Wieder ein Dinner mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts?

vor etwa 2 Monaten

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Bildquelle: Tichys Einblick

Es ist schon ein paar Jahre her, dass sich die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Richtern des Bundesverfassungsgerichts zum Abendessen im Bundeskanzleramt getroffen hat. Thema am Abendbrottisch war damals unter anderem die Corona-Politik – trotz laufender Verfahren am Bundesverfassungsgericht. Den damaligen Verfassungsgerichtspräsidenten Stephan Harbarth gibt es auch heute noch in gleicher Funktion: Präsident.

Wenn es nun – wie von mehreren Seiten geäußert – zu einem Eilantrag kommt, um die geplante Sondersitzung des alten Bundestages für die Abstimmung über zusätzliche Schulden in Höhe von 500 Milliarden Euro und die Lockerung der Schuldenbremse zu stoppen, lautet der Empfänger abermals Stephan Harbarth.

Immerhin war er zuvor neun Jahre selbst Mitglied des Deutschen Bundestages und des CDU-Bundesvorstands gewesen. Nach dieser Zeit einen persönlichen wie inhaltlichen Bruch zu vollziehen, um nun die Unabhängigkeit als Richter vollends zu erfüllen, bedarf sicher einer großen persönlichen Stärke.

Den Vorwurf der Befangenheit, weil nur Tage nach dem gemeinsamen Essen über die sogenannte Bundesnotbremse zu Corona entschieden wurde, räumten die Verfassungsrichter mit folgender Begründung selbst ab:

„Treffen zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch zwischen dem Bundesverfassungsgericht und der Bundesregierung als solche, damit auch das hier fragliche Treffen vom 30. Juni 2021,“ ist „ein zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeigneter Grund.“

Schließlich seien abstrakte und zeitlose Fragestellungen erörtert worden, ohne konkreten Bezug zu anhängigen Verfahren. Wenn Richter Harbarth nun wirklich jenen Eilantrag auf den Tisch bekommt, um über die geplante Sondersitzung des alten Bundestages für die Abstimmung über zusätzliche Schulden in Höhe von 500 Milliarden Euro und die Lockerung der Schuldenbremse zu befinden, ist die Tragweite der Entscheidung gewaltig. Inwieweit darf ein nur noch geschäftsführender Bundestag so weitreichende und bindende Entscheidungen für den neu gewählten, aber noch nicht konstituierten Bundestag treffen?

Die Tragweite ist vergleichbar mit der damaligen Corona-Entscheidung. In deren Folge gab es Impf-Geschädigte, psychisch kranke Kinder und Jugendliche, zerrüttete Familien und Menschen, deren wirtschaftliche Existenz vollständig vernichtet wurden.

Herrn Harbarth als Vertreter der Obersten Gerichtsbarkeit wurde in der Vergangenheit – gerade in Ost-Deutschland – ein starkes Misstrauen entgegengebracht. Wir dürfen gespannt sein, ob sich dieses Misstrauen nach der Entscheidung zum Eilantrag verringert oder noch weiter verstärken wird.

Saskia Ludwig ist seit 2004 Abgeordnete im Landtag Brandenburg. Ludwig war von Juni 2010 bis September 2012 Landesvorsitzende der CDU in Brandenburg und führte vom Januar bis Oktober 2009 sowie vom April 2010 bis September 2012 die CDU-Landtagsfraktion. Von Dezember 2019 bis Oktober 2021 war sie zudem Mitglied des Deutschen Bundestages, dem seit der Bundestagswahl 2025 wieder angehört.

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