Wirtschaftsinitiative: PR-Inszenierung oder Aufbruchssignal?

vor etwa 8 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Bundeskanzler Friedrich Merz hat ein PR-Problem. Seine Politik wird bislang nicht als Zeichen des wirtschaftspolitischen Aufbruchs wahrgenommen. Ganz im Gegenteil: Die Republik diskutiert seine Serie gebrochener Wahlversprechen wie die Verweigerung der Senkung der Stromsteuer. Was sich bislang manifestiert, ist der Plan der Bundesregierung, Deutschland mit Hunderten Milliarden neuer Schulden in eine fiskalische Klemme zu treiben. Von ökonomischem Aufbruch und wirtschaftspolitischer Vernunft ist weit und breit keine Spur.

Merz kann also eine gute PR aus den Reihen der deutschen Wirtschaft sehr gut gebrauchen. Möglicherweise tut diese ihm nun den Gefallen. Nach Informationen des Handelsblatts haben sich mehr als 30 deutsche Großkonzerne zu einer Investitionsoffensive zusammengeschlossen. Unter dem Arbeitstitel „Made for Germany“ planen die CEOs und Konzernlenker, ein Investitionsvolumen von 300 Milliarden Euro bis 2028 in den Standort Deutschland zu investieren.

Zur Speerspitze der Initiative zählen klangvolle Namen wie Siemens, Deutsche Bank oder FGS Global. Um den Startschuss zu setzen, planen Bundeskanzler Friedrich Merz und Finanzminister Lars Klingbeil einen Industriegipfel mit den Teilnehmern aus der Wirtschaft am 21. Juli in Berlin. Es ist noch nicht offiziell, aber Reuters berichtet, dass sich auch RWE, Volkswagen, Rheinmetall und SAP den Initiatoren anschließen könnten.

Die Synchronisation des Events mit der Politik ist gelungen, da die Bundesregierung gerade ein Steuerentlastungspaket für die Wirtschaft in Höhe von 46 Milliarden Euro bis zum Jahr 2029 beschlossen hat. Selbstverständlich ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber es ist ein symbolischer Brückenschlag zur Wirtschaft, die seit Jahren unter Überregulierung und zu hoher fiskalischer Belastung leidet.

Dass Deutschland spürbar unter dem Zustand der Unterinvestition leidet, dass sich etwas bewegen muss im Land, ist vollkommen richtig. Seit 2017 stagniert die Produktivität des Standorts, was umso bedrohlicher ist, da allein die Integration des technologischen Fortschritts von künstlicher Intelligenz und Robotik die Produktivität der größten Volkswirtschaft Europas massiv voranschieben müsste. Dass dies nicht geschieht, zeigt, wo der Schuh drückt: Unternehmen ziehen netto mehr Kapital vom Standort Deutschland ab, als von außen hinzuströmt.

Den Kapitalverlust können wir ziemlich genau beziffern. Die letzte offiziell bestätigte Zahl der Deutschen Bundesbank belegte, dass im Jahr 2023 netto 60 Milliarden Euro an Direktinvestitionen vom Standort abgezogen wurden. Dabei handelt es sich nicht um spekulatives Finanzkapital, gehandelt an den globalen Derivatemärkten. Das sind reale Werte, die nun an anderen Standorten geschaffen werden.

Dass sich nun Flaggschiffe der deutschen Wirtschaft wie Siemens oder RWE öffentlich zum heimischen Standort bekennen, macht zumindest ein wenig Hoffnung.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Und man sollte gerade im politischen Raum in die weniger ausgeleuchteten Ecken schauen, bevor man sich ein Urteil bildet. So beeindruckend die angekündigte Investitionsumme sein mag, bleibt zunächst unklar, welcher Anteil dieses Geldes bereits als Investition geplant war. Handelt es sich bei der Initiative möglicherweise um einen Schulterschluss zwischen der Konzernwirtschaft und der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz? Es ist die Rede davon, die schlechte Stimmung im Land zu drehen, als sei dies lediglich eine Frage der richtigen PR-Strategie.

Die beklagte schlechte Stimmung ist wohl begründet. Deutschland befindet sich im dritten Jahr einer Rezession, die nicht zu enden scheint. Hunderttausende haben bereits ihre Jobs verloren. Energieintensive Unternehmen werden im Namen des Green Deal und seiner Klimaregulierung sprichwörtlich aus dem Land getrieben. Eine Initiative „Made for Germany“ müsste dort ansetzen, wo es wirklich brennt. Und das ist unbestritten die außer Kontrolle geratene Klimapolitik, die keine grüne Transformation herbeiführt, sondern Deutschland ökonomisch aus dem Spiel nimmt.

Die angekündigte Investitionsinitiative wäre ein Erfolg, wenn zusätzliches privatwirtschaftliches Kapital ohne Bedingungen durch die Politik und Beihilfeforderungen der Wirtschaft in den Standort investiert würde. Allerdings wissen wir aus der Vergangenheit, dass gerade der Sektor der neuen grünen Wirtschaft nicht ohne politische Garantien und Subventionen auskommt. Der Markt kann einen Großteil dieser Projekte nicht entsprechend vergüten, es besteht schlicht keine Nachfrage nach diesen Leistungen. Das Scheitern des sogenannten „Grünen Stahls“ in subventionierten Projekten wie zuletzt bei ArcelorMittal macht das Problem der künstlichen grünen Ökonomie greifbar.

Solange keine näheren Informationen über tatsächliches Investitionskapital bekannt sind, müssen wir bei der Initiative „Made for Germany“ von einem weiteren Medienspiel ausgehen. Diesmal initiiert von der deutschen Wirtschaft, die im internationalen Geschäft an Renommee eingebüßt hat und mit ihrem Vorstoß dem Bundeskanzler einen Dienst erweisen zu wollen, in der öffentlichen Meinung nicht bereits nach wenigen Wochen im Amt als „Lame Duck“ und politisch gescheitert wahrgenommen zu werden.

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