Wenn Friedrich Merz wollte, wie er könnte, wären die schlimmsten Ampelgesetze schon weg

vor 5 Monaten

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Eigentlich könnte Friedrich Merz der glücklichste Oppositionsführer der Welt sein.

CDU und CSU erreichen in Umfragen eine doppelt so hohe Zustimmung wie die Partei, die den Kanzler stellt. Diese wiederum, die SPD, streitet heftig mit sich selbst: Soll sie statt des unbeliebten Amtsinhabers Olaf Scholz lieber Verteidigungsminister Boris Pistorius in den Wahlkampf schicken?

Dennoch gibt es drei Gründe, weshalb auch Merz vor keiner schattenlosen Zukunft steht: Die Umfragewerte sind relativ hoch, aber sie steigen nicht. Das Ende der gescheiterten Ampel-Regierung hat zu keinem Aufwärtstrend geführt. Kein Freudenhupfer ist demoskopisch messbar. Bei rund 32 Prozent scheint die Decke eingezogen. Dieser Befund muss Merz sorgen. Die Deutschen haben genug von der Ampel, aber sie laufen nicht mit fliegenden Fahnen zur Union über.

CDU-Chef Merz

Zweitens werden die Herausforderungen für Merz durch einen absehbaren Wechsel des SPD-Kanzlerkandidaten größer. Pistorius hängt nicht die gesamte katastrophale Regierungsbilanz der Ampel wie ein Mühlstein am Hals. Er trat vor knapp zwei Jahren ins Kabinett, um die schlechteste Verteidigungsministerin in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland abzulösen.

Verglichen mit Christine Lambrecht erscheint jeder Nachfolger wie eine Lichtgestalt. Wenngleich die tatsächliche Leistungsbilanz von Pistorius durchwachsen ist, könnte er durch sein knorriges Auftreten und seine schnörkellose Sprache für bürgerliche Wähler attraktiv sein. Ihm könnte Merz nicht vorwerfen, was er Scholz gerne vorhielt: dass ihm das Land entgleite.

Drittens aber sind die stagnierenden Umfragewerte ein echtes Problem für die mögliche Kanzlerschaft von Merz. Mit jeder Woche wird es derzeit unwahrscheinlicher, dass es im kommenden Bundestag eine Mehrheit geben wird für eine bürgerlich-liberale Koalition aus CDU, CSU und FDP. Die Partei des geschassten Finanzministers Lindner muss froh sein, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, und die Union rangierte letztmals Ende 2020 bei klar über 35 Prozent.

Meine Sorge ist, dass die sogenannten demokratischen Parteien momentan mit der Demokratie spielen. Das Vertrauen in die Demokratie sinkt, wenn man den Eindruck haben kann, wir seien in eine Art Klüngel-Demokratie geraten. ("Nius Live" @niusde_ 15.11.24) pic.twitter.com/iUM5B3f7GE

Merz wird auf mindestens einen Koalitionspartner angewiesen sein, um sich seinen Traum vom Kanzleramt zu erfüllen. Welche Partei aber will die Union dazu bitten, um die nun bei Bild publik gewordene „Streichliste“ umzusetzen? Die Grünen etwa oder die Sozialdemokraten?

Mit keiner der beiden verbliebenen Regierungsparteien wird die Merz-Agenda Wirklichkeit werden. So vernünftig die Forderungen auch sind: Keine Koalitionsverhandlungen mit SPD oder den Grünen würden sie überstehen. Die Union will nämlich das Heizungsgesetz abschaffen und das Bürgergeld. Die Bauern sollen geringer belastet und Kernkraftwerke wieder in Gang gesetzt werden.

Die geplante Kindergrundsicherung soll endgültig vom Tisch genommen, die beschleunigte Einbürgerung rückgängig gemacht, das Selbstbestimmungsgesetz und die Cannabis-Legalisierung revidiert werden. Ein Ende soll es haben mit den Pull-Effekten für illegale Migration und mit der jüngst verabschiedeten Deckelung der Zweitstimmen bei Bundestagswahlen.

Mit solchen klaren Schnitten könnte der Kurswechsel gelingen, den Merz nicht müde wird zu versprechen. Vor dem Bundestag blies er nun die Backen in diesem Sinn weit auf: „Deutschland braucht eine grundlegend andere Politik, vor allem in der Migrationspolitik, in der Außen-, Sicherheits- und Europapolitik und in der Wirtschaftspolitik.“

Friedrich Merz im Bundestag

Warum aber sollen SPD oder Grüne, die die bisherige Politik ganz wesentlich zu verantworten haben, für eine solche Totalrevision die Hand reichen? Es wäre die vollendete Kapitulation, wäre Selbstverleugnung und ein Verrat an den wenigen verbliebenen Wählern.

Merz legt Forderungen vor, die er mit den Partnern seiner Wahl nie – und mit Partnern, die er gar nicht ins Kalkül zieht, schon jetzt umsetzen könnte. Bürgergeld etwa, Cannabis-Legalisierung und Selbstbestimmungsgesetz sind drei besonders bizarre Projekte der Ampel, die Deutschland allesamt schaden. Ein souveräner Oppositionsführer würde augenblicklich Anträge auf Abschaffung dieser drei legislatorischen Monstren einbringen und um Zustimmung werben.

Nichts liegt Merz ferner. Er gibt der Unvernunft Bestandsschutz, sobald die Gefahr besteht, die Vernunft könnte sich mit Stimmen auch der AfD durchsetzen. Die Union gibt sich im Forderungsmanagement rigoros und programmiert damit schon heute eine große Enttäuschung bei ihrer Wählerschaft. Die brachiale Absage an jede Form der Zusammenarbeit mit den Abgeordneten der AfD stößt nicht nur deren Millionen Wähler vor den Kopf und ist demokratietheoretisch heikel.

Die Union nimmt sehenden Auges in Kauf, als die großen Macher in den Wahlkampf zu ziehen und als Maulhelden auf der Regierungsbank zu landen. Sie wirbt mit Positionen, die sie letztlich selbst nicht so ernst nimmt. Sonst würde sie schon heute die Probe aufs Exempel machen und eine „grundlegend andere Politik“ zur Abstimmung stellen.

Wer zum Wohle Deutschlands das Neue wagen will, darf nicht an alten Selbstbeschränkungen und Brandmauern haften bleiben.

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