Wie deutsche Parteien mit der Jahrhundert-Technologie „KI“ umgehen

vor 4 Monaten

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Donald Trump startet in den USA ein 500 Milliarden Projekt für Künstliche Intelligenz. China schockt die KI-Welt mit der neuen Entwicklung DeepSeek. Und Frankreich schwingt sich mit einer großen KI-Konferenz in dieser Woche zur Führungsnation in Europa auf. Und im deutschen Wahlkampf? Da steht KI für „Kein Interesse“.

In den öffentlichen Debatten und TV-Duellen kommt KI nicht vor. In den Programmen der Parteien wird KI immerhin angesprochen, wenn auch mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten.

Schauen wir uns die einzelnen Parteiprogramme dazu an:

Die Union beschreibt ihr KI-Engagement so: „Digitalisierung sowie souveräne KI- und Cloudanwendungen sind kein Luxus, sondern die entscheidende Voraussetzung für die Re-Industrialisierung unseres Landes. Wir brauchen ihre Innovationskraft, um wieder wettbewerbsfähig zu sein. Wir wollen die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen prägen. Dafür brauchen wir hochleistungsfähige digitale Infrastrukturen, insbesondere auch starke Rechenzentren.“

Und weiter: „Die Verordnung der EU („AI Act“) muss verantwortungsvoll, bürokratiearm und innovationsoffen umgesetzt und weiterentwickelt werden. Eine Übererfüllung lehnen wir strikt ab. Wir fördern und beschleunigen KI-Forschung, unterstützen die Entwicklung von Anwendungen und ermöglichen Freiräume. Die Risiken von KI müssen wir beherrschen, dürfen aber auf keinen Fall durch eine Überregulierung die Chancen und Vorteile verpassen. Sicherheitsbehörden müssen KI im notwendigen Rahmen nutzen können. KI in Mittelstand und Wissenschaft stärken. Dazu bauen wir mit Partnern aus der Wirtschaft eine branchenspezifische Mittelstandsberatung auf. Wir starten eine auf Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) zugeschnittene Initiative ‚KI im Mittelstand‘. Das Ziel ist eine niedrigschwellige Förderung von Transferprojekten in Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen und HAW. Zudem müssen Rechenkapazitäten für Forschung und Startups im KI-Bereich aufgebaut und permanent aufgerüstet werden. Wir schaffen einfache Zugänge für kleine und mittlere Unternehmen, Gründer und Wissenschaftler. Mit KI schneller verwalten. Mit dem Einsatz von KI bauen wir in Deutschland eine effiziente, vollständig digitalisierte Verwaltung für Bürger und Unternehmen auf, die rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche niederschwellig und nutzerfreundlich Serviceleistungen erbringen kann. Bei eindeutigen Sachverhalten wollen wir mit KI zu viel schnelleren Bescheiden kommen – wobei für die Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich immer ein Recht auf individuelle Überprüfung besteht.“

Die Union hat erkannt, dass Künstliche Intelligenz keine Sache der großen Konzerne alleine ist. Vor allen Dingen der deutsche Mittelstand muss KI schnell anwenden, um Produktivität zu steigern und konkurrenzfähig zu bleiben. Die Union erkennt offenbar auch die Notwendigkeit von enormen Rechenkapazitäten an – klammert aber das Thema der Energieversorgung für diese Riesenrechner aus.

