
Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) analysiert schonungslos den Zustand der deutschen Wirtschaft. Sie spricht von einer „Insolvenzwelle in Deutschland“, wie der Tagesspiegel berichtet. Drei Jahre ohne Wirtschaftswachstum schlagen sich nicht nur in der Zahl der Insolvenzen, sondern auch in den Unternehmensschließungen nieder. Die wenigsten Unternehmen schließen aufgrund einer Insolvenz – neun von zehn Unternehmen beenden ihr Geschäft, ohne pleite zu sein. Während über Insolvenzfälle oft berichtet wird, sterben die meisten Firmen eher im Stillen.
196.100 Unternehmen haben 2024 für immer geschlossen – 16 Prozent mehr als im Vorjahr. 2023 lag der Anstieg mit 2,3 Prozent noch deutlich niedriger. Das zeigen aktuelle Daten des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und von Creditreform. Der höchste Stand seit mehr als 20 Jahren.
Auffällig ist der starke Anstieg der Schließungen von Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern – ein Trend, der sich im dritten Jahr in Folge fortsetzt. 2024 wurden 4.050 solcher Betriebe abgemeldet, fast doppelt so viele wie in einem durchschnittlichen Jahr. Von der Schließungswelle sind alle Branchen betroffen.
Der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung nennt die Situation „alarmierend“.
Für Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, ist das „alarmierend“. Besonders leidet das verarbeitende Gewerbe mit rund 19.000 Stilllegungen ganzer Unternehmen, 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Allein in energieintensiven Bereichen wurden 1.050 Betriebsschließungen registriert: ein Anstieg um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In der Chemie- und Pharmaindustrie gaben 360 Unternehmen auf, der höchste Stand seit mehr als 20 Jahren. „Da geht viel wirtschaftliche Substanz verloren“, warnt Studienautorin Sandra Gottschalk. Energieintensive Produktion rentiere sich in Deutschland oft nicht mehr, das werde sich langfristig auch nicht ändern – selbst wenn die neue Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionspapier wahr macht.
Auch bei technologieintensiven Dienstleistungen stieg die Zahl der Schließungen mit 24 Prozent überdurchschnittlich stark. Dazu zählen IT, Produktionsentwicklung, Umwelttechnik und Diagnostik. 2024 schlossen rund 13.800 Unternehmen dieser Branche. „Tatsächlich müsste dieser Sektor als Zukunftsbranche wachsen. Doch es herrscht ein gravierender Fachkräftemangel. Das führt dazu, dass nicht genug Aufträge angenommen werden können, um wirtschaftlich zu arbeiten“, erklärt Gottschalk.
Der Reisekonzern FTI aus München meldete Insolvenz an.
Bekannte Unternehmen, die 2024 insolvent wurden:
Fazit: Dramatische Zahlen in Deutschland beim Firmensterben – und es wird nicht besser.
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