Linke feiern sie als „Oma gegen rechts“: Wie Merkel gegen Merz mobil macht

vor 3 Monaten

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Die böse Ahnung vieler CDU-Mitglieder hat sich bestätigt: Angela Merkel ist die (Alt-)Kanzlerin einer anderen Partei. Seit ihrem Abgang flirtet sie noch offener mit  Roten und Grünen als zu ihrer Amtszeit. Jetzt fällt sie sogar dem Kanzlerkandidaten der Union in den Rücken. In der jetzt schon legendären Debatte um den Entschließungsantrag der Union für eine Wende in der Migrationspolitik appellierte der Abgeordnete Christian Görke (Linke) an Friedrich Merz: „Beenden Sie diesen Irrweg und hören Sie auf Ihre ehemalige und unsere Kanzlerin Angela Merkel …“

„Ihre ehemalige und unsere Kanzlerin Angela Merkel“ – damit sprach MdB Görke ein großes Wort gelassen aus: Die Frau, die 18 lange, sehr lange Jahre an der Spitze der CDU stand, ist die (Ex-)Kanzlerin der Grünen und Linken. Als solche macht sie ihrer Partei weiterhin das Leben schwer – siehe ihre jüngste Intervention, als sie es als „falsch“ befand, „sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“

Schon vor fast genau fünf Jahren hatte sie, im fernen Südafrika weilend, die Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich im Thüringer Landtag unter anderem mit den Stimmen der AfD-Fraktion einen „unverzeihlichen Vorgang“ genannt, dessen Ergebnis „wieder rückgängig gemacht werden“ müsse. Das sah sie ebenso wie Robert Habeck, der gesagt hatte: „Die Situation muss sofort bereinigt werden, die eingerissene Brandmauer muss wieder aufgerichtet werden.“ Es sei gar nicht auszudenken, wenn so etwas im Bund geschähe. Die Situation wurde sofort bereinigt, Kemmerich zum Rücktritt gedrängt und der abgewählte Linke Bodo Ramelow wieder eingesetzt. Die Intervention der Kanzlerin wurde zwei Jahre später vom Bundesverfassungsgericht gerügt: Mit ihrer Äußerung habe Merkel das Recht auf Chancengleichheit der Parteien – in diesem Fall das der AfD – verletzt. Konsequenzen hatte die höchstrichterliche Zurechtweisung für die Kanzlerin nicht. Die Ungeheuerlichkeit, die verfassungskonforme Wahl eines Ministerpräsidenten annullieren lassen zu wollen, obwohl sie als Kanzlerin erstens nicht zuständig und zweitens zu Neutralität verpflichtet war, blieb für Merkel folgenlos.

Nicht nur in dieser Frage fiel Merkel ihrer Partei in den Rücken. Was sie als „Modernisierung“ verkaufte, war die Sozialdemokratisierung der CDU, die Verschiebung des Parteienspektrums insgesamt nach links. Was vorher Mitte war, war nun „rechts“. Wahltaktisch war diese „asymmetrische (De-)Mobilisierung (eher linke Themen wurden übernommen, um linke Wähler einzuschläfern) für die Union erfolgreich“, resümierte der Journalist Philip Plickert in der kritischen Bilanz ihrer Kanzlerschaft. „Doch auf die Dauer hat Merkel damit viel Raum rechts neben der CDU gelassen“.

Das Jahr 2000: Friedrich Merz war damals noch finanzpolitischer Experte der Union – Merkel noch Generalsekretärin.

Ein Raum, den die AfD füllte, eine Partei, die sich schon ausweislich ihres Namens als Gegenentwurf zu Merkels angeblich „alternativloser“ Politik versteht. Diese Partei entstand, weil Merkel die CDU auf links zog, indem sie sie programmatisch entkernte und personell ausdünnte. Fast zynisch mutet daher ihr Spruch an, den Merkel eben bei einem Interviewabend der Zeit im Hamburger Schauspielhaus raushaute: „Als ich aus dem Amt schied, hatte die AfD elf Prozent. Dass sie jetzt bei 20 liegt, ist echt nicht meine Verantwortung.“ Es wurde herzlich gelacht.

Selbstverständlich trägt sie die Verantwortung, ist doch keines der Probleme, die sie hinterließ, auch nur annähernd in Angriff genommen, geschweige denn gelöst worden. Eher haben sie sich verschärft, vor allem wegen der anhaltenden illegalen Migration, für die sie die Schleusen öffnete. Die Grenzen nicht zu schließen, sei eine Entscheidung, die sie „nach wie vor für richtig" halte. Wie sie auch generell findet, „im Großen und Ganzen nichts falsch gemacht“ zu haben. „Und das andere ist, von einer Bundeskanzlerin erwartet man, dass die irreguläre Migration reduziert wird, und das haben wir sehr gut geschafft“, stellte sie wahrheitswidrig beim Zeit-Abend fest. Das „progressive“ Publikum wird es ihr geglaubt haben, im linken Lager wird Merkel gefeiert. Sie wolle nur noch „Wohlfühltermine“ wahrnehmen, hat die Altbundeskanzlerin beim ersten Auftritt nach dem Ende ihrer Kanzlerschaft vermeintlich scherzhaft gesagt. Tatsächlich genoss sie bei der Verabschiedung des Grünen-Politikers Jürgen Trittin im Mai vergangenen Jahres das Bad in der Menge. Noch bedauert sie, dass es nach der Bundestagswahl 2013 nicht zu einem Bündnis zwischen Konservativen und Grünen gekommen ist.

Die taz vom 31. Januar bildete Merkel auf der Titelseite ab – mit der Zeile „Oma gegen Rechts“. Merkel störte das nicht – im Gegenteil. Auch vom Linken Christian Görke als seine Kanzlerin tituliert zu werden, dürfte ihr keine Bauchschmerzen bereiten. Tatsache ist, dass Merkel so ziemlich alles umsetzte, wovon Linke und Grüne träumten: der Atomenergie den Stecker zu ziehen(spontan beschlossen, weil am Ende des Planeten ein Kernkraftwerk infolge eines Seebebens havariert war), „Refugees welcome“, politische Marginalisierung des klassischen Bürgertums, Aussetzen der Wehrpflicht, „Ehe für alle“ und so weiter, den ganzen rot-grünen Strauß.

Die „Oma gegen Rechts“ in der taz.

Natürlich setzte sie das alles nicht allein ins Werk. Gegrummelt wurde in der CDU eher im Keller, auf den Parteitagen entboten zahllose Klatschhasen ihr zehnminütige stehende Ovationen. Wer ihren Kurs nicht mittragen wollte, wie Friedrich Merz, wurde abgesägt. Seinen Wiedereinstig in die Politik als CDU-Chef nach Jahren des Exils torpedierte sie zweimal erfolgreich, erst der dritte Versuch misslang. Jetzt scheint es ihr ein Herzensanliegen zu sein, zu verhindern, dass Merz Bundeskanzler wird.

Das Jahr 2000: Friedrich Merz war damals noch finanzpolitischer Experte der Union – Merkel noch Generalsekretärin..

Klar, dass sie den Ehrenvorsitz einer Partei, die „ihr nahesteht“, ausgeschlagen hat, so zynisch ist nicht einmal Merkel, auch wenn sie sonst wenig Skrupel hatte, ihren Willen durchzusetzen. Man denke nur an die Ministerpräsidentenkonferenzen in den Corona-Jahren, auf denen am Ende immer das beschlossen wurde, was Merkel wollte. Nur einmal fiel sie auf den Bauch, als sie 2021 eine „Osterruhe“ wollte, wie der geplante Shutdown beschönigend genannt wurde. Ansonsten erklärte sie die evidenzlose Beschneidung von Grundrechten als „alternativlos“, die Grundrechte selbst als „Privilegien“, die ihre Untertanen durch die Bereitschaft zum „Piks“ wiedererwerben könnten. Greta Thunberg und Luisa Neubauer von Fridays for Future gewährte sie eine Privataudienz. Mit Olaf Scholz kam Merkel bestens zurecht. Nicht zufällig ließ der sich 2021 für das SZ-Magazin 2021 mit zur Raute gefalteten Händen fotografieren, dem notorischen Markenzeichen Merkels. Dem Spiegel sagte sie im November vergangenen Jahres zum Aus der Ampel-Regierung, ihr spontaner Gedanke beim Anblick der Auseinandersetzungen zwischen Scholz und Lindner sei gewesen: „Männer!" Das dürfte Annalena Baerbock gefallen haben, die kürzlich im Bundestag behauptete: „Wenn Männer nicht mehr weiterwissen, werfen sie mit dem Wort Lüge um sich.“ Männer! Da verdrehen „starke Frauen“ wie Merkel und Baerbock die Augen.

Sie gab sich als überlegt wirkende Übermutter, während sie den Grünen freie Bahn gewährte, und all das im Einklang mit den linksgrünen Medien. Konservative waren stummgeschaltet, wer die Rückkehr zu den Wurzeln der Partei angemahnt hätte, wäre als ewiggestrig erledigt gewesen. Bis vor kurzem funktionierte dieser Mechanismus noch ganz gut, doch je offener die Probleme der Migrationspolitik zutage treten und sich verschärfen, desto stärker gerät ihr Erbe ins Wanken. Hatte Friedrich Merz noch lange vermieden, einen offenen Bruch mit der von manchen für ein Trojanisches Pferd Erich Honeckers gehaltenen Altkanzlerin zu wagen, gab er nach den Morden von Aschaffenburg seine Zurückhaltung auf: „Das Maß ist endgültig voll. Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer in Deutschland, seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik.“ Merkel hingegen findet es „nach wie vor nicht richtig“, Asylbewerber an der Grenze zurückzuweisen. Dass die Dominanz der Merkelianer schwindet, zeigt aber schon die Tatsache, dass Merz bei der Abstimmung über das „Zustrombegrenzungsgesetz“ nur zwölf Kollegen aus der CDU-Fraktion von der Fahne gingen.

Die „Mutti“ wird 70.

Neuerdings bezeichnen sich alle Parteien links der AfD als „demokratische Mitte“, auch Merkel stimmt da selbstredend ein und bemüht den Begriff bei jeder Gelegenheit, um die AfD als vermeintlich undemokratisch auszuschließen. Merkel begründete das schon 2017 damit, „dass sich kleine Gruppen aus unserer Gesellschaft anmaßen zu definieren, wer das Volk ist.“ Das Volk aber sei „jeder, der in diesem Lande lebt“.

Merkel hingegen maßt sich wie selbstverständlich an, Volk und Bevölkerung mal eben gleichzusetzen (was im Grundgesetz als Volk gemeint ist, sind für Merkel „schon länger hier Lebende“) und zu definieren, wer Demokrat und wer „Demokratiefeind“ ist. Einmal darf man raten, wo sie Friedrich Merz verortet, wenn dieser in einer Frage gemeinsam mit einer „nicht demokratischen“ Partei abstimmt. Der ihr „nahestehenden“ Partei (Merkel) schadet sie ganz bewusst, schließlich soll die „Brandmauer“ die Regierungsbeteiligung linker Parteien auf ewig sicherstellen, damit nie wieder konservative Politik von deutschem Boden ausgeht. Weniger feinfühlig könnte man ihre jüngsten Interventionen als parteischädigendes Verhalten auslegen. Doch noch schreckt man vor einer Distanzierung von der Übermutter zurück. Sicher ist nur, dass man dereinst über Merkels Verzicht auf den Ehrenvorsitz der Partei erleichtert sein wird. Einstweilen ist es noch nicht so weit, zu schwer lastet „Muttis“ Schatten auf der CDU, und schon morgen kann sie wieder irgendwo „zwei, drei Knöpfe drücken“, um Merz fertigzumachen (NIUS berichtete).

Der hält sich mit öffentlichen Reaktionen zurück. Er habe nach ihrer Einmischung ins aktuelle Geschehnis keinen Kontakt mehr mit ihr gehabt: „Wir haben im letzten Jahr ihren 70. Geburtstag ausgerichtet“, sagte der Kanzlerkandidat eben der Berliner Morgenpost. „Ihre Wortmeldung habe ich zur Kenntnis genommen.“

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