Wenn der Verfassungsschutz keinen Bock schießt

vor 12 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Das Gelände am nördlichen Stadtrand von Dresden ist eingezäunt und streng gesichert. Kein Wunder: Hier arbeiten das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz, das Landeskriminalamt und das Polizeiverwaltungsamt. Da sind Abwehrmaßnahmen gegen Eindringlinge natürlich Pflicht.

Trotzdem hat ein ungebetener Besucher es geschafft – und niemand weiß, wie.

Seit sechs Jahren lebt nun schon ein Rehbock auf dem Hochsicherheitsareal. Und genauso gewieft, wie sich das Tier Zugang verschafft hatte, hat es seitdem auch sämtliche Versuche scheitern lassen, es wieder einzufangen. Man hofft schon, dass die Beamten sich bei der Verfolgung von echten Verfassungsfeinden etwas geschickter anstellen.

Das Reh hat das Gelände also nicht nur unbefugt betreten – sondern vereitelte danach auch jeden Anlauf, seiner habhaft zu werden. Irgendwann haben die drei Behörden beschlossen, keine weiteren peinlichen Fangversuche mehr zu starten. Der Bock wurde sozusagen halboffiziell geduldet.

Doch jetzt soll auf dem Territorium – übrigens für stolze zwölf Millionen Euro – ein neues Parkdeck mit 271 Stellplätzen gebaut werden. Dann können alle Dienstfahrzeuge und die Autos aller Mitarbeiter direkt neben den Bürogebäuden geparkt werden. Ist ja auch wichtig.

Deshalb sollte unser Bock nun seine Wahlheimat verlassen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn das Tier lässt sich, siehe oben, partout nicht einfangen. Also wurde der Abschuss verfügt. Doch da tauchte ein neues Problem auf:

Die Mitarbeiter von Verfassungsschutz, Landeskriminalamt und Polizeiverwaltungsamt haben sich nämlich etwas überraschend auf die Seite des Wildtiers geschlagen. Sie sind übereinstimmend strikt gegen einen Abschuss. Für die Beamten ist der Bock inzwischen eine Art Haustier. Im Sommer versorgen sie ihn sogar regelmäßig mit Wasser.

Jetzt ist guter Rat teuer. Fangen lässt sich der Bock nicht – und die eigenen Mitarbeiter wollen nicht, dass er geschossen wird. Zapperlott, die Welt ist schlecht.

Da erscheint es wie eine göttliche Fügung, dass urplötzlich und aus heiterem Himmel ein neues Gutachten aufgetaucht ist. Das kommt zu einem völlig anderen Ergebnis als alle Bewertungen vorher: Trotz des Bauvorhabens, heißt es jetzt, würden ausreichend Rückzugsorte für den Rehbock übrigbleiben. Somit könne von weiteren Maßnahmen abgesehen werden.

So ein Glück aber auch. Jetzt kriegen alle, was sie wollen: Die Behördenleitung bekommt ihr Parkhaus, die Mitarbeiter bekommen ihren Willen, und der Rehbock kann bleiben.

Da sage noch einer, Agenten hätten kein Herz.

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