
Der stellvertretende Grünen-Vorsitzende Sven Giegold hat gefordert, dass die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitet. In einem Brief, den er an Ursula von der Leyen schrieb und der dem Tagesspiegel vorliegt, hieß es, dass Deutschland mit den geplanten Zurückweisungen gegen europäisches Recht verstoße.
„Nach meiner Erinnerung hat noch nie eine neue Regierung eines großen Mitgliedslandes mit der quasi ersten Amtshandlung den Bruch europäischen Rechts in Kauf genommen“, schreibt er. Die Zurückweisungen würden laut Giegold, der von 2009 bis 2021 Mitglied im Europäischen Parlament für die Grünen war, „die Grundlagen der Europäischen Union“ gefährden, „die auf dem Vorrang des Europarechts vor dem nationalen Recht beruht“.
Neben dem Brief hat er auch eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Alle Mitgliedsstaaten sollen sich an geltendes Recht halten, fordert der Politiker. Es dürfe nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Darum verweist er auf die Aufgabe der EU-Kommission: „Die Europäische Kommission wurde gegründet, um die Einhaltung europäischen Rechts durch alle Mitgliedstaaten zu überwachen.“
Wenn ein Mitgliedsstaat das EU-Recht aus Sicht der Kommission nicht richtig anwendet, kann ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden. Der betreffende Staat muss sich daraufhin erklären und wenn die Kommission weiterhin der Ansicht ist, dass das Recht nicht beachtet wird, wird das Land formal aufgefordert, sich an das europäische Recht zu halten. Sollte der Staat sich nicht fügen und der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof landen, kann es auch zu finanziellen Sanktionen kommen.
Innenminister Dobrindt verteidigt die Zurückweisungen. „Nationales Recht wird schlichtweg angewendet, weil wir es für notwendig halten in dieser Situation“, sagt er im ZDF-moma am Mittwoch. Am 7. Mai verkündete er, dass Grenzkontrollen ausgeweitet werden sollen, jedoch soll es keine Grenzschließungen geben (Apollo News berichtete).