Warum Deutschland die Kettensäge braucht und keine neuen Schulden

vor etwa 2 Monaten

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Deutschland hat gewählt und steht vor einer Richtungsentscheidung. Werden die immensen strukturellen Probleme angegangen, oder werden sie weiter ignoriert? Letzteres würde den wirtschaftlichen, sozialen und moralischen Absturz Deutschlands beschleunigen.

Das grundlegende Problem Deutschlands ist der Etatismus. Der deutsche Staat hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm aufgebläht und die individuelle Freiheit seiner Bürger immer weiter beschränkt. Der Vorsorgestaat ist überborden, die Staatsausgaben auf Rekordniveau, der Staatsapparat selbst ist überproportional mitgewachsen, die Steuerlast ist entsprechend erdrückend und die unternehmerische Freiheit wurde durch Regulierungen und Eingriffe beschnitten.

Was Deutschland bräuchte, wird im politischen Diskurs kaum angesprochen. Vielmehr geht es in die falsche Richtung. Noch mehr Staatsausgaben sollen her, schuldenfinanziert. Union und SPD haben 900 Milliarden Euro neue Schulden vorgeschlagen. Vielleicht noch mehr. „Whatever it takes“, sagt Friedrich Merz.

Union und SPD wollen neue Schulden aufnehmen.

Staatsausgaben sind ein Nullsummenspiel. Jede Staatsausgabe bedeutet, dass der Zivilgesellschaft weniger Ressourcen zur Verfügung stehen und dafür die Kontrolle vom Staat ausgeübt wird. Unternehmer haben weniger Produktionsfaktoren zur Verfügung, um im Wettbewerb die wichtigsten Bedürfnisse der Konsumenten zu entdecken und mit besseren Produkten zu niedrigeren Preisen zu befriedigen; in einem dynamischen Prozess, in dem sie für eine effiziente Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Mitmenschen mit Gewinnen belohnt und bei einer Ressourcenverschwendung mit Verlusten gestraft werden.

Dank der Staatsausgaben erlangen Politik und Bürokratie Kontrolle über die Produktionsfaktoren und setzen sie nach ihrem Gutdünken ein, um beispielsweise Munition oder panzertaugliche Brücken bereitzustellen. Was sie dabei nicht wissen können, ist, ob durch die staatliche Ressourcenverwendung nicht dringlichere und wichtigere Bedürfnisse der Bürger unbefriedigt bleiben müssen.

Statt mehr Staatsausgaben muss der Staat in Deutschland zurückgedrängt werden, und zwar brachial mit der Kettensäge.

Der argentinische Präsident Javier Milei hat die Staatsausgaben seines Landes innerhalb eines Jahres real um 30 Prozent gekürzt und damit die Verfügungsgewalt über diese Ressourcen den Bürgern zurückgegeben. Die wirtschaftliche Aktivität ist in der Folge um etwa 5 Prozent gestiegen. Für 2025 prognostiziert der Internationale Währungsfonds ebenfalls ein Wachstum von 5 Prozent.

Die Armutsquote ist von 56 Prozent im Januar 2024 auf 33,5 Prozent im Januar 2025 zurückgegangen. 10 Millionen Argentinier sind in der Ära Milei der Armut entkommen.

Die Bürokratie in Deutschland ist außer Kontrolle.

Die Kettensäge ist auch an den deutschen Staat zu legen. Konkret sollten die folgenden fünf Punkte angegangen werden:

1. Die Staatsausgaben sollten nach dem Vorbild Argentiniens innerhalb eines Jahres um 30 Prozent gekürzt werden, und danach jedes Jahr mindestens um weitere 10 Prozent.

Dabei sollte an allen Stellen gespart werden. Zunächst sollte der Staatsapparat selbst radikal verkleinert werden. Die Zahl der Politiker und Staatsbediensteten und ihre Gehälter sind drastisch zu kürzen. Ministerien und Behörden sind zu schließen. Die staatlichen Unternehmen gehören privatisiert. Javier Milei macht es vor. Er hat die Anzahl der Ministerien von 22 auf 9 gesenkt und 200 staatliche Behörden geschlossen. Die Zahl der Staatsbediensteten wurde um 41.000 gesenkt. Es ist die Politikerklasse, welche die Kosten der notwendigen Anpassung tragen sollte. Zudem sollte der Wohlfahrtsstaat Federn lassen. Ferner sollten alle Subventionen, sei es für ineffiziente Energien und Unternehmen, Armut im Ausland und Inland, NGOs, Migration oder Kriege restlos gestrichen werden.

2. Als Folge des ersten Punktes wird das Staatsdefizit beseitigt.

Bei einer 30-prozentigen Verringerung der Staatsausgaben, sind keine neuen Schulden mehr erforderlich. Generell sollte eine Neuverschuldung gänzlich untersagt werden.

3. Die Steuerlast ist zu senken, was durch die Staatsausgabenkürzung möglich wird.

Die wirtschaftlich schädlichsten Steuern sind die Steuern auf Kapitalerträge und Gewinne. Sie sollten als erstes abgeschafft werden. Denn Gewinne zeigen an, wo die Unternehmer im Sinne der Konsumenten investieren sollten, und sind ein essenzielles Signal und Anreizimpuls in einer Marktwirtschaft. Kapitalertragssteuern mindern den Anreiz zu sparen und zu investieren und verringern damit die Kapitalakkumulation, die zu höherer Produktivität und höheren Löhnen führt.

4. Wie in Argentinien oder in den USA mit DOGE sollte ein Deregulierungsministerium eingesetzt werden, das mit der Kettensäge staatliche Regulierungen und Vorschriften beseitigt.

Bis jetzt wurden in Argentinien 900 Regulierungen entfernt. Hierbei ist zu beachten, dass in Deutschland die Deregulierungsagenda dadurch erschwert wird, dass einige Regulierungen von der EU-Ebene kommen, was eine Neujustierung der nationalen Souveränität nötig macht. In Argentinien werden zur Deregulierung innovative Methoden benutzt. So gibt es ein Online-Portal, auf dem argentinische Bürger Regulierungen benennen können, die sie in ihrem täglichen Leben behindern, und diese zur Abschaffung vorschlagen. Außerdem wurden den staatlichen Behörden ein Monat Zeit gegeben, um anzugeben, welche Regulierungen sie eigentlich anwenden. Was nicht genutzt wird, wird dann direkt abgeschafft.

Javier Milei gelang es, die Staatsausgaben zurechtzustutzen.

5. Ein wichtiger Punkt, der kaum angesprochen wird, ist eine Reform des Geldsystems.

Für das Funktionieren einer Marktwirtschaft ist ein gutes Geldsystem unerlässlich. Das heutige Fiat-Geldsystem erlaubt Staatsfinanzierung, Umverteilung und führt zu Fehlinvestitionen und Krisen. Im Euroraum kommt es auch zu einer Umverteilung zwischen Ländern und Anreizen durch Staatsdefizite auf Kosten der Nachbarn zu leben. Deutschland braucht ein Geldsystem, indem es nicht mehr möglich ist, dass Banken Buchgeld aus dem Nichts schaffen und mit künstlich niedrigen Zinsen Fehlinvestitionen provozieren und in dem die Zentralbank praktisch kostenlos neues Geld herstellt. Ein mit der Verteidigung traditioneller Eigentumsrechte konformes Geldsystem wäre beispielsweise ein voll gedeckter Goldstandard. Dazu ist mit den anderen Euromitgliedern zu verhandeln, denn es wäre vorzuziehen, wenn die Euroländer gemeinsam zu so einem stabilen System guten Geldes wechselten.

Leider wird über die obigen Punkte wenig gesprochen. Der Grund ist klar. Diese Reformen sind nicht im Interesse der Kräfte, die vom aktuellen Zustand profitieren, wie die Politik und das Finanzsystem. Sie müssen aber in den Blickpunkt gerückt werden, um einer breiten Bevölkerung die Möglichkeit eines alternativen Weges vor Augen zu führen. Denn andernfalls ist der weitere Abstieg Deutschland vorgezeichnet.

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Prof. Dr. Philipp Bagus ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid. Im September 2024 veröffentlichte er das Buch „Die Ära Milei: Argentiniens neuer Weg“.

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