
Bisher war die AfD als Gesamtpartei nur ein „Verdachtsfall“. Wie nicht anders zu erwarten, hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die AfD jetzt auf Basis eines neuen „Gutachtens“ auch auf Bundesebene als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft.
Der Inlandsgeheimdienst teilte in Köln mit, Grund sei eine angeblich die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der AfD. Der Verdacht, dass die Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge, habe „sich bestätigt und in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet“.
Verfassungsschutz nimmt Volksverständnis als Vorwand
Das Bundesamt erklärte, das in der AfD vorherrschende „ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis“ sei nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen.
Dazu führt das Bundesamt aus: „Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes.“
Äußerungen und Positionen der Partei und führender AfD-Vertreter verstießen gegen das Prinzip der Menschenwürde, erklärten die Vizepräsidenten der Behörde, Sinan Selen und Silke Willems, ergänzend. Dies sei maßgeblich für die nun getroffene Einschätzung.
Grundlage für die (erwartete) Einschätzung ist eine umfangreiche Materialsammlung, die interessanter Weise „nur für den internen Dienstgebrauch“ bestimmt ist und nicht veröffentlicht werden soll. Nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio und SWR umfasst das sogenannte „Gutachten“ mehr als 1.000 Seiten.
Faeser: Kein Einfluss durch Bundespolitik
Bundesinnenministerin Nancy Faeser behauptete allen Ernstes, der Verfassungsschutz, eine ihr direkt unterstellte weisungsgebundene Bundesbehörde, sei zu seiner Einschätzung ohne Einflussnahme aus der Politik gekommen. Das Bundesamt habe einen klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus vorzugehen und die Demokratie zu schützen. Dabei arbeitet es eigenständig: „Die neue Einstufung ist das Ergebnis einer umfassenden und neutralen Prüfung.“
Seit 2021 „Verdachtsfall“
Die Landesämter für Verfassungsschutz in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten die jeweiligen AfD-Landesverbände bereits zuvor als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Seit März 2021 zählte der Verfassungsschutz die Gesamtpartei als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“. Mit der jetzigen Einstufung sind weitere nachrichtendienstliche Mittel der Beobachtung erlaubt.