
Showdown im Deutschen Bundestag!
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und die Oppositionsführerin Alice Weidel (AfD) haben sich in der Haushaltsdebatte einen offenen und hitzigen Schlagabtausch geliefert.
Weidel hielt gleich zu Beginn ihrer Rede Merz seine Wortbrüche vor: „Nach ihrem neusten Wortbruch, der der Streichung der versprochenen Absenkung der Stromsteuer für alle, wissen die Bürger wenigstens, was Sie von Ihnen zu erwarten haben, nämlich nichts. Ihr Wort ist nichts wert, selbst wenn es schwarz auf weiß in Ihrem dürftigen Koalitionsvertrag steht.“
Weidel bezeichnete Merz als „Lügenkanzler“, dessen Wortbrüche Kataloge füllen würden.
AfD-Chefin Alice Weidel griff Bundeskanzler Friedrich Merz heftig an.
Merz konterte: „Anders als Sie hier behaupten, begleiten wir die Investitionsoffensive mit strukturellen Reformen, um Deutschland wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Wir senken deshalb die Energiekosten, reduzieren Steuern für Haushalte und Unternehmen und schaffen bürokratische Hürden ab. Von den möglichen 200 Euro pro Familie und Jahr, die möglich gewesen wären und wünschbar gewesen wären, machen wir jetzt 150 Euro im Jahr möglich – das sind Dreiviertel von dem, was wir uns vorgenommen haben.“
Das ändert nichts daran, dass im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot eine Absenkung der Stromsteuer für ALLE – Verbraucher und Unternehmen – versprochen worden ist, die nun nicht umgesetzt wird. Zudem kommuniziert die Bundesregierung selbst ein Einspar-Potenzial von 100 Euro pro Familie und Jahr und nicht von 150 Euro, wie Merz im Deutschen Bundestag sagte.
Bundeskanzler Merz versuchte sich, gegen die Angriffe der Oppositionsführerin zu verteidigen.
Gleich zu Beginn seiner Rede holte Merz zum Gegenschlag gegen Weidel aus (bei der Haushaltsdebatte macht die Opposition den Auftakt). Merz kritisierte Weidels Angriffe als „Halbwahrheiten, üble Nachrede und persönliche Herabsetzungen“. Dann sagte Merz: „Ich weise ihre pauschale und undifferenzierte Herabwürdigung der Arbeit der Bundesregierung mit aller Entschiedenheit zurück.“
Merz nahm sofort die Kurve ins Außenpolitische und sagte: „Der Beginn der Arbeit dieser Bundesregierung stand und unsere Arbeit steht unverändert im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Heute Morgen, in der vergangenen Nacht, hat es die schwersten Angriffe ausschließlich auf zivile Ziele in der Ukraine gegeben seit dreieinhalb Jahren. Von Ihnen, Frau Weidel, kein Wort dazu. Das sagt etwas aus über das, was Sie denken und wie Sie fühlen in dieser Bundestagsfraktion.“
Merz betonte, dass Deutschland Partner in der Welt brauche, weshalb er zu Beginn seiner Amtszeit im Ausland, beim G7- und beim Nato-Gipfel so präsent gewesen sei. „Damit ist auch in der Außen- und Sicherheitspolitik der Politikwechsel eingeleitet – die Bundesregierung wird international wieder wahrgenommen und wir werden vor allem wieder ernst genommen auf der Welt.“
Dann versuchte Merz die gigantischen Schuldenpakete (847 Milliarden Euro in vier Jahren) für die Bundeswehr und zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur außenpolitisch zu begründen: „Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will von dieser Stelle aus noch einmal denjenigen danken, die bereit waren, in der Zeit zwischen dem 20. und dem 21. Deutschen Bundestag einer Grundgesetzänderung zuzustimmen, die uns ermöglicht hat, jetzt erhebliche Anstrengungen zur Wiederherstellung unserer Verteidigungsfähigkeit zu unternehmen.“
Dann der Hammer-Satz von Merz: „Wenn wir das nicht getan hätten und wenn wir nicht mehr bereit gewesen wären, mehr für unsere Verteidigung auszugeben, wenn wir AfD und Linkspartei gefolgt wären, dann wäre die Nato wahrscheinlich im 70. Jahr unserer Mitgliedschaft auseinandergebrochen.“
Heftige Debatte im Deutsche Bundestag
Während Merz die außenpolitische Verantwortung Deutschlands bemühte und Weidel vorwarf, eine rein nationalistische Rede zu halten, legte Weidel tatsächlich den Fokus auf Innenpolitik und die Probleme beim Sozialstaat: „Familienväter und -mütter, die jeden Morgen aufstehen und arbeiten gehen, Rentner, die ein Leben lang gearbeitet haben, behalten am Ende oft weniger netto in der Tasche als Sozialmigranten, die nie in unser Solidarsystem eingezahlt haben und es voraussichtlich auch nie tun werden. Ist das Ihre Vorstellung von ‚sozialer Gerechtigkeit‘, Herr Merz?“, fragte Weidel provokant.
