Weihnachten muss Weihnachten bleiben

vor 4 Monaten

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Frank-Ulrich Montgomery war einmal der Präsident der Bundesärztekammer. Im trüben November des Jahres 2020 fuhr der Zorn in den Funktionär, und aus Montgomery brach es heraus: „Das Virus kennt kein Weihnachten.“ Das Corona-Virus suche sich seine Opfer „täglich da, wo es sie findet“. Darum könne Weihnachten ohne Kontaktbeschränkungen zum „Fest mit Todesrisiko“ werden.

Ich musste tief durchatmen, als ich diesen Tiefpunkt in der langen Liste der Anmaßungen und Albernheiten zur Pandemiezeit noch einmal las. Es war eine schlimme, eine freiheitsfeindliche Zeit. Vielleicht richtete sich deshalb der unheilige Zorn des Funktionärs auf Weihnachten. Dort nämlich wird freudig und meist in Gemeinschaft der „Geist der Freiheit“ zelebriert.

Das Weihnachtsfest unter Corona-Auflagen ist eine der absurdesten Episoden in der Geschichte des Festes.

Diese Formulierung fand zumindest der englische Schriftsteller Gilbert Keith Chesterton. Er schrieb derart viele Betrachtungen zu Weihnachten, dass sie mehrere Bücher füllen. Chesterton fragte nach dem Geist von Weihnachten ebenso wie nach seinen Feinden, fragte nach dem Sinn von Weihnachten in der Gegenwart und auch nach der politischen wie theologischen Botschaft.

Weil Chesterton ein humorvoller Mensch war, schrieb er vor rund 90 Jahren: „Weihnachten ist für die moderne Welt völlig ungeeignet. Es setzt die Möglichkeit voraus, dass Familien vereint oder wiedervereint werden und dass sogar die Männer und Frauen miteinander reden, die sich füreinander entschieden haben.“ Weihnachten müsse in der Moderne eigentlich weg.

In der Tat ist Weihnachten ein Skandal und eine Herausforderung geblieben. Weihnachten scheidet die Geister. Gerade deshalb ist es heute wichtiger denn je. Weihnachten muss sein – und zwar als Weihnachten.

Diese Einschränkung ist keineswegs trivial. Der größte Skandal nämlich, der Weihnachten erst zu Weihnachten macht, steckt schon in seinem Begriff. Es handelt sich um geweihte Nächte. Weihnachten ist ein religiöses, ein christliches Fest. Das missfällt manchen Verächtern des Christentums ebenso wie manchen modernen Christen.

Gilbert Keith Chesterton als Karikatur

Weihnachtsmärkte sind ein besonderes Ziel für islamistische Anschläge, weil Islamisten das Christentum ein Dorn im Auge ist. Sie wollen die konkurrierende Religion, die sie für den baren Unglauben halten, vernichten. Sie sehen hinter den Glühweinbuden und Bratwurstständen den Anlass der Festivitäten. Sie halten Weihnachtsmärkte für christliche Veranstaltungen.

Auf ganz andere Weise hadern manche Christen mit Weihnachten als Weihnachten. Sie meinen, bei Weihnachten handele es sich um ein humanistisches Hochamt – um eine Einladung von Menschen an Menschen, ganz doll lieb zueinander zu sein. So habe es das Kind in der Krippe gewollt.

In der Tat sind manche Weihnachtsgottesdienste religiöse Veranstaltungen zur Überwindung von Weihnachten. Da faselt das geweihte oder beauftragte Personal von den Abgründen des Kapitalismus und der korrekten Weise, Politik zu treiben, und merkt nicht, wie fade, wie feige solche Predigt ist. Sie erhebt das Herz nicht, erbaut die Seele nicht, erfreut nicht, tröstet nicht, lehrt nicht. Da herrscht das Einheitsgrau des handelsüblichen Floskeltums – und führt zu gerechten Ergebnissen. Immer weniger Menschen gehören den Kirchen an, und immer weniger Kirchenmitglieder besuchen Weihnachtsgottesdienste.

Mein ganz persönlicher Rat, sofern Sie einen Weihnachtsgottesdienst besuchen wollen: Machen Sie sich vorher schlau, ob Sie in der Kirche Ihrer Wahl an Weihnachten etwas von Weihnachten hören werden. Viele Gemeinden, viele Landeskirchen, viele Bistümer sind derart durchpolitisiert, dass sie auch an Weihnachten von dem reden, von dem sie immer reden: Von Geschlechtergerechtigkeit, Klimaschutz und dem „Kampf gegen rechts“.

Niemand muss Weihnachten feiern, niemanden muss die christliche Hoffnung auf Erlösung überzeugen. Wer sich aber auf Weihnachten beruft, sollte auch von Weihnachten sprechen: vom angreifbaren Gott, von Christus als dem ersten Weihnachtsgeschenk und nicht von den eigenen Befindlichkeiten oder der eigenen politischen Agenda. Das instrumentalisierte ist das verleugnete Weihnachten, die politisierte ist die leere Kirche.

Das Schönste an Weihnachten ist, dass da wirklich etwas Neues begann. Mit einem Menschenkind als Gottessohn schlug die Menschheit ein neues Kapitel auf. Ein Anfang, auf dem ein Segen liegt: Kann es etwas Schöneres geben? „Der Mensch“, wusste Chesterton, „der nicht von neuem beginnt, der wird nichts Bedeutendes leisten.“

Vor 2000 Jahren begann die Menschheit von neuem. Das ist die Botschaft von Weihnachten. Und die Hoffnung lautet: Es gibt Anfänge, die in Ewigkeit nicht enden, weil über ihnen ein guter Stern waltet.

Wir alle haben die Freiheit, auf unsere Weise unserem Stern zu folgen. Niemals aber sollten wir uns einreden lassen, Weihnachten sei nichts Besonderes, nichts Einmaliges, nichts Christliches. Es ist besonders, es ist einmalig, es ist christlich. Frohe Weihnachten!

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