
Ich glaube, die „Unsere-Demokratie-Politiker“ haben noch immer nicht verstanden, was J. D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt und gemeint hat. Er habe den Europäern „mangelndes Demokratieverständnis vorgeworfen“ – und das „mit fragwürdigen Beispielen“ belegt, monierte die Tagesschau. Was wagen Vance! Das ZDF reagierte gelassener und zitierte Vance: „Wir müssen nicht mit allem und jedem einverstanden sein, was die Leute sagen. Aber wenn Menschen eine wichtige Wählerschaft repräsentieren, wenn politische Führer eine wichtige Wählerschaft repräsentieren, ist es unsere Pflicht, zumindest am Dialog mit ihnen teilzunehmen.“ Und dann folgte etwas, das man getrost als Drohung hat verstehen dürfen: „Wenn ihr Angst vor euren eigenen Wählern habt, dann gibt es nichts, was Amerika für euch tun kann.“
Das wiederholte Vance Ende Februar auf einer Veranstaltung der konservativen CPAC in DC. Erneut kritisierte er Einschränkungen der Meinungsfreiheit in Deutschland und stellte einen direkten Zusammenhang zur US-Verteidigungshilfe her. „Die gesamte deutsche Verteidigung wird vom amerikanischen Steuerzahler subventioniert.“ Er warnte: „Glauben Sie, dass der amerikanische Steuerzahler es hinnehmen wird, wenn jemand in Deutschland ins Gefängnis kommt, nur weil er einen gemeinen Tweet gepostet hat?“
Das trifft so ziemlich die Sachlage, die in der Blase der „Unsere-Demokratie“-Politiker offenbar nicht zur Kenntnis genommen wird. Die USA und Deutschland sind nicht mehr auf der gleichen Wellenlänge.
Vance trifft die wunden Punkte: Die größte Oppositionspartei wird in Deutschland systematisch diffamiert und in die Ecke gedrängt. Der Chefredakteur des „Deutschlandkurier“, David Bendels, wird zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, weil er ein klar als satirisch erkennbares Meme geteilt hat, auf dem Innenministerin Nancy Faeser ein Schild hält, auf dem „Ich hasse Meinungsfreiheit“ steht. Die Strafe ist auf Bewährung gesetzt, sofern Bendels sich bei Faeser schriftlich entschuldigt. Eine strafrechtliche Innovation. Man nennt soetwas „lawfare“, also einen juristischen Feldzug.
J. D. Vance ist offenbar gut informiert über das, was in Deutschland so abgeht. Und es soll ja mit der neuen Regierung noch schlimmer werden: „Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen ist durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt.“ So steht es im Koalitionsvertrag. Und wer legt fest, was eine Tatsachenbehauptung ist und was „nur“ eine Meinungsäußerung? Wer stellt fest, was eine Lüge ist und wer kennt die Wahrheit? Da hält unsereins die Luft an: Eine solche Formulierung verstößt gegen das Grundgesetz.
Aber egal: Deutsche Politiker sind halt trotzig. Lass ihn doch schwafeln, den Ami! Soll er doch! Jetzt erst recht!
Was also passiert, wenn sich die USA nicht mehr für Deutschlands Sicherheit verantwortlich fühlt und der Russe demnächst am Brandenburger Tor steht? Glaubt auch nur irgend jemand, dass sich Deutschland dank Wumms und Doppelwumms und Sondervermögen sonder Zahl bald selbst verteidigen kann? Was passiert, wenn die Amerikaner ihre Soldaten abziehen, es sind ja immerhin um die 37 000, und sie und ihre Standorte sind ein Wirtschaftsfaktor? US-Verteidigungsminister Pete Hegseth will die amerikanische Präsenz auf den Prüfstand stellen. Aha. Unsere womöglich künftige Regierung scheint sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Diesen Figuren ist das Niederhalten innerer Opposition weit wichtiger: Man muss das Volk mit aller Kraft am Widerstand hindern. Sonderlich weitsichtig ist das nicht.
Was tun? Ich fände es ja schön, wenn man sich an den Ratschlag von J. D. Vance hielte: die Meinungsfreiheit hochhalten! Und die Angst vor den Wählern überwinden. Ob das nützt? Den Figuren, die die nächste Regierung stellen wollen, gewiss nicht, die haben längst die Hosen voll.
Was also passiert, wenn der amerikanische Freund keiner mehr ist? Nun, die amerikanische Präsenz in Deutschland verdankt sich nicht der Liebe zu unserem Land und hat auch nichts mit Freundschaft zu tun. Die USA lassen sich von Interessen leiten, nicht von Gefühlen. Und bislang war Deutschland das Bollwerk gegen Russland. Die USA von Trump aber ist weit mehr am Gegner China interessiert.
Kann gut sein, dass es der amerikanischen Politik mittlerweile egal ist, ob Deutschland sich zu einer mehr oder weniger kommoden Diktatur zurückentwickelt. Einer immer größer werdenden Zahl von Deutschen aber ist das alles andere als egal. Tun wir was dagegen. Das geht schneller und ist billiger als der Versuch, eine schlagfertige Truppe aus dem Ärmel zu schütteln. Der Russe hat anderes zu tun als sich ein derart marodes Land wie das unsere unter den Nagel zu reißen.