Wie China sich den deutschen Automarkt einverleibt

vor 11 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Während deutsche Automobilhersteller sowohl im Inland als auch auf globalen Märkten zunehmend Marktanteile einbüßen, befinden sich chinesische Hersteller auf rasantem Expansionskurs. Das Tempo, mit dem Unternehmen wie BYD, SAIC, MG & Co. wachsen, ist mehr als beeindruckend. Mit preisgünstigen E-Fahrzeugen dringen sie immer stärker auch auf den deutschen Markt vor.

Massive Kapitalströme befeuern die Expansion chinesischer Autobauer auf dem europäischen Automobilmarkt. Im vergangenen Jahr allein flossen rund 9,8 Milliarden US-Dollar aus der Volksrepublik in den europäischen Mobilitätssektor. Seit 2005 summieren sich die chinesischen Investitionen in Europas Automobilindustrie auf beeindruckende 85,3 Milliarden US-Dollar. Die Stoßrichtung ist unmissverständlich – chinesische Hersteller wollen den europäischen Markt systematisch erobern, insbesondere mit preislich günstigen Elektrofahrzeugen.

Auch die potenzielle Übernahme deutscher Produktionsstandorte durch Konkurrenten aus China rückt angesichts der aktuellen Entwicklungen immer stärker ins Blickfeld. So bekunden Autobauer wie BYD, Leapmotor und Chery Auto konkretes Interesse an den VW-Werken in Dresden und Osnabrück; Standorte, die aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten zur Disposition stehen. Ein Einstieg könnte ihnen nicht nur dabei helfen, drohende EU-Strafzölle auf Elektrofahrzeuge zu umgehen, sondern auch ihre Präsenz im Herzen der deutschen Automobilindustrie auszubauen. Parallel dazu hat auch der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall ein Auge auf die Werke geworfen – wer letztlich den Zuschlag erhält, bleibt vorerst offen.

Unter den chinesischen Autobauern sticht insbesondere BYD mit weitreichenden Expansionsplänen hervor. Das Unternehmen hat sich vorgenommen, bis 2026 zu den fünf größten Herstellern Europas aufzusteigen. In Deutschland allein will BYD bis dahin rund 120.000 Elektrofahrzeuge verkaufen. Zur Einordnung: In den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 lag die Zahl der Neuzulassungen noch bei lediglich 1.790. Die angestrebte Absatzsteigerung ist somit ein echter Kraftakt. Doch BYD hat die Weichen gestellt: Das Vertriebsnetz wächst, zahlreiche Metropolregionen sind bereits abgedeckt. Perspektivisch soll das Händlernetz auf rund 100 Standorte innerhalb der Bundesrepublik ausgeweitet werden.

Einer Analyse der Beratungsfirma Ernst & Young zufolge erreichten chinesische Marken im ersten Quartal des vergangenen Jahres einen Marktanteil von 10 Prozent am deutschen BEV-Markt – ein deutlicher Anstieg gegenüber 7 Prozent im Vorjahreszeitraum. Seitdem haben sich die Verkaufszahlen auf diesem Niveau weitgehend stabilisiert. Doch das Ende der Fahnenstange ist damit längst nicht erreicht. Vor dem Hintergrund verschärfter EU-Vorgaben, allen voran dem geplanten Verbot neuer Verbrenner ab 2035, könnte der Marktanteil chinesischer Hersteller in den kommenden Jahren deutlich ansteigen.

Die vollständige Umstellung auf Elektromobilität wird für deutsche Hersteller zur Zerreißprobe. VW, Mercedes, BMW & Co. sind im E-Segment klar im Hintertreffen – sowohl technologisch als auch preislich. Chinesische Anbieter verkaufen vergleichbare Elektromodelle häufig zum Bruchteil des Preises, teils bis zu fünfmal günstiger. Das gelingt ihnen vor allem durch staatliche Subventionen, den gesicherten Zugang zu kritischen Rohstoffen wie Seltenen Erden, und durch einen über Jahre aufgebauten Technologievorsprung.

Im März 2025 lag der Anteil von Elektroautos an den Neuzulassungen in Deutschland laut ADAC bei lediglich 16,8 Prozent. Sollte dieser Anteil ab 2035 – im Zuge der Umsetzung des Verbrenner-Verbots – auf 100 Prozent steigen, werden chinesische Hersteller aufgrund ihres Vorsprungs im Sektor erhebliche Marktanteil gewinnen und den deutschen Autobauern die Führungsrolle streitig machen. Die EU-Zölle auf chinesische E-Autos werden deren Vormarsch wohl kaum ausbremsen können.

Dieses Szenario ist alles andere als unrealistisch: Wenn der Durchschnittsbürger gezwungen wird, auf ein Elektroauto umzusteigen – nicht nur wegen des Verbrenner-Verbots, sondern auch durch künstlich verteuerte Spritpreise infolge der CO2-Steuer –, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit zum preisgünstigeren Elektromodell aus China greifen. Denn ein deutscher Stromer wird für viele unerschwinglich sein.

Mit dem geplanten Verbrenner-Verbot ab 2035 manövriert die EU-Kommission ausgerechnet die eigene Schlüsselindustrie aufs Abstellgleis und öffnet chinesischen Konkurrenten Tür und Tor. Marken wie VW, Mercedes und BMW sind unangefochtene Marktführer im Bereich klassischer Verbrennungsmotoren. Ein Segment, in dem Deutschland weltweit Maßstäbe setzt und das China bislang nicht auf Augenhöhe bedienen kann. Die Nachfrage nach benzin- und dieselbetriebenen Fahrzeugen ist trotz der in Europa forcierten Klimadebatte ungebrochen, sowohl auf dem Kontinent als auch global. Anstatt dieses profitable Kerngeschäft zu stärken, zwingt die Politik die Industrie durch den überhasteten Wechsel zur Elektromobilität in eine strukturelle Schwächephase.

Flankiert wird dieser Kurs durch wachstumsfeindliche Standortpolitik: Hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie und ein steuerliches Belastungsniveau, das weltweit zur Spitze gehört, schnüren der einst so erfolgreichen deutschen Automobilbranche zusehends die Luft ab.

Durch ideologisch getriebene Regulierungen wie das Verbrenner-Verbot opfert die EU die deutsche Automobilindustrie zugunsten des Klimaschutzes. Der Widerspruch dabei: Ein Elektroauto ist keineswegs umweltfreundlicher als ein moderner Verbrenner. Doch wirtschaftliche Realität zählt längst weniger als grüne Symbolpolitik.

Die Produktion von E-Autos verursacht enorme Emissionen, vor allem bei der Herstellung der Batterien. Die Gewinnung von Rohstoffen wie Lithium und Kobalt ist häufig emissionsintensiv und auch die Batteriefertigung selbst findet oft in Staaten wie China statt, wo Kohlestrom dominiert – was die Ökobilanz weiter verschlechtert.

Zudem hängt die Umweltfreundlichkeit von E-Autos stark davon ab, wie sie geladen werden. Stammt der Strom aus fossilen Quellen, wie in Deutschland während wind- und sonnenarmer Perioden üblich, verpufft der ökologische Nutzen nahezu vollständig.

Aufgrund dieser Faktoren verursacht ein Elektroauto über weite Strecken hinweg teils höhere Emissionen als ein moderner Benziner. Erst nach rund 90.000 Kilometern erreicht es laut einer aktuellen Studie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) eine bessere CO2-Bilanz. Vorausgesetzt, es wird überhaupt so lange gefahren: Denn derzeit wird ein erheblicher Teil der in Deutschland zugelassenen Elektrofahrzeuge über Leasingverträge genutzt und nach wenigen Jahren an den Gebrauchtwagenmarkt abgegeben. Doch dort stoßen gebrauchte E-Autos auf nur geringe Nachfrage und fristen häufig ein Schattendasein. Infolgedessen wird der ökologische Vorteil in vielen Fällen gar nicht abgerufen.

Was chinesische Staatskonzerne nicht im freien Wettbewerb hätten erreichen können, ermöglicht ihnen ausgerechnet die europäische Klimapolitik: Mit ideologischer Verbissenheit hat Brüssel den Verbrenner ins Abseits gedrängt – und damit das Tor für den industriellen Durchmarsch Chinas weit aufgestoßen.

Während deutsche Hersteller unter der Last von Regulierungen und politischen Zwängen ächzen, rollen subventionierte Stromer aus dem Reich der Mitte ungebremst auf Europas Straßen. Dass nun selbst VW-Werke ins Visier chinesischer Autobauer geraten, ist die direkte Folge einer Politik, die heimische Stärke opfert, um grüne Glaubenssätze zu bedienen. Peking nutzt Europas Dummheit geschickt aus.

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