
In einem Artikel für das Medium Table.Media hat die Wirtschaftsexpertin Dr. Veronika Grimm scharfe Kritik an dem Vorhaben von Union und der SPD, neue Schulden aufzunehmen, geübt. Grimm ist seit April 2020 als Mitglied des Sachverständigenrats Wirtschaft eine sogenannte „Wirtschaftsweise“ und Professorin an der Technischen Universität Nürnberg (UTN). Sie sieht erhebliche Risiken in den Schulden-Plänen der neuen Koalition.
CDU-Vorsitzender Friedrich Merz hatte der SPD zugesagt, noch mit dem abgewählten Bundestag eine Grundgesetzänderung zur Lockerung der Schuldenbremse durchzubringen, sodass ein Sondervermögen von 500 Milliarden aufgenommen werden kann, das für Investitionen in die Infrastruktur verwendet werden soll (Apollo News berichtete). Die Ausgaben für Verteidigung sollen ab einer Höhe von einem Prozent der Wirtschaftsleistung von der Schuldenbremse ausgenommen werden.
Für Grimm schafft das ein wirtschaftliches Risiko für Deutschland und Europa. In ihrem Text schreibt sie: „Verweigert sich Deutschland weiterhin, die europäischen Fiskalregeln zu beachten und plant stattdessen umfangreiche neue Ausgaben, so dürfte die Verhandlungsposition der EU-Kommission gegenüber den hoch verschuldeten europäischen Volkswirtschaften rapide sinken. An der mittelfristigen fiskalischen Tragfähigkeit in der Eurozone sind dann starke Zweifel angebracht“.
Nach der Corona-Krise hatten die EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam mit der EU-Kommission neue europäische Fiskalregeln getroffen, mit dem Ziel, die Staatsschulden wieder abzubauen. Während andere Länder inzwischen längst ihren Haushalt auf diese Regeln angepasst haben – teilweise Staaten, die noch verschuldeter sind als Deutschland – ist die deutsche Haushaltsplanung noch nicht mit den EU-Fiskalregeln vereinbar.
Grimms Fazit: „Diese Analyse werden auch Russland und China anstellen. Sie müssen eigentlich nur warten, bis es in der Eurozone wieder zu einer Staatsschuldenkrise kommt. Sie könnten auch überlegen, eine solche Situation der Überlastung proaktiv auszulösen, wenn sich die Gelegenheit bietet“.
Weiter heißt es dann mahnend von der Wirtschaftsprofessorin: „Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, insbesondere Deutschland als Stabilitätsanker des Euro, tun daher gut daran, einen großen Sicherheitsabstand zu Tragfähigkeitsproblemen zu erhalten. Geschieht dies nicht, so ist davon auszugehen, dass Merz‘ Plan nicht aufgeht, sondern sich ins Gegenteil verkehrt. Wir werden über kurz oder lang unserem eigenen System erliegen und an Handlungsfähigkeit einbüßen. Wenn wir dann in einer Schuldenkrise mit uns selbst beschäftigt sind, ist das die Gelegenheit für Putin, etwa in einem kleineren europäischen Staat weiter zu zündeln.“
Was geboten wäre, sei daher „eiserne Finanzdisziplin“ und Reformen in der Struktur Deutschlands, fordert Grimm. Den „Partikularinteressen einer Partei, die in den Bundestagswahlen für ihre gescheiterte Finanzpolitik zurecht abgestraft wurde“, zu folgen, wie es die Union bei der SPD jetzt aus Sicht von Grimm täte, sei dagegen falsch, so Grimm klar. „Die SPD erpresst hier offenbar das Land, um ihre gescheiterte Finanzpolitik fortsetzen zu können und gegenüber ihren Wählern den Eintritt in eine CDU-geführte Regierung erklären zu können. Erst die Partei, dann das Land“, so Grimm scharf gegen die Sozialdemokraten.
Für dieses Motto sei die Situation „zu brenzlig“, findet Grimm. „Beschließt man diese Pakete nun im Bundestag, bevor man überhaupt in die Koalitionsverhandlungen eintritt, könnte das Kind in den Brunnen gefallen sein. Reