
Wenn die frühere Masseneinwanderungskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch zehn Jahre nach ihrem Willkommensputsch behauptet, es sei unmöglich gewesen, die deutschen Grenzen zu schließen, so ist auch das eine von vielen Unwahrheiten. Der 30 DIN-A-4 Seiten lange Einsatzplan der Bundespolizei lag fix und fertig im Schreibtisch des damaligen Bundespolizei-Präsidenten. Was fehlte, war die Freigabe durch die Politik.
VON EINAR KOCH*
„Es ist soweit!“ Mit diesen knappen Worten meldet sich Dieter Romann (CDU), Ex-Präsident des Bundespolizeipräsidiums und Deutschlands oberster Grenzschützer, bei seinen führenden Beamten. Es ist Samstag, der 12. September 2015 am frühen Abend, als er den Befehl gibt, die Grenzschließung gegen den Massenansturm von Migranten vorzubereiten. Dazu sollte es nie kommen, weil die deutsche Bundesregierung unter der Masseneinwanderungskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem historischen Ausmaß versagte!
Keine 24 Stunden später, am Sonntag den 13. September um 18 Uhr, sollten an den Übergängen von Österreich nach Bayern die Schlagbäume runtergehen, Polizeikellen Fahrzeuge rauswinken, alle Reisenden kontrolliert werden. Wer keinen Pass oder kein Visum hatte, sollte abgewiesen werden.
Die Botschaft, die in alle Welt hinausgehen sollte: Deutschland macht dicht! „Refugees welcome is over“! – eine Woche, nachdem es Romanns Parteifreundin Angela Merkel vorsätzlich unter Bruch ihres Amtseides versäumt hatte, Deutschlands Grenzen zu schließen.
So schien es jedenfalls in jener Nacht vom 12. auf den 13. September 2015, als sämtliche Einheiten der Bundespolizei in Alarmbereitschaft versetzt wurden und sich 21 Hundertschaften auf den Weg an die deutsch-österreichische Grenze machten. Mit Bussen wurden die Beamten aus ganz Deutschland herangefahren. Dieses Großmanöver war sorgfältig geplant. CDU-Mitglied Romann, ehemaliger deutscher Karate-Meister in seiner Gewichtsklasse, nutzte dazu eine Tarnung:
In Hamburg, also im hohen Norden der Republik, waren an jenem Samstag viele seiner Beamten im Einsatz. Sie halfen dort, den Aufmarsch „Tag der Patrioten“ und potenziell gewaltbereite Gegendemonstranten der sogenannten „Antifa“ in Schach zu halten. Aber unweit war bereits ein provisorischer Hubschrauberlandeplatz eingerichtet.
Chef der Bundespolizei bereitet die Grenzschließung vor
Als Samstagabend der Befehl kam, wurden Hunderte von Polizisten in Wellen von Hamburg an die Grenze in den Alpen geflogen. Um eine Grenze, an der Wachhäuser und Schlagbäume schon vor Jahren abgebaut worden waren, über Nacht wieder „scharf“ zu stellen.
Dafür brauchte man nicht nur sehr viele Beamte, sondern auch jede Menge schweres Material: Container, Zelte, Lichtmasten, Pionierzeuge. Das war größtenteils schon vor Ort. Ohne Wissen der Politik hatte der Chef der Bundespolizei dafür gesorgt, dass eine kurzfristige Grenzschließung jederzeit möglich gewesen wäre!
Der oberste Bundespolizist bediente sich einer List – denn: Erst im Juni 2015 hatte in der Region der G-7-Gipfel von Elmau stattgefunden, der größte Polizeieinsatz des Jahres. Romann hatte danach einen Großteil des Materials einfach vor Ort einlagern lassen.
Als am Sonntag des 13. September um 17.30 Uhr tatsächlich Einsatzbereitschaft gemeldet wurde, fehlte zur Grenzschließung nur noch ein allerletzter Befehl. Auch der war bereits geschrieben. Er umfasste dreißig DIN-A-4 Seiten. Entscheidend waren aber nur wenige Worte: Asylsuchende sind abzuweisen! Wer nicht einreiseberechtigt war, sollte auch im Falle eines Asylgesuches zurückgewiesen werden. Jetzt fehlte nur noch das „Go“ der Politik. Es sollte nie kommen.
Dieter Romann spricht als loyaler Beamter öffentlich nicht oder nur wenig über den Herbst 2015. Aber es ist möglich, seine Rolle in jenen Wochen in Gesprächen mit Polizisten und Ministerialbeamten zu rekonstruieren. Der Polizeichef ist promovierter Verwaltungsjurist und war im Bundesinnenministerium Referatsleiter für die Bereiche Ausländerterrorismus und Ausländerextremismus. Schon aus dieser Erfahrung heraus ist seine Einstellung zur „Willkommenskultur“ eher nüchtern. Im Büro raucht er selbst gedrehte Zigaretten und spricht, obwohl er lange Ministerialbeamter war, eher die Sprache seiner Polizisten als die von Politikern.
Exklusive DVD-Vorführung für Politik-Versager
Vielleicht ist das der Grund, warum der Bundespolizei-Chef glaubte, die Politik mit einem Video aufrütteln zu müssen: Im Frühjahr und Frühsommer 2015 zieht Romann mit einer selbst gebrannten DVD durch das politische Berlin. Es gibt persönliche Vorführungen im Innenministerium, im Kanzleramt und beim damaligen SPD-Chef Sigmar Gabriel. Es sind Aufnahmen von Flüchtlingen auf der Balkanroute; sie stammen von Bundespolizisten, die zur Amtshilfe nach Serbien entsandt worden waren.
Dramatischer Höhepunkt des Clips war eine Kamerafahrt, die eine schier endlose Menschenkolonne an der serbisch-mazedonischen Grenze zeigt. Romann berichtete seinen Zuschauern in der Politik von fallenden Schlepperpreisen für die einzelnen Etappen auf der Balkanroute. Er beschrieb, wie Kriminelle und staatliche Stellen dort Hand in Hand arbeiteten. Und er erzählte eine Anekdote, die später die Runde machen sollte:
Die mazedonische Staatsbahn habe eigens zusätzliche Züge ausgeliehen, um alle Migranten in Richtung Deutschland weiterbefördern zu können – und damit das erste positive Betriebsergebnis ihrer Geschichte erwirtschaftet!
Romanns Botschaft lautete: Es sind zu viele, die da ankommen! Sie werden gezielt zu uns geschickt. Wir müssen sie an der Grenze abweisen!
Schnell folgten die sattsam bekannten Einwände der Bedenkenträger: nicht durchführbar; das Asylrecht fordert individuelle Einzelfallprüfung usw.!
Romann konterte jedes Mal mit Artikel 16 des Grundgesetzes. Zwar heißt es dort „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“, aber schon der zweite Absatz schränkt ein: „Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Drittstaat einreist“. Das galt und gilt bis heute für alle Nachbarländer Deutschlands.
Jene Schicksalstage im September 2015 sollten Deutschland tiefgreifend und dramatisch bis zur Unkenntlichkeit verändern: 40.000 Migranten überquerten allein an einem einzigen Wochenende die deutsch-österreichische Grenze – die Karawane schien nicht abreißen zu wollen.
Dabei hätte sie gestoppt werden können, wenn die Politik nur gewollt hätte!
*Einar Koch, Jahrgang 1951, war von 1992 bis 2003 Leiter der Parlamentsredaktion der „Bild“-Zeitung in Bonn und Berlin, Politik-Chef des Blattes und zuletzt Politischer Chefkorrespondent.