Wenn die Polizei schießt, schützt sie uns als Gesellschaft

vor 6 Tagen

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Bildquelle: NiUS

Haben Sie auch das Gefühl, dass die Polizei in letzter Zeit mehr schießt als früher? Dass Gewalttaten häufiger mit dem Tod eines Angreifers enden, wenn er Polizisten bedroht? Ihr gesunder Menschenverstand hat recht, wenn Sie es denn so empfinden.

Im Jahr 2025 wurden in Deutschland bis Anfang April sieben Menschen durch Polizisten erschossen. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr wäre mit circa 28 Getöteten zu rechnen. Damit würde ihre Zahl gegenüber dem Vorjahr noch einmal signifikant steigen. Denn 2024 waren es mit 22 Fällen bereits so viele wie noch nie zuvor in der Bundesrepublik.

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland über 4.500 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibedienstete abgeschlossen. Dabei kam es allerdings fast nie zu einem Strafverfahren oder gar zu einer Verurteilung, wie das Statista Research Department recherchiert hat.

Auf Festen wie den Canstatter Wasen sorgen Polizisten für unser aller Sicherheit

Was sind die Gründe für die sich häufenden Fälle von tödlichen Polizeieinsätzen? Die Antwort ist leider: Es sei das Abbild einer sich verändernden Gesellschaft, sagt Uli Grötsch, Polizeibeauftragter des Bundes. Die Gewaltschwelle sinke, Angriff gegen Einsatzkräfte sowie Polizeibeamte würden häufiger. „Die Gewaltkriminalität hat zugenommen“, erklärt auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke.  Kriminologen sei bekannt, dass sich diese Entwicklung auch negativ auf gewaltsame Angriffe auf polizeiliche Einsatzkräfte auswirke. Vor diesem Hintergrund seien Polizistinnen und Polizisten gezwungen, „in eskalierenden Einsatzsituationen konsequent den Angriff zu unterbinden.“

Selbstverständlich ist es nachvollziehbar, wie die Polizeigewerkschaft auf Angriffe gegen ihre Leute reagiert. Wenn die Polizei bedroht wird, muss sie sich verteidigen. Nicht verteidigen dürfen. Nicht verteidigen können. Sie muss einen gefährlichen Angreifer ausschalten, um sich und die Bevölkerung zu schützen. Sie muss im Bruchteil einer Sekunde reagieren. Sie kann keinen Psychologen befragen, was denn nun zu tun sei. Ihre eigene Sicherheit ist unsere Sicherheit. Wie oft haben Polizisten in den letzten Jahren ihr Leben gegeben, um unseres zu schützen! Als Beispiel der tödliche Messerangriff eines Islamisten auf den Polizisten Rouven Laur auf dem Mannheimer Marktplatz.

Der jüngste Fall aus Oldenburg: In der Nacht zu Ostersonntag wird einem 21-Jährigen der Zutritt zu einer Diskothek verwehrt. Vermutlich aus Wut darüber beginnt der Abgewiesene mit Reizgas um sich zu sprühen. Insgesamt vier Personen werden dabei verletzt. Der Mann flüchtet. In der Innenstadt wird er von einer Polizeistreife gestellt. Er beginnt Reizgas in Richtung der Beamten zu sprühen und nähert sich ihnen in „bedrohlicher Weise“. Ob er auch mit einem Messer drohte, muss noch geklärt werden. Ein 27-jähriger Polizist eröffnet das Feuer – der Angreifer wird mehrfach getroffen und lebensgefährlich verletzt. Im Krankenhaus erliegt er seinen Verletzungen. Gegen den Beamten wird ermittelt.

Blutflecken auf dem Pflaster der Achternstraße in Oldenburg

Wir wissen nicht, wie diese Untersuchung ausgeht. Was wir wissen: Ein aggressiver Mann bedroht Passanten und die Polizei. Ein Polizist benutzt seine Dienstwaffe. Der Angreifer ist tot. Ich bin sicher: Dieser Fall wird lückenlos aufgeklärt werden. Denn bei uns gibt es keine schießwütigen Cowboys, die sich als Polizisten verkleidet haben. Es gibt verantwortungsvolle Beamte, die unser Leben beschützen. Und manchmal dabei mit ihrer Dienstwaffe tödliche Schüsse abgeben, leider.

Aber nicht die Beamten sind dafür verantwortlich, dass immer mehr geschossen wird. Es sind die immer brutaler werdenden Täter, die Polizisten zum Schießen zwingen. Und auf diese Weise die Gesellschaft vor Kriminellen beschützt. Und die Gesellschaft – das sind wir.

In diesem Sinne – nur in diesem Sinn – darf man sagen: Gut, dass die Polizei jetzt schießt.

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