
Er hat einfach genug: Im bayerischen Landkreis Passau eskaliert der Streit zwischen einem Bürgermeister und dem Landratsamt. Auslöser: Bad Griesbachs Bürgermeister Jürgen Fundke (Überparteiliche Wählergemeinschaft) weigert sich, knapp 35 ukrainische Flüchtlinge in seiner Kleinstadt zu registrieren, Termine beim Einwohnermeldeamt wurden storniert!
Eine offizielle Aufforderung ignorierte Fundke bereits. Zum Bayerischen Rundfunk sagte er dazu: „Das lese ich auf Weihnachten.“ Auch vor einer Dienstaufsichtsbeschwerde hat er keine Angst: „Die les’ ich gar nicht.“ Und weiter: „Ich bin auch nicht dumm. Was wollen sie denn machen? Wollen sie mich suspendieren? Können und dürfen sie nicht.“
In sozialen Medien wird der Politiker, der in dem bezaubernden Kurort seit 2008 im Amt ist, schon als Held gefeiert. Dabei ist es nicht so, dass Fundke nichts für Flüchtlinge tun mag. Ihm geht es eher um eine gerechtere Verteilung im Landkreis: In Bad Griesbach (knapp 9750 Einwohner) leben demnach schon rund 2300 Menschen unterschiedlichster Nationalitäten.
Bad Griesbach im niederbayerischen Landkreis Passau
Fundke: „Wenn jede der 38 Kommunen im Landkreis zehn bis 15 Ukrainer beherbergt, gibt es kein Problem. Für Bad Griesbach ist das Ende der Fahnenstange erreicht.“ Die „Belastung“ sei zu groß, Kindergärten und Schulen würden „auseinanderplatzen.“
Fakt ist: In Bad Griesbach lebten schon seit Längerem rund 90 Ukrainer, seit September zogen etwa 140 weitere in ein leerstehendes Hotel am Ortsrand. Bevölkerungsanteil laut Landratsamt: 2,66 Prozent. Im gesamten Landkreis liegt der Ukrainer-Anteil bei 1,27 Prozent. Prozentual hat Bad Griesbach jedoch nicht die meisten Flüchtlinge aufgenommen – da liegen Kirchham (12,9 Prozent) und Bad Füssing (4,73 Prozent) vorne.
Das Landratsamt hält das Verhalten des Bürgermeisters für rechtswidrig. Die Stadt Bad Griesbach ist nach dem Bundesmeldegesetz nämlich dazu verpflichtet, die Menschen zu registrieren. Sollten weitere Gespräche scheitern, müsse das Landratsamt als Fachaufsichtsbehörde Jürgen Fundke zur Erfüllung seiner gesetzlich übertragenen Aufgaben anweisen – oder sich im Zweifel selbst um das Anmelden der Ukrainer kümmern.
Landrat Raimund Kneidinger (CSU) ist besorgt, dass die Auseinandersetzung „auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen“ werde. Für die betroffenen Ukrainer ist die Situation tatsächlich ungünstig: ohne Wohnsitz keine Deutschklasse und kein Geld vom Jobcenter.
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