Das Thema der Regulierung durch die EU wird mehr oder weniger beiläufig erwähnt. Kein Wunder: Schließlich sind die ganzen Regeln unter der Führung der CDU Frau Ursula von der Leyen entstanden. Auch hat die Union erkannt, dass gerade im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein enormes Potenzial für den Einsatz von KI liegt. Denn fast nirgendwo sonst gibt es so viele klar definierte Abläufe, Vorschriften und Regeln, wie in der deutschen Bürokratie. Daraufhin lässt sich KI sehr gut trainieren und dann auch einsetzen. Weil alles bis ins letzte Detail geregelt und vorgeschrieben ist.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen

Im AfD-Parteiprogramm ordnet man die wirtschaftliche Bedeutung von KI wie folgt ein: „Zu den Top-Branchen … zählen wir neben den Traditionsbranchen wie Automobilbau, Maschinenbau, Chemie auch moderne Hochtechnologien wie Dual-Fluid-Nukleartechnik, Weltraumtechnologie, Nano-Technologie und Künstliche Intelligenz. … KI-Systeme stellen einen großen Wachstumsmarkt dar, von diesen können und wollen wir uns in Deutschland nicht abkoppeln. Deshalb sind effektive gesetzliche Rahmenbedingungen notwendig, die den Einsatz zum Beispiel in Medizintechnik und Verkehrswesen ermöglichen. Voraussetzung für den Einsatz von KI ist jederzeit verfügbare kostengünstige Energie. Gleichzeitig kann KI aber auch ein Risiko speziell für kritische Infrastruktur, Verkehrstechnik und bürgerliche Freiheiten darstellen. Die zentralistische Regulierung dieser Themen durch die EU, wie durch den Cybersecurity Act, Ethik-Leitlinien für KI und den Artificial Intelligence Act lehnt die AfD ab und fordert praxisnahe, nationale Lösungen. Auch technologische Lösungen wie Künstliche Intelligenz (KI), Robotik und Digitalisierung oder ökonomische Produktivitätssteigerungen sind zur Bekämpfung eines etwaigen Fachkräftemangels konsequent umzusetzen.“

Die AfD bekennt sich zur Künstlichen Intelligenz als einem der Treiber für den künftigen Wohlstand und die künftige Wirtschaftskraft in Deutschland. Im Unterschied zu allen anderen Parteien spricht die AfD auch die Notwendigkeit von gesicherter Energieversorgung für KI deutlich an. Ebenfalls im Unterschied zu allen anderen Parteien fordert die AFD nationale Regelungen für den Einsatz von künstlicher Intelligenz und lehnt EU-Vorschriften konsequent ab.

Die AfD weist ebenfalls als einzige Partei darauf hin, dass in der Automatisierung durch Künstliche Intelligenz ein Schlüssel zur Bekämpfung des Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels liegt. Damit liegt die AfD richtig. Studien wie beispielsweise der Arbeitsmarktmonitor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts belegen, dass Digitalisierung und KI den Fachkräftemangel um einen vielfaches besser ausgleichen können, als Einwanderung aus dem Ausland.

Die SPD sieht in ihrem Progamm vor: „Mit fundamental neuen Technologien wie der Künstlichen Intelligenz (KI) oder der Quantentechnologie muss sich auch die Innovationspolitik des Bundes wandeln. Für uns steht deshalb die Weiterentwicklung der KI-Strategie an erster Stelle. Der Fokus soll dabei insbesondere auf der Entwicklung systemischer Innovationen liegen. Dazu zählen unter anderem der Aufbau von branchenspezifischen KI-Ökosystemen sowie die Entwicklung generativer Sprachmodelle für die Bereiche Medizin, Materialforschung und Bildung. Dabei soll auf die bestehenden Strukturen der KI-Landschaft in Deutschland aufgebaut werden. Auch bei der KI-Förderung wollen wir soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Projekte und Strukturen besonders berücksichtigen. … Wir reformieren das Betriebsverfassungsgesetz und werden die Mitbestimmung der Betriebsräte bei strategischer Personalplanung und -bemessung, bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz sowie bei Gesundheitsschutz und Weiterbildung im Betrieb zu echten Mitbestimmungsrechten mit Einigungserfordernis ausbauen. … Wir nutzen Automatisierung und Künstliche Intelligenz, um Verwaltungsprozesse zu beschleunigen und effizienter zu gestalten. So entlasten wir die Beschäftigten und verbessern den Service für die Bürgerinnen und Bürger. … Wir sorgen bei der Regulierung von digitalen Plattformen und Künstlicher Intelligenz für Augenhöhe zwischen Kreation und Technologie und für faire Vergütungsregeln. Für mehr Unabhängigkeit von chinesischen und amerikanischen Plattformen prüfen wir, inwieweit Alternativen für europäische Kulturproduzenten entstehen und gefördert werden können.“

Die SPD stellt die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz faktisch unter den Vorbehalt, dass diese sozial und gemeinwohlorientiert sein soll. Die Sozialdemokraten wollen Ökosysteme entwickeln, die also mehr oder weniger nach außen abgeschlossen auf dem deutschen und europäischen Markt funktionieren. Der Weltmarkt und der Austausch mit anderen Ländern und Regionen ist hier nicht erwünscht.

Erwünscht und sogar vorgeschrieben ist dagegen ein faktisches Vetorecht von Betriebsräten bei der Nutzung von KI in Unternehmen. Das verbirgt sich hinter dem Wort Einigungserfordernis. Wenn Betriebsräte und Mitarbeiter also nicht wollen, dann kann ein Unternehmen Künstliche Intelligenz nicht bei sich selbst nutzen. Und natürlich sollen auch die großen Online-Plattformen und andere globale Anbieter von KI strenger reguliert werden. Ein Dauerbrenner bei den Sozialdemokraten, wie beispielsweise die Finanztransaktionssteuer oder eine globale Mindestbesteuerung – die in jedem Wahlkampf herausgeholt werden, aber nie umsetzbar sind, weil niemand sonst auf der Welt hier mitmachen will.

Im grünen Parteiprogramm möchte man „die Digitalisierung der Wirtschaft und die Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen erleichtern“. Und weiter heißt es: „Dazu wollen wir die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI), die Etablierung robuster Cybersicherheitsstandards sowie die Stärkung digitaler Kompetenzen in Unternehmen gezielt fördern und Datenschutzbürokratie abbauen. Wir schaffen zudem passende Rahmenbedingungen für interoperable Standards und für einen sicheren und effizienten Datenaustausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Der Staat sollte als vertrauensvoller Referenzkunde seine Marktmacht als Einkäufer nutzen, um innovative digitale Produkte zu fördern. … Durch eine stärkere Offenheit und Förderung in Schlüsselbereichen wie KI, Quantentechnologie, Mikrochips, Biotechnologie, Robotik und Raumfahrt wollen wir wettbewerbsfähig bleiben und globale Trends mitgestalten können.

… Durch Modernisierung und Automatisierung, auch durch den Einsatz von KI, kann der Arbeitsaufwand für Verwaltungsprozesse geringer werden. … Freiheitsrechte und Bürger*innenrechte müssen auch im Digitalen durchgesetzt werden. Durch die rasanten Fortschritte von Künstlicher Intelligenz (KI) entstehen große Chancen, aber auch Risiken. Wir wollen KI im Rahmen unserer gemeinsamen Werte einsetzen, um große Innovationspotenziale zu heben und einen effektiven Schutz der Menschenrechte und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. Die Europäische Union (EU) hat mit der KI-Verordnung einen wichtigen Grundstein der Regulierung vorgenommen.“

In Sachen Regulierung ist für die Grünen momentan auch nicht alles in Ordnung. Doch während andere Parteien weniger Vorschriften wollen, sprechen sich die Grünen für noch weiter verschärfte Vorschriften aus. Die KI-Verordnung aus Brüssel ist für die Grünen nur ein Grundstein. Im Namen der Menschenrechte und der Diskriminierungsfreiheit sollen in Zukunft noch weitere Vorschriften erfunden und durchgesetzt werden.

Der Staat soll hier eine lenkende Funktion übernehmen. Einmal durch die bei den Grünen allseits beliebten Subventionen. Und gleichzeitig durch Staatsnachfrage, die gezielt europäische KI Entwicklungen nachfragen soll. Erst werden also Vorschriften und Verbote erlassen. Weil sich solche Entwicklungen am freien Markt wahrscheinlich nicht durchsetzen, soll also der Staat einspringen. Das wäre ein deutscher oder europäischer KI-Markt, der sich nur um sich selbst dreht.

Der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck

Die FDP formuliert: „Wir wollen Deutschland zu einem der stärksten Standorte für künstliche Intelligenz in der Welt machen. Der wichtigste Standortfaktor ist dabei die Verfügbarkeit von Trainingsdaten. Den europäischen AI-Act wollen wir in der Umsetzung deutlich innovationsfreundlicher gestalten. Einen vereinfachten Zugang zu Forschungsdaten wollen wir über ein Forschungsdatengesetz rechtssicher ermöglichen. ... Außerdem wollen wir einen KI- Bürgerassistenten einführen, der Bürgerinnen und Bürger bei digitalen Behördengängen unterstützt. … Die Lehrausbildung wollen wir bundesweit zu einem dualen Lehramtsstudium weiterentwickeln, das Theorie und Praxis eng miteinander verzahnt und einen stärkeren Fokus auf digitale und KI-Kompetenzen legt. … Ein KI-gestütztes Verkehrsmanagement soll Verkehrsströme intelligent steuern und die Infrastrukturnutzung optimieren.“

Die FDP gibt das Ziel aus, Deutschland zum führenden KI-Standort zu machen. Sie nennt aber keine konkreten Beispiele oder Branchen dafür. Das entspricht dem Credo der Partei, das Politik nicht voraussehen oder bestimmen kann, wo Innovationen in der Zukunft erfolgreich sind.

Die FDP betont die Bedeutung von Daten als Dreh- und Angelpunkt für Künstliche Intelligenz. Damit hat sie einen wichtigen Punkt benannt. Denn sowohl im öffentlichen Sektor, als auch bei privaten Unternehmen scheitern KI-Anwendungen meistens an der Verfügbarkeit von Daten und an der (mangelnden) Qualität der Daten. Die FDP hat ebenso wie die CDU erkannt, dass die öffentliche Verwaltung ein sinnvolles Einsatzfeld für künstliche Intelligenz ist.

Die Linke hält sich recht kurz: „Durch Künstliche Intelligenz erzeugte Medieninhalte müssen gekennzeichnet werden und die Plattformen haften bei Falschinformationen und Rechtsverstößen durch solche Inhalte. Die Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials für das Training von KI-Modellen muss vergütet werden.“

Der Linken ist Künstliche Intelligenz nur im Zusammenhang mit sogenannten „Fake News“ und „Manipulationen“ eine Erwähnung wert. Und natürlich müssen die großen Plattformen der Welt stärker kontrolliert werden.

„Digitalisierung kann das Leben erleichtern. Dabei kann es etwa um digitale Zugänge zu staatlichen Dienstleistungen, um Arbeitserleichterungen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz oder digitaler Technologien gehen. Die entscheidende Frage ist, welche Rahmenbedingungen die Politik setzt, um wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen, die Daten-Souveränität von Staat und Bürgern zu gewährleisten und dabei gleichzeitig diejenigen nicht zu vergessen, die einen Zugang zur digitalen Welt nicht haben oder nicht haben wollen. Verhindert werden muss, dass der zunehmende Einsatz digitaler Technologien zum gläsernen, totalüberwachten Bürger führt.“

Die Aussagen des BSW zur Künstlichen Intelligenz sind eine Ansammlung von Floskeln und Allgemeinplätzen. Nicht grundsätzlich falsch, aber letztlich inhaltsleer. Entweder fehlte der Partei das Know-how oder auch ausreichend Zeit für halbwegs konkretere Formulierungen und Ziele. Oder beides.

Lesen Sie auch von Andreas Moring:Von Imitation zu Innovation: Warum Chinas KI-Vormarsch keine Überraschung ist

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