
In Magdeburg trommeln nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt Stadt, Kirche, Gewerkschaften, Grüne und „Zivilgesellschaft“ zum „Kampf gegen Rechts“. Aus Angst vor einer rechtsextremistischen Instrumentalisierung der Tat startet am heutigen Donnerstag die Aktionswoche „Eine Stadt für alle“. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier darf dabei nicht fehlen.
Nach dem Attentat in Magdeburg sitzt der Schock in der Stadt noch immer tief. Der aus Saudi-Arabien stammende Taleb al-Abdulmohsen steuerte ein Auto auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt, raste in die Menschenmenge, tötete sechs Menschen und verletzte mindestens 300 weitere. Während die Aufarbeitung der Tat nur schleppend vorangeht, rücken „zivilgesellschaftliche Organisationen“ und die Politik nun jedoch eine weitere Bedrohung in den Vordergrund: die rechtsextreme Instrumentalisierung der Tat.
Mehrere „zivilgesellschaftliche“ Vereine planen eine Aktionswoche, die das Motto „Eine Stadt für alle“ trägt. Sie soll am heutigen Donnerstag starten und bis zum 27. Januar laufen. Magdeburgs parteilose Oberbürgermeisterin Simone Borris hat bereits die Schirmherrschaft übernommen. „Organisationen und Vereine, Gruppen und Einrichtungen, die sich für ein weltoffenes, tolerantes und demokratisches Magdeburg einsetzen, wirken mit eigenen Ideen und Formaten an der Gestaltung mit“, heißt es in der Ankündigung. Passend dazu raunte auch das ZDF am Mittwoch: „Die Befürchtung, dass der Anschlag und das Gedenken gerade von Rechtsaußen instrumentalisiert werden, ist groß und real.“ Sprecherin der Aktionswoche „Eine Stadt für alle“ ist Birgit Bursee von der „Freiwilligenagentur Magdeburg“. Diese finanziert sich überwiegend aus Mitteln der Stadt Magdeburg, des Landes Sachsen-Anhalt und des Bundes. Allein 2023 betrug die Summe über 450.000 Euro.
Um „ein Zeichen zu setzen“, wie es im Bericht des ZDF heißt, hat sich nun auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem Besuch angemeldet. Er will mit Opfern und Helfern sprechen, sich ins Kondolenzbuch der Stadt eintragen und auf dem Alten Markt, da wo der Anschlag stattfand, eine Rede halten. „Der Bundespräsident reist auf eigene Initiative nach Magdeburg“, teilt das Bundespräsidialamt auf Anfrage von NIUS mit. „Er ist dankbar, dass die Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt und die Stadt Magdeburg seine Anregung für eine Begegnung mit Hinterbliebenen und Einsatzkräften aufgegriffen und diese Treffen vorbereitet haben.“
Steinmeier soll am Abend bei der Auftaktveranstaltung „Magdeburg singt für eine weltoffene Stadt – im Gedenken an die Opfer des Anschlags vom 20.12.2024“ die Eröffnungsrede halten. „In enger Solidarität mit allen Magdeburger*innen unterschiedlicher Herkunft, die sich neuem Hass ausgesetzt sehen, wollen wir in unserer Stadt und weltweit ansingen, um gegen Gewalt und Ausgrenzung zusammenzustehen und unser aller Verletzungen zu heilen“, erklärten die Initiatoren von „Eine Stadt für alle“. Auch die grünen Bundestagsabgeordneten Britta Hasselmann und Steffi Lemke haben sich angekündigt.
Am Abend soll vor dem Rathaus der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt gesungen werden.
Im Internet kann bereits die Liedreihenfolge des Abends bestaunt werden. Die folgenden Evergreens sollen im „Kampf gegen Rechts“ aufgeführt werden:
Am Samstag, nur zwei Tage später, planen mehrere linke Vereine Mahnwachen einzurichten: So lädt die Evangelische Domgemeinde zur Mahnwache am Dom, die Initiative „Seebrücke“ zur Mahnwache am Hasselbachplatz, die „Oldies for Future“ zur Mahnwache vor der Neuen Synagoge und der DGB zur Mahnwache am Gewerkschaftshaus. Die Grünen in Magdeburg werben für eine Mahnwache am Rathaus, „damit dort keine Nazis aufmarschieren können“.
Um 11 Uhr organisiert die Jugend von Verdi eine Kundgebung unter dem Motto: „Gewerkschaften gegen Faschismus“.
Gegen 14 Uhr plant der Verein „Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt“ (LAMSA) einen „demokratischen Spaziergang“. Der Verein wird durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, das Bundesfamilienministerium und die EU mit Millionensummen finanziert. LAMSA beklagt eine „dramatische Zunahme rassistischer Angriffe in Magdeburg“. In einer Mitteilung heißt es: „Mit diesem Spaziergang machen wir uns Migrant*innenorganisationen und Communities sichtbar und zeigen deutlich: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben in unserer Gesellschaft keinen Platz! Zugleich können wir die Stadt Magdeburg auf einer ganz anderen Art erleben: als eine weltoffene, vielfältige und respektvolle Gesellschaft.“