Wegen Merz’ Waffen-Embargo: Renk will Panzergetriebe für Israel notfalls in Amerika produzieren

vor etwa 4 Stunden

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Im Streit um ein Lieferverbot bestimmter Rüstungsgüter nach Israel erwägt das Augsburger Unternehmen Renk einen „Plan B“. Man könne die Produktion etwa von Getrieben für israelische Panzer in die USA auslagern, um das Teil-Embargo zu umgehen.

Die Renk Group mit mittlerweile über 4.100 Mitarbeitern an 21 Standorten weltweit konnte 2024 seinen Umsatz um mehr als ein Fünftel auf 620 Millionen Euro steigern. Dank des Rüstungs-Booms sind die Auftragsbücher voll, die Firma hat laut CEO Alexander Sagel Aufträge für 5,9 Milliarden Euro. Auch aus dem Sondervermögen sei schon etwas angekommen. Es waren Aufträge für Leopard, Puma und die Panzerhaubitzen: „Die Getriebe, Motoren und Fahrwerkskomponenten aus unserem Hause befinden sich weltweit in über 40 Ländern und 180.000 militärischer Fahrzeuge im Einsatz – darunter in fast allen NATO-Staaten.“

Bei Renk werden unter anderem die Getriebe für die an die Ukraine gelieferten Leopard-2-Panzer herstellt. Auch Israel wird von Renk beliefert – mit Getrieben für den Kampfpanzer Merkava. Das bedeutet für das Unternehmen: Sollte ein deutsches Embargo für Waffenexporte in dieses Land in Kraft treten, wird die Herstellung der Produkte, die er nach Israel verkauft, verlagert. Das sagte Alexander Sagel während einer Telefonkonferenz nach der Veröffentlichung der Geschäftszahlen, wie die Financial Times berichtet.

Israel mache zwischen 2 Prozent und 3 Prozent des Geschäftsportfolios von Renk aus, sagte der CEO. „Wenn wir sie (Hunderte von Getrieben) nicht in Deutschland produzieren können, werden wir diese Mengen in ein anderes Werk verlagern, zum Beispiel in die USA. Das könnte vielleicht 8 bis 10 Monate dauern, aber wenn es keine Fortschritte gibt, werden wir es tun, weil wir dieses Geschäft haben.“ Das operative Ergebnis von Renk im zweiten Halbjahr wohl um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag zurückgehen, prophezeite Sagel. Das Unternehmen versuche derzeit, die genauen Konsequenzen der politischen Entscheidung zu verstehen. Man wolle sich zwar an deutsche Regeln und Gesetze halten, aber Renk würde dennoch Alternativen zur Erfüllung seiner Verträge überprüfen.

Bemerkenswert: Sagel führte nicht nur geschäftliche Gründe für die Entscheidung an, Israel weiter mit Rüstungsgütern zu versorgen. Das Unternehmen habe aus deutscher Sicht „die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Israel seine Abschreckungsfähigkeit aufrechterhalten kann“, wird Sagel von der Financial Times zitiert. „Diese ist nicht nur in Gaza, sondern auch an anderen Grenzen erforderlich.“

CEO Sagel (links) empfängt Bayerns stellvertretendem Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger bei Renk.

Die Bundesregierung hatte am 9. August erklärt „Das in der vergangenen Nacht vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossene, noch härtere militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen lässt aus Sicht der Bundesregierung immer weniger erkennen, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Unter diesen Umständen genehmigt die Bundesregierung bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können.“

Israelische Panzer werden bzw. wurden jedoch nicht nur im Krieg gegen die Hamas eingesetzt, sondern etwa auch im Libanon gegen die Hisbollah, weshalb die Entscheidung der Regierung in der Praxis schwierig umzusetzen sein dürfte. Ohnehin bezieht Israel 69 Prozent seiner Rüstungsgüter aus den USA, Deutschland liefert 30 Prozent.

„Rein von den Zahlen her waren die Rüstungsexportgenehmigungen nach Israel zuletzt überschaubar“, schrieb die Süddeutsche Zeitung eben. „Vom 7. Oktober 2023, dem Tag des Überfalls der Hamas auf Israel mit mehr als 1200 Toten, bis Mitte Mai 2025 gab es Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 485,1 Millionen Euro“, wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken mitgeteilt habe. „Dazu gehörten einige Tausend Panzerabwehrwaffen, 500 000 Schuss Munition für Maschinengewehre oder Maschinenpistolen, Ersatzteile für Militärfahrzeuge und Kettenteile.“

Die Dynamit Nobel Defence GmbH ist inzwischen im Besitz des israelischen Rüstungskonzerns Rafael Advanced Defense Systems und stellt vor allem Panzerabwehrraketen und montierbare Schutzelemente für Panzer her. Rheinmetall (lieferte wie Renk Getriebe und Motoren für den Merkava) hat offenbar seit Jahren nichts geliefert und erklärte, das Unternehmen sei „von der Entscheidung des Bundeskanzlers nicht betroffen“.

Überdies gibt es da den israelischen Getriebehersteller Ashot Ashkelon, der gemeinsam mit Renk bereits das hydromechanische Viergang-Schalt-, Wende- und Lenkgetriebe für den Merkava III lieferte, ausgestattet mit einem in den USA produzierten Dieselmotor. Es wurde in Deutschland speziell für diese Anwendung entwickelt und unter Lizenz im südisraelischen Ashkelon gefertigt.

Im aktuellen Merkava IV ist dagegen ein MTU-883-Motor mit 1.500 PS und ein Renk RK 325 Fünfgang-Getriebe verbaut. Während das Getriebe in Lizenz in Israel hergestellt wird, produziert die von MTU übernommene Detroit Diesel in den USA, um aus amerikanischer Militärhilfe für Israel (Foreign Military Sales, FMS) bezahlt werden zu können. Die Grundkomponenten dafür kommen jedoch aus Deutschland.

Den Löwenanteil im gemeinsamen Rüstungsgeschäft macht allerdings nach wie vor der Kauf von U-Booten in Deutschland aus. Thyssenkrupp Marine Systems in Kiel baut gerade drei U-Boote, deren Kauf im Wert von rund drei Milliarden Euro im Jahr 2022 vereinbart wurde, doch sind Produkte für die Marine vom teilweisen Rüstungsembargo gegen Israel nicht betroffen. Sehr wohl hingegen die Präzisionsmunition für den Merkava, die Rheinmetall herstellt – was am Ende mehr Kollateralschäden bedeuten dürfte.

Das U-Boot INS Drakon im Kieler Hafen.

Ohnehin ist die Frage, wer bei der deutsch-israelischen Rüstungskooperation mehr zu verlieren hat, sollten sich die Beziehungen nachhaltig verschlechtern. Sie ist nämlich keine Einbahnstraße. Israel ist selbst beim Aufbau eines Raketenabwehrschirms führend. Ohne den „Iron Dome“ (Eiserne Kuppel) wären bei den Raketenangriffen der palästinensischen Hamas, der libanesischen Hisbollah, der jemenitischen Huthi und vor allem des iranischen Mullah-Regimes wohl zehntausende Zivilisten in Israel getötet worden.

2023 hat das Bundesverteidigungsministerium bei den Israelis das Arrow-3-System bestellt – für 3,6 Milliarden Euro. Am Plan, das System beginnend mit diesem Jahr zu stationieren, habe „sich nichts geändert“, so ein Sprecher von Boris Pistorius.

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