Das Casting ist eröffnet: Wer wird 2027 als Hausherr(in) ins Bellevue einziehen?

vor 6 Tagen

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Sobald für den verstorbenen Papst Franziskus ein Nachfolger gewählt sein wird, dürfte in Deutschland ein anderes heiteres Namenraten einsetzen: Wer wird ab spätestens 19. März 2027 ins Bellevue einziehen? Am 18. März 2027 spätestens endet nämlich die Amtszeit des „Amtierenden“ Frank-Walter Steinmeier, der ab dann seine „ruhende“ SPD-Mitgliedschaft wird reaktivieren können.

Wir setzen schon mal für die „ZEIT“ eine Stellenausschreibung auf.

Gesucht: Bundespräsident Nummer 13 (m/w/d)

Was wir erwarten: w oder d oder trans*, Mindestalter laut Grundgesetz 40, Migrationshintergrund erwünscht, Vorbildung egal, Gesinnung linksschief, ungefährliches rhetorisches Talent, diverse Gedenkreden, eine Weihnachtsansprache pro Jahr, korrekte Aushändigung von Orden, Ernennungs- und Entlassungsurkunden für Bundesminister, Staatssekretäre und Beamte ab Besoldungsgruppe B9 sowie Generale/Admirale, braves Unterzeichnen von Bundesgesetzen.

Wir bieten: Schlosswohnung mit Parkambiente, viele Bedienstete, ca. zwanzig Auslandsreisen pro Jahr, Besoldung pro Jahr 214.000 Euro Grundgehalt plus 78.000 Euro Aufwandspauschale, bis zum Lebensende Ehrensold (gegebenenfalls auch bereits nach 598 Amtstagen) in Höhe der Aktivenbezüge, keine Aufwandspauschale, dafür eigenes Büro im Ruhestand.

Bewerbungen – unter Ausschluss des Wahlvolkes – an die Vorsitzenden der Parteien, die sich den Staat zur Beute gemacht haben.

Ja, das Rennen um die Pole-Position hat angefangen. Vorgeprescht war bereits vor einem Jahr, am 7. März 2024, die damalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz „Malu“ Dreyer (SPD). Dem Tagesspiegel sagte sie damals: „Eine Bundespräsidentin wäre eine Ermunterung für viele Frauen.“

Frau Dreyer (damals 63) ist als Landeschefin im Juni 2024, also kurz danach, zurückgetreten. Sie gab gesundheitliche Gründe an und reichte das Amt an Alexander Schweitzer (SPD) weiter. Eben dieser Alexander Schweitzer sagte nun – ebenfalls dem Tagesspiegel: „Selbstverständlich wäre eine Frau in diesem Amt ein sehr gutes Signal für die Gleichstellung in unserem Land.“ Es sei in Deutschland „immer wieder gelungen, aus der breiten demokratischen Mitte heraus eine herausragende Persönlichkeit in das höchste Staatsamt“ zu wählen. Er sei zuversichtlich, dass dies auch diesmal gelingen werde. So Schweitzer. Ein Schelm, wer hier ein Mainzer Kalkül unterstellt.

Flugs schlossen sich Leute aus den zweiten und dritten Reihen der „hohen“ Politik“ diesem Vorschlag an:

Wenn man sich zwei bestimmte Küren des deutschen Staatsoberhauptes der letzten eineinhalb Jahrzehnte anschaut, könnte man meinen, es gebe nicht einmal genug geeignete Männer für dieses Amt. 2022 schafft es die CDU/CSU (CDU-Vorsitzender war bereits Friedrich Merz) nicht einmal, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Auch für die CDU/CSU war Steinmeier angesagt.

Also konzentrieren wir uns auf eine mögliche „Miss-Wahl“, wenngleich letztere als angeblich sexistisch zuletzt eher in Misskredit geriet. Erwähnen wir zumindest, dass es schon acht Frauen gab, die sich – erfolglos – um das höchste Staatsamt in Deutschland bewarben: Gesine Schwan (SPD-Kandidatin 2004 und 2009 gegen Köhler) und Dagmar Schipanski (CDU-Kandidatin 1999 gegen Rau) gingen mit beachtlichen Stimmergebnissen aus der Wahl hervor.

Der aktuelle Koalitionsvertrag für eine geplante CDU/CSU/SPD-Bundesregierung sagt hier jedenfalls nichts aus. Schlau immerhin, denn es könnte ja sein, dass diese Koalition gar keinen Atem bis Anfang 2027 hat, also bis zur nächsten Kür in der Bundesversammlung.

Spekulieren wir und knobeln Voraussetzungen aus:

Die CDU stellte 40 Jahre lang sechsmal den Bundespräsidenten: Lübke, Carstens, Weizsäcker, Herzog, Köhler, Wulff. Die SPD käme 2027 mit Heinemann, Rau und Steinmeier auf 20 Jahre. Die FDP mit Heuss und Scheel auf 15 Jahre. Dazu fünf Jahre lang mit Gauck als Parteilosem. Potzblitz, noch nichts „Grünes“! Wenn das kein Fingerzeig ist.

Die CSU hätte Ilse Aigner, Landtagspräsidentin Bayern, zu bieten. Mit ihr kämen „endlich“ mal die CSU und Bayern zum Zuge. Roman Herzog war zwar in Landshut geboren und aufgewachsen, seine Karriere aber hat er über die CDU Baden-Württembergs gemacht.

Noch unübersichtlicher ist die vermeintlich präsidable Girls-Crew der SPD: Bas, Dreyer (siehe oben), Rehlinger, Esken, Giffey, Faeser, Schwesig, Kraft? Und dann erst die „Grünen“ mit Baerbock, Göring-Eckardt, Roth! Ojemine!

Man wird sehen. Die Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt, besteht ja künftig nicht mehr wie zuletzt aus 1.472 „Gewählthabenden“, sondern nur noch aus 1.260 Wahlleuten: 630 Bundestagsabgeordneten und 630 von den 16 Landesparlamenten Entsandten. Da kann es durchaus sein, dass Union und SPD keine Mehrheit mehr haben. Man denke an die jüngsten Wahlergebnisse im Bund, in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Man denke daran, dass im Jahr 2026 Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern stattfinden.

Dem deutschen Michel muss die Wahl „seines“ Staatsoberhaupts – von oben verordnet, aber „verfassungskonform“ – ohnehin egal sein. Er hat bei dieser Wahl zu Hause zu bleiben und zu tolerieren, was in den Hinterzimmern ausgeklüngelt wurde. Demokratie pervers eben! Die Parteien haben sich zum Souverän aufgeschwungen und den Staat mitsamt seinen Ämtern in Legislative, Exekutive und Judikative kannibalisiert. Wie bei der „Kür“ der Präsidentin der EU-Kommission. Diese war zwar Unions-„Spitzenkandidatin“ bei der Wahl zum EU-Parlament, aber auf keinem Stimmzettel zu finden.

So werden „Wahlen“ zur Farce. Oder wie das Untertanenvolk längst weiß: „Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie längst abgeschafft“ (Kurt Tucholsky, 1931). Aber wir stehen kurz davor. Siehe die Annullierung der Präsidentschaftswahl in Rumänien! Oder die Nichtzulassung von aussichtsreichen Bewerbern, zuletzt Marine Le Pens in Frankreich!

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