
Der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak kritisierte im Gespräch mit der Rheinischen Post den bisherigen Umgang mit dem Aufstieg der AfD als konzeptlos und reaktiv. Man hätte es versäumt, eigene Schwerpunkte zu setzen – aktuell würden „rechtsextreme Kräfte“ die Agenda „dominieren“, während die übrigen Parteien „wie das Kaninchen vor der Schlange“ agierten.
Banaszak bemängelte, die öffentliche Debatte schwanke zwischen Skandalisierung und Normalisierung – der Fokus liege jedoch stets auf der AfD. Statt sich weiter von deren Positionen treiben zu lassen, müsse es gelingen, eigene Themen zu setzen. Es brauche, so der Grünen-Vorsitzende, „einen positiven Gegenentwurf einer solidarischen, vielfältigen Gesellschaft, eines erfolgreichen ökologischen Wandels, einer gerechten Verteilung von Wohlstand und Chancen“.
Zugleich sprach sich Banaszak für eine neue politische Kultur aus. Diese sei besonders dort notwendig, wo „Antidemokraten“ den öffentlichen Raum bestimmten. Ziel müsse ein „neues Miteinander“ sein.
Auch die Bundesregierung sieht der Grünen-Chef in der Verantwortung. Die Ampel-Koalition habe selbst zur aktuellen Entwicklung beigetragen. Kritik übte Banaszak zudem an CDU und CSU. Die Union habe sich in den vergangenen Monaten zu sehr an der Rhetorik der AfD orientiert und politische Inhalte auf deren Agenda ausgerichtet. „Wenn man sich auf das Feld der Rechtsextremen begibt, sich in der Rhetorik annähert und von der AfD so sehr die Agenda diktieren lässt, dass man sie nur noch mit deren Stimmen umsetzen kann, dann stärkt man am Ende die AfD und nicht die vermeintlich demokratische Alternative“, sagte er.
In der Union werden die Stimmen, die einen anderen Umgang mit der AfD fordern, aber durchaus lauter. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nannte die AfD im ZDF-Morgenmagazin zwar „eine rechtsextreme Partei“, dennoch sollte man ihr parlamentarische Rechte in vollem Umfang zugestehen. Philipp Amthor plädierte ebenfalls für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD und forderte einen Verzicht auf „parlamentsrechtliche Kniffe“. Auch die Wirtschaftspolitikerin Gitta Connemann fordert, der AfD Ausschussvorsitze zuzugestehen.
Auch CDU-Fraktionsvize Mathias Middelberg sprach sich für einen strategischen Kurswechsel im Umgang mit der AfD aus. Er erklärte in der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Der AfD zum Beispiel Ausschussvorsitze vorzuenthalten, wird diese Partei nicht klein kriegen. Im Gegenteil, gibt das der AfD die Möglichkeit, ihren Opferstatus zu kultivieren.“ Allerdings müssten Abgeordnete in solchen Positionen bei Fehlverhalten „jederzeit abwählbar“ sein.