Die AfD geht nicht weg – weil die Gründe für ihren Aufstieg bleiben

vor etwa 10 Stunden

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Man hat den Eindruck, dass die üblichen Politiker jeden Abend mit dem Stoßgebet zu Bette gehen: „Herr, mach dass die AfD verschwindet“. Aber siehe da, auch am nächsten Morgen ist sie noch da und an den allermeisten Morgen mit Umfrage- oder Wählerdaten hat sie zugelegt. Die AfD wird zu einem „politischen Notausgang“ für von der Politik frustrierte Wähler, schreibt selbst der sonst stramm auf Linie dröhnende Sender n-tv.

Was man sich wegwünscht, wird stärker. Es ist ein blaues Wunder. Ein solches erlebt man bei einer bösen Überraschung, einem unerwünschten Ereignis oder einer geplatzten Illusion. Das widerfuhr den etablierten Parteien und Medien sowie dem linksliberalen Bürgertum beim Aufkommen der AfD vor über zehn Jahren und wiederholt sich seither jeden Morgen. Unterdessen wurde aus der EU-kritischen Professorenpartei eine bundesweit erfolgreiche rechtspopulistische Bewegung.

Der Aufstieg des Rechtspopulismus ist eine europaweite Erscheinung, von der Deutschland viele Jahre verschont blieb. Das änderte sich, als die bürgerlichen Parteien sich immer weiter nach links bewegten, woraufhin rechts von der CDU und CSU eine immer größer werdende Repräsentationslücke zu klaffen begann. Viele Konservative und Rechte fanden sich nicht mehr parlamentarisch vertreten und suchten nach einer Alternative.

Nun sollte Politik bekanntlich mit dem Betrachten der Wirklichkeit beginnen. Und die besagt, dass viele Bürger unzufrieden sind mit Entscheidungen, die unter Merkel ihren Anfang genommen haben, von der Ampel verschärft und der Regierung Klingbeil/Merz noch einmal bestätigt wurden.

Die Energiekrise nach der Energiewende wuchert sich zur Desindustrialisierungskrise aus. Die Migrationskrise hat buchstäblich gesellschaftsverändernde, möglicherweise gesellschaftszerstörende Folgen. Die Liste läßt sich verlängern. Heizungsgesetz und Gleichstellungsgesetz sind Instrumente einer großen gesellschaftlichen Transformation, die die Mehrheit nicht will.

All das ist bekannt. Es ist das nahrhafte Futter für jede Opposition, und das ist zum gegebenen Zeitpunkt die AfD.

Der renommierte Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt liefert eine Analyse sowohl der AfD und ihres Umfelds, als auch des Zustands unserer parlamentarischen Demokratie. Darüber hinaus plädiert er für einen neuen Umgang mit der AfD, denn es schadet unserem freiheitlichen Staatswesen, wenn auf Dauer nur noch Mitte-links-Regierungen ins Amt kommen oder „rechte“ Regierungen sich dem linken Koalitionspartner unterwerfen, während die Bevölkerung mehrheitlich Parteien der Mitte oder der Rechten wählt.

Bislang war die Reaktion darauf: In Deutschland darf längst nicht mehr offen diskutiert werden, es wird nur noch dekretiert und propagiert. Widerspruch ist nicht nur zwecklos, sondern wird auch noch bestraft. Wenn Wähler (oder die Bevölkerung) nicht mehr gehört werden, reagieren sie mit Widerspruch, und wenn der nicht funktioniert, mit Abwendung und Abwanderung. Immer mehr Deutsche wenden sich von den Altparteien ab, und viele wandern gleich aus.

Nun reagiert man mit Parteienverbot; in vielen Städten und Kommunen wird die AfD schon von Wahlen ausgeschlossen. Das verschärft aber nur die Krise. Lange galt die AfD in bürgerlichen Kreisen als unwählbar, nun immer häufiger als letzte Rettung.

Wer einen weiteren Aufstieg der AfD nicht nur kritisieren oder beklagen will, sollte durch Politikwechsel die wichtigsten Ursachen anhaltender AfD-Erfolge abstellen – und obendrein versuchen, diese Partei durch konditionierte Kooperationsangebote aus der Radikalisierungsfalle zu holen, empfiehlt Patzelt. An der Wirklichkeit reibt sich manche Kante ab.

Ein lesenswertes Buch, das viele Informationen über die AfD enthält. Möge es viele Leser finden. Dass es in den Führungsetagen nicht gelesen wird bestätigt die Thesen Patzelts.

Werner J. Patzelt, Deutschlands blaues Wunder. Die AfD und der Populismus. LMV, Klappenbroschur, 320 Seiten, 26,00 €

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