Keine Lust auf Frieden? Wie Europas Politiker Trumps Pläne torpedieren

vor 2 Monaten

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Bildquelle: NiUS

In den Ukraine-Krieg ist in den letzten drei Wochen mehr Bewegung gekommen als in den drei Jahren davor. Je mehr sich da tut, desto klarer wird: Das, was sich da im Moment auf der Bühne der Weltpolitik abspielt, ist ein großer Kampf zwischen Leuten, die den Krieg fortführen und das Sterben verlängern wollen und denen, die sich Frieden wünschen und dem Massaker in der Ukraine ein Ende setzen wollen.

Zur ersten Spezies gehören der ukrainische Präsident Selenskyj und – mit der Ausnahme Viktor Orbáns – die Staatschefs praktisch aller EU-Länder. Auf der Gegenseite haben wir die Realpolitiker, die an einem Frieden in der Ukraine interessiert sind und das Gemetzel mit Drohnen, Raketen, Bomben, Lenkwaffen und immer mehr Drohnen beenden wollen – lieber heute als morgen.

Wolodimir Selenskyj mit Kommissionspräsidentin von der Leyen und Staatschefs beim EU-Gipfel in Brüssel

Auf Seiten der Realpolitiker, die den Krieg beenden wollen, stehen praktisch nur der amerikanische Präsident Donald Trump, sein Vizepräsident J.D. Vance, der neue Außenminister Marco Rubio und der ebenso frisch gekürte Verteidigungsminister Pete Hegseth. In zweiter Reihe können wir noch den Sicherheitsberater des Präsidenten, Michael Waltz, sowie Tulsi Gabbard, die neue Chefin der amerikanischen Geheimdienste, dazuzählen. Diese Phalanx, angeführt von einem fest entschlossenen Präsidenten Trump, steht heute praktisch allein für Frieden, Freiheit und Demokratie in der Ukraine und ein Ende des seit drei Jahren anhaltenden Mordens.

US-Präsident Donald Trump und sein Vize JD Vance verhandeln mit Putin über einen Frieden.

Das, was sich im Moment auf der Bühne der Weltpolitik in puncto Ukraine-Krieg abspielt, ist die größte Ironie in der Geschichte seit der Erfindung des Pazifismus und der Gründung der Friedensbewegung. Grüne, Sozialdemokraten und Linke auf der ganzen Welt, angeführt von den amerikanischen Demokraten, der EU-Kommission und den friedliebenden europäischen Regierungschefs, wollen einen sinnlosen Krieg perpetuieren. Exakt diejenigen Politiker, die andauernd über Frieden, Freiheit und Respekt reden und immer so wahnsinnig achtsam, human und herzig tun, wollen in der Ukraine um keinen Preis Frieden.

All die Grünen mit ihren Wurzeln in der Friedensbewegung, die ganzen Sozialdemokraten, die seit hundert Jahren von „Völkerverständigung“, „Arbeitern ohne Vaterland“ und „Frieden schaffen ohne Waffen“ reden, wollen nun einen Krieg, der weder der Ukraine noch dem Westen etwas bringt, auf Jahre hinaus weiter vorantreiben. Das lässt doch nur einen Schluss zu: All das, was uns Grüne, Sozialdemokraten, aber natürlich auch Christdemokraten und Liberale in den letzten fünfzig Jahren zum Thema Frieden erzählt haben, war entweder gelogen – oder wir haben es die ganze Zeit falsch verstanden. Diese Leute waren anscheinend überhaupt nie wirklich für Abrüstung und Frieden. Oder wenn sie doch jemals abrüsten wollten, dann nur, wenn es gegen den alten kommunistischen Ostblock ging, nach dem alten Motto: Lieber rot als tot. Geht es aber gegen einen konservativ-autoritären Staat wie das Russland unter Putin, dann ist Krieg anscheinend wieder okay.