Das Ausufern der Kosten bei Rente, Bürgergeld, Kranken- und Pflegeversicherung konnte der Bundeskanzler weder entkräften noch konkret Besserung in Aussicht stellen – mögliche Reformen sollen in die Hände von Kommissionen gelegt werden. Stattdessen berief sich Merz auf die „bessere Stimmung“ bei Unternehmen und die Tatsache, dass Wirtschaftsforscher erstmals seit Jahren die Wachstumsprognosen nach oben und nicht mehr nach unten korrigieren würden: „Das lassen wir uns von Ihnen nicht vermiesen.“
Auch betonte Merz, dass die Zahl der Asylanträge im ersten halben Jahr um 43 Prozent zurückgegangen sei: „Offensichtlich unbemerkt von Ihnen. Sie werden jetzt langsam ihr politisches Kampf-Thema los, dem Sie Ihre Existenz verdanken“, sagte Merz in Richtung AfD – dass die Zahlen schon seit Monaten und längst vor Regierungsantritt zurückgegangen sind und laut führender Migrationsexperten vielmehr internationale Entwicklungen und Veränderungen bei Fluchtrouten die Auslöser sind, erwähnte Merz nicht.
Weidel hingegen betonte, dass neben rund 120.000 Asyl-Bewerbern auch 120.000 Menschen über den sogenannten Familiennachzug auch in diesem Jahr nach Deutschland kämen. „Ihre Zurückweisungen von Asyl-Migranten, mit der Sie sich brüsten, trifft gerade einmal 2 Prozent der Einreisen – der Rest stellt munter weiter Asyl-Anträge. Die von Ihrer Regierung veranlassten Kontrollen sind mangelhaft. Über den Familiennachzug wandert weiter jährlich eine Großstadt ein“, so Weidel – das Ende des Familiennachzugs für subsidiäre Schutzberechtigte beseitige nicht einmal zehn Prozent davon, so Weidel. Ihr hammerhartes Fazit: „Das ist keine Migrationswende, das ist Volksverdummung.“
Merz versuchte entgegen aller Kritik, Zuversicht und Aufbruchsstimmung zu verbreiten – er betonte erste zaghafte Impulse zum Positiven und stellte große Vorhaben wie Turboabschreibungen für Unternehmen ins Schaufenster, bezog sich aber wieder und wieder auf Oppositionsführerin Weidel. So auch zum Abschluss seiner Rede: „Und deswegen wird diese Koalition mit Mut und Zuversicht fortsetzen – trotz oder sogar wegen der zahlreichen Zwischenrufe und Beiträge von Ihrer Seite.“
Während Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) über die Corona-Pandemie sprach – „zwei Drittel der Deutschen sind überzeugt, unser Weg war richtig“ – kam es bereits zur ersten Unterbrechung. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) musste eingreifen, weil Alice Weidel sich lautstark einmischte. „Ganz kurz: Frau Dr. Weidel, die AfD hat eine Redezeit, Sie können das alles zusammenfassen nachher. Jetzt hat der Redner das Wort hier“, so Klöckner. Als Weidel weiter insistierte, drohte Klöckner mit Konsequenzen: „Wir zwei diskutieren hier nicht. Sonst können Sie den Saal hier verlassen.“
Auch in einer späteren Passage vergriff sich ein weiterer AfD-Abgeordneter im Ton: Bundestagsvizepräsidentin Josephine Ortleb (SPD) ermahnte den Abgeordneten Joachim Bloch, nachdem dieser das Wort „Bullshit“ in den Saal gerufen haben soll. Ortleb stellte klar: „Das weise ich hier ganz klar als unparlamentarisch zurück und werde, wenn das noch mal vorkommt, da konsequent durchgreifen.“
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