Millionen Euro hätte ausgelöst werden können (30 x 581 Millionen = 17,43 Milliarden Euro).

Das hätte für den deutschen Staat ab sofort einen dreifachen Vorteil gehabt:

Erstens: Die alljährlichen Inflationssteigerungen wären weggefallen; 2025 müssen bereits 657 Millionen Euro Staatsleistungen an die Kirche bezahlt werden.

Zweitens: Bis zum Ende der Kreditzahlungen im Jahr 2051 wären dann endlich die Säkularisationskosten aus dem Jahr 1803 auf Null gesunken.

Drittens: Der Staat hätte seine grundgesetzliche Pflicht erfüllt, die Staatsleistungen an die Kirchen auszulösen.

Wie kommt es, dass ein Staat sich diese einmalige Gelegenheit hat entgehen lassen, obwohl doch im Finanzministerium einige hochkarätige Beamte besser rechnen können als ein Theologe und Autor bei Tichys Einblick? Warum wird der Auftrag des Grundgesetzes einfach übergangen?

Die Antwort gab 2024 der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, als er zum 100-jährigen Bestehen des Bayern-Konkordats betonte, dass die Kirchenzahlungen aus dem Staatshaushalt „gut angelegtes Geld“ seien. Auch der Münchener Erzbischof Reinhard Marx sprach von einem „Erfolgsrezept“. Diese gleiche Sichtweise überrascht nicht. Da der bayerische Staat bei der Ernennung aller bayerischen Bischöfe gemäß dem Bayern-Konkordat ein Vetorecht hat, sind im Normalfall allzugroße Differenzen zwischen dem Staat und den Bischöfen unwahrscheinlich.

Wenn aber die Staatsleistungen für die Kirchen „gut angelegtes Geld“ sind, dann erübrigt sich jede weitere Diskussion darüber, wie man kostengünstig aus den Staatsleistungen herauskommt.

Dem Staat steht mit den Kirchen ein kooperativer Freund und Helfer mit göttlichem Glanz an der Seite, der in allen großen politischen Fragen brav und ohne nennenswerten Widerspruch die Hauptlinien der Politik mitträgt: EU-Zentralismus, grenzenlose Flüchtlings-Willkommenskultur, Klima-Hysterie, Islam-Beschönigung, Corona-Pandemie, Energiewende, Ukraine-Krieg, Gender-Ideologie, Kampf gegen Rechts. So eine willige Magd mit Heiligenschein lässt sich ein Landesfürst gerne ein paar Steuer-Milliarden kosten.

Von dieser „Erfolgsgeschichte“ hätte auch Jesus von Nazareth lernen können, wenn er sich staatskonformer verhalten hätte. Hätte sich Jesus kooperativer auf das jüdische Synhedrium und den römischen Statthalter Pilatus eingelassen, dann wäre er nicht mit gut 30 Jahren am Kreuz gelandet. Dann wäre er wahrscheinlich alt, lebenssatt und wohlsituiert mit dem Bundesverdienstkreuz um den Hals in seiner Finca am Mittelmeer in Frieden eingeschlafen. Tja, es ist halt nicht jeder so erfolgreich im irdischen Leben wie Söder und sein Ortsbischof Marx.

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