Insbesondere Annalena Baerbock spricht von „Scheinfrieden“, der weder der Ukraine, noch der EU, noch den USA helfen würde und wirbt für „ein selbstbewusstes Agieren gegenüber der US-Administration“.

Aber selbst wenn eine Politik der Stärke nach außen in der Theorie nachvollziehbar wäre, ist es die Unterstützung speziell für die Ukraine keineswegs. Kein deutscher Politiker, von der EU-Kommission gar nicht zu reden, wurde gewählt, um möglichst viele Steuermilliarden in einem Land wie der Ukraine zu versenken, wo kein demokratischer Rechtsstaat existiert, wo es weder verfassungsmäßig garantierte Freiheiten noch ein funktionierendes Parlament gibt. Wo ein, wie Trump gesagt hat, „mäßig erfolgreicher Fernsehkomiker“ mit Hilfe des Oligarchen Ihor Kolomojskyj, der den größten Fernsehsender des Landes besaß, an die Macht gekommen ist und nun mit Kriegsrecht ohne Aussicht auf Wahlen durchregiert. In dieser Ukraine wird also, glaubt man den Legacy-Medien, die Zukunft eines freien und demokratischen Europas auf dem Schlachtfeld verteidigt.

Und was ist die Basis für diese Annahme? Was ist die historische Theorie dahinter? Woher wissen all diese Politiker, die Hofschranzen von EU und NATO und ihre Hofberichterstatter von den öffentlich-rechtlichen Medien eigentlich, dass es für uns alle so vorteilhaft ist, weiterzukämpfen? Warum sollen die europäischen Zivilgesellschaften immer neuere und noch schrecklichere Waffen mit noch größerer Reichweite und Tötungskraft an die Ukraine liefern? Und warum sollen die EU-Bürger, die selbst von einer Wirtschaftskrise in die nächste taumeln, ihr sauer verdientes Geld an die Ukraine überweisen? Wer sagt eigentlich, dass die deutsche Demokratie diesmal nicht am Hindukusch, sondern am Dnjepr verteidigt wird? Welche gut durchdachte, historisch akkurate und selbstverständlich faktengesättigte Theorie steht eigentlich hinter all den eisernen Durchhalteparolen, die alle so nach dem Kriegswinter von 1917/18 klingen?

Peinlicherweise ist es die alte, falsche Dominotheorie. Kurz zur Erinnerung: Die Dominotheorie war ein geopolitisches Konzept des Kalten Krieges, das vom amerikanischen Politstrategen George F. Kennan erdacht und von Präsident Dwight D. Eisenhower ab 1954 propagiert wurde, um Stellvertreterkriege gegen die Sowjetunion und speziell den Vietnam-Krieg (1965–1973) zu rechtfertigen. Die zentrale Aussage war: Wird Vietnam kommunistisch, dann werden seine Nachbarländer (Laos, Kambodscha, Thailand) ebenfalls kommunistisch – ähnlich einer Reihe umstürzender Dominosteine. Diese Theorie bildete die strategische Rechtfertigung für acht Jahre Vietnam-Krieg, 58.220 tote und 153.000 verwundete amerikanische Soldaten und 1,3 Billionen an amerikanischen Steuergeldern.

Lyndon B. Johnson besucht amerikanische Truppen in Vietnam.

Bedauerlicherweise erwies sich diese damals tausendfach wiederholte Theorie als falsch – obwohl Südvietnam 1975 kommunistisch wurde, breitete sich der Kommunismus in der Region nicht aus. Thailand, Malaysia und Indonesien wurden nicht kommunistisch, während interne Konflikte zwischen Vietnam und China wegen des Terrorregimes der Roten Khmer in Kambodscha die Idee eines geeinten kommunistischen Blocks ad absurdum führten.

