Warum Merz’ 5-Punkte-Plan zur Migration nicht kommt – und vier weitere bittere Wahrheiten über die Union

vor etwa 1 Monat

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So ganz angekommen in der politischen Realität sind Friedrich Merz (CDU) und die Union noch nicht. Während viele Abgeordnete auf ihren Webseiten und Social-Media-Accounts noch die Sondierungsergebnisse nebst Mega-Schulden im Grundgesetz rechtfertigen, ihre Bedenken als mildernde Umstände ins Feld führen und darauf bestehen, dass die Klimaneutralität 2045 kein Staatsziel sei, sondern nur so in der Verfassung stehe, währenddessen also macht sich bei den Unterhändlern der Union in den Koalitionsverhandlungen mehr und mehr Frust breit.

Der Grund: Anstatt jetzt in den Gesprächen einige vorzeigbare Union-pur-Punkte für die eigenen Leute zu sammeln, die mit den gebrochenen Wahlversprechen und den Liebesgrüßen an die Grünen versöhnen, beißen CDU/CSU immer wieder bei den SPD-Genossen auf Granit. Bestes Beispiel: Anstatt auf die Union zuzugehen, haben die SPD-Frauen jetzt die Straffreistellung von Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zur Bedingung für die Zustimmung zu einem möglichen Koalitionsvertrag gemacht und damit eine alte linke Rechnung wieder scharfgestellt, die ins Herz des christlichen Menschenbildes der Union trifft.

Auch der Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz zur Begrenzung der illegalen Migration, den er als Entschließungsantrag mit den Stimmen der AfD im Bundestag abstimmen ließ, wird nicht kommen.

Fünf Wahrheiten über den Fünf-Punkte-Plan und die Koalitionsverhandlungen der Union:

Erstens: Der Fünf-Punkte-Plan (Dauerhafte Grenzkontrollen, konsequente Zurückweisung aller Versuche illegaler Einreise, faktisches Einreiseverbot für Personen ohne gültige Einreisedokumente, sofortige Inhaftierung von ausreisepflichtigen Personen, Verschärfung des Aufenthaltsrechts für Straftäter und Gefährder) ist keine zwei Monate nach seiner Formulierung Makulatur. Allein die Tatsache, dass die Union sich in den Sondierungen die Formulierung „irreguläre Einreise“ hat aufschwatzen lassen, spricht Bände. Eine Einreise ist entweder rechtmäßig (legal) oder nicht. Nur darauf kommt es an. Jemand, der ungefragt und zum Beispiel ohne Papiere ein fremdes Land betritt, reist illegal ein. Punkt. Ob er sich dabei an welche Regeln auch immer hält, ist unerheblich. Die Gesetzeslage ist entscheidend. „Irregulär“ ist eine Verharmlosung.

Die Arbeitsgruppe Innen und Recht der SPD lehnt zudem die von Merz geforderte Zurückweisung ohne Zustimmung der Nachbarländer rundweg ab. Das hatte SPD-Chef Klingbeil allerdings auch schon vorher angekündigt und zur „roten Linie“ erklärt. Überhaupt kann die SPD bei Verlust ihrer Selbstachtung die fünf Punkte auch gar nicht übernehmen, weil sie im Bundestag dagegen gestimmt hat. Sie hat auch keine Veranlassung dazu, weil die Union keine Alternative zum Regieren hat. Den Fünf-Punkte-Plan werden die geknickten Unionsleute ihren frustrierten Anhängern also ganz gewiss nicht als Jagdtrophäe vorzeigen können.

Zweitens: Am ersten Tag seiner Kanzlerschaft wird Merz mit seiner Richtlinienkompetenz gar nichts anweisen.

Drittens: Die versprochene Rückabwicklung der „Turbo-Einbürgerung“ nach drei bzw. fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland, wurde von der SPD schon in den Sondierungen abgeräumt. Ein extrem wichtiger Punkt, wenn man den migrationspolitischen Irrweg Deutschlands nicht irreparabel zementieren will. Erledigt.

Lars Klingbeil, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, und Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, unterhalten sich am Ende einer Plenarsitzung.

Viertens: In allen Arbeitsgruppen berichten die Verhandlungsführer der Union hinter vorgehaltener Hand über harten Gegenwind der SPD-Seite, die sich ihrer „alternativlosen“ Verhandlungsposition sehr wohl bewusst ist. Wenn Merz ins Kanzleramt will, muss er den Genossen aus der Hand fressen. Auf Großzügigkeit oder Gnade kann er nicht rechnen. Weil das probate Mittel bei festgefahrenen Verhandlungen die Vertagung ist, wird schon jetzt davon ausgegangen, dass die Gespräche bis Ostern, anders als geplant, nicht abgeschlossen sein werden.

Irritiert zeigten sich Unionsleute auch darüber, dass Merz in den Sondierungen nicht etwa mit Maximalforderungen in die Gespräche ging, wie Teilnehmer berichten, sondern bereits mit einer Kompromisslinie einstieg, von der dann naturgemäß Abstriche gemacht werden mussten. Geradezu genüsslich zerpflückte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge Merz’ Verhandlungsführung jetzt im Spiegel-Gespräch: „Wer Kanzler der Bundesrepublik Deutschland sein möchte, der muss eine andere Verhandlungstaktik an den Tag legen. Sonst wird das auch mit anderen Verhandlungen auf internationaler Ebene nichts.“

Eine größere Erniedrigung ist für einen Top-Politiker kaum vorstellbar. „Ich habe auch nicht verstanden, wie er sich in so ein Schlamassel bringen konnte“, sagte Dröge mit Blick auf die Zugeständnisse gegenüber den Grünen weiter. „Erst alles zu Ende zu verhandeln und dann zu hoffen, dass eine andere Partei, die nicht Teil seiner Regierung ist, dem einfach so zustimmen würde. Er hat sich ja selbst auch in eine sehr ungünstige Verhandlungsposition gebracht.“

Fünftens: Dass die Union das Heizungsgesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun doch nicht zurücknimmt, war zwar vorher absehbar, stand aber anders im „Sofortprogramm“ der Union („abschaffen“) und wird weiteres Vertrauen bei Wählern und Unionsbasis kosten.

Weitgehend umsetzen dürfte die Union dagegen alle Punkte, die mit geborgtem Geld zu erledigen sind, wie etwa das Runtersubventionieren des Strompreises. Das ist ordnungspolitisch zwar töricht und wurde auch von Habeck schon vorgeschlagen, wird als Notlösung für den Wirtschaftsstandort Deutschland aber wohl durchgehen. Mit anderen Worten: Das konsumtive Verpulvern von Milliarden ist mit der Partei Ludwig Erhards noch am ehesten wahrscheinlich.

Ob mit diesem Kurs die AfD tatsächlich klein und auf Abstand zu halten ist, darf schließlich ebenfalls bezweifelt werden. Viel Zeit, um ein Merz-Wirtschaftswunder zu zünden, hat die Union allerdings nicht. Schon 2026 stehen fünf Landtagswahlen an, von denen zum Beispiel Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern gute Chancen haben, an die AfD zu gehen, während in Berlin im September 2026 eine Mehrheit der Linken nicht ausgeschlossen ist. Den Start macht am 8. März 2026 Baden-Württemberg, wo die Union den Grünen die Staatskanzlei wieder abnehmen will. Wird die AfD bis dahin zu stark, könnte neuer Frust lauern. Ungemütliche Zeiten also auch im Ländle, wo Friedrich Merz bislang seine treuesten Unterstützer hatte.

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