Und diese historisch vollkommen diskreditierte Theorie einer längst vergangenen Epoche wird uns jetzt als Grund für einen neuen Krieg, für erneute Aufrüstung und exorbitante Militärausgaben präsentiert. Eine Theorie, die auf einem Worst-Case-Szenario basiert und daraus extreme Bedrohungsszenarien extrapoliert, wie jenes, das besagt: Stoppen wir Putin nicht in der Ukraine, dann wird er sich bald auch die baltischen Staaten, Moldawien, Polen und wer weiß was noch unter den Nagel reißen. Wie einst in Südostasien werden jetzt auch bei uns in Europa Länder und Staaten wie Dominosteine an Putin fallen. Außer wir halten kriegerisch dagegen.

Eine solch absurde, rein metaphorische Theorie also gibt jetzt die Rechtfertigung ab für ein Engagement der NATO in der Ukraine. Dieses fragwürdige Katastrophenszenario, von politischen Ohrensesselstrategen erdacht und von Mainstream-Journalisten mit Bachelor-Abschlüssen in Kommunikationswissenschaften tausendfach wiederholt, muss jetzt die Legitimation für die Aufnahme der Ukraine in EU und NATO abgeben, was dazu führen könnte, dass jedes spätere Grenzscharmützel den Bündnisfall provozieren und einen Atomkrieg auslösen könnte.

Auch wenn niemand ausschließen kann, dass Putin irgendwann auch andere Staaten angreifen könnte, heißt das noch lange nicht, dass der Krieg in der Ukraine nun stur nach dem Vorbild von Vietnam weitergeführt werden muss – in der vagen und militärisch gesehen vollkommen unrealistischen Hoffnung, dass wenige und mit maximalen Opfern erkaufte Geländegewinne der Ukraine Putin an den Verhandlungstisch zwingen würden, wo er dann der Wiederherstellung der Ukraine in den Grenzen vor 2014 fröhlich zustimmte. Diese Annahme ist vollkommen realitätsfern. Allein die Amerikaner mit ihrer geballten Militärmacht – und auch dann nur bei Risiko eines atomaren Konflikts – könnten das Territorium der Ukraine vor 2014 wiederherstellen. Aber die wollen das nicht.

Womit wir bei den Friedensinitiativen der Regierung Trump wären. Trump hat wie niemand sonst erkannt, dass der Ukraine-Krieg so schnell wie möglich beendet werden muss. Aber nicht allein wegen der Toten und Verwundeten (die spielen für ihn auch eine Rolle), sondern in der Hauptsache, weil die neue geopolitische Strategie der USA das gebietet. Russland ist nämlich, schaut man die ganze Weltkugel an, nicht der wahre Feind der USA. Das ist die Volksrepublik China.

China, das sich wirtschaftlich immer so fortschrittlich und modern gibt, lebt ideologisch nach wie vor in der kommunistischen Steinzeit. China ist ein Einparteiensystem und wird es bleiben; China ist ein Land, das militärisch und wirtschaftlich mit aller Kraft an die Weltspitze drängt, das aber innenpolitisch vor riesengroßen Problemen steht. Weshalb die chinesische Führung mit einer martialischen und nationalistischen Ideologie versucht, ein zunehmend verarmendes, demografisch schrumpfendes und geistig unterdrücktes Volk bei Laune zu halten.

Trump traf Chinas Präsident Xi Jinping während seiner ersten Amtszeit in Beijing.

Der größte und potenziell gefährlichste Konflikt des 21. Jahrhunderts ist der zunehmende Antagonismus zwischen China und den USA. Und weil Trump das weiß, ist ihm bewusst, dass ein Zwei-Fronten-Krieg mit Russland und China nicht zu führen ist und selbst die riesigen Kräfte der USA erschöpfen würde.

Deshalb will Trump mit Russland Frieden schließen und sogar die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder aufnehmen, um sich a) mit maximalen Ressourcen auf die kommende Auseinandersetzung mit China konzentrieren zu können und b) Russland aus der Abhängigkeit von China wieder herauszulösen. Wer das verstanden hat, der begreift schlagartig, was die vielen strategischen Initiativen rund um die Ukraine, die Trump in nur vier Wochen angestoßen hat, in Wahrheit bedeuten.

In erster Linie will Trump schnell einen Waffenstillstand erreichen, der die Voraussetzung für einen späteren Friedensvertrag darstellt. Damit wäre der augenblicklich größte akute Konfliktherd auf der Welt ausgeschaltet. Wenn europäische Staaten dann auf eigene Kosten eine Friedenstruppe bilden und die Einhaltung des Friedens überwachen (und finanzieren) wollen, dann kann Trump das nur recht sein, weil die USA – außer als nuklearer „Backstop“, wie der britische Premier Keir Starmer es genannt hat – aus dem Spiel sind und die amerikanischen Steuergelder wieder zurück zu den amerikanischen Bürgern fließen können.

Da die Staatsverschuldung der USA seit den Corona-Jahren explodiert ist (122,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) und der Schuldendienst des Landes pro Jahr 72 Prozent der Militärausgaben ausmacht, muss die Trump-Regierung sparen, wo es geht – was ebenfalls ein Grund für einen schnellen Friedensvertrag darstellt. Und auch die Forderung Trumps, dass die Ukraine mit Seltenen Erden und Mineralien (Lithium, Titan, Mangan, Graphit) für die bislang von den Amerikanern geleistete Unterstützung bezahlt, ist im neuen geopolitischen Framework viel besser zu verstehen. China hat sich mit vielen Deals in Afrika und maximaler Förderung im eigenen Land ein weltweites Quasi-Monopol auf diese für Elektronik, Batterien und Chip-Technik notwendigen Rohstoffe gesichert – ein Monopol, das die Zukunftsfähigkeit der amerikanischen Industrie empfindlich einschränken könnte.

Es ist also in jeder Hinsicht vernünftig und richtig, dass Trump sich von der Ukraine die entsprechenden Rechte zusichern lässt. Genauso vernünftig ist, dass Trump die durch den Ukraine-Krieg und die von den Westmächten verhängten Sanktionen entstandene Achse zwischen China und Russland (die bis Teheran reicht) aufbrechen und Russland in den Orbit der Westmächte zurückholen will, was nur mit einem Friedensschluss zwischen Moskau und Kiew funktioniert.

Trump und seine neuen Minister arbeiten also an einer großen Neuausrichtung der amerikanischen Geopolitik, die heute schon einen Krieg mit China (vermutlich wegen Taiwan) antizipiert – eine Politik, die man als neue Monroe-Doktrin begreifen kann. Im Gegensatz zur alten Monroe-Doktrin aus dem Jahre 1823, die Amerika für die Amerikaner beanspruchte und die europäischen Kolonialmächte vor einer Intervention in Amerika warnte, dafür aber einen Verzicht auf Einmischung der USA in europäische Konflikte zusicherte, besagt diese neue „Trump-Doktrin“: Die Europäer müssen ihre militärischen Konflikte zunehmend selbst lösen und ihre Verteidigungsausgaben dafür massiv erhöhen. Wollen sie weiterhin den atomaren Schutzschirm der USA, dann müssen sie dafür bezahlen – oder ohne Schirm im Regen stehen. Überhaupt interessieren die Amerikaner die europäischen Binnenkonflikte in Zukunft kaum mehr, weil die nächsten Schlachten im Pazifik geschlagen werden.

Deshalb wäre es wahnsinnig wünschenswert, wenn all die europäischen EU-Provinzpolitiker, die ohne Soldaten, ohne Waffen und ohne Geld Tag für Tag den Krieg in der Ukraine verlängern wollen, begriffen, dass das Ende der militärischen Fahnenstange für sie erreicht ist und sie sich zukünftig besser um den Aufbau ihrer Volkswirtschaften und die Renovierung ihrer maroden Infrastruktur kümmerten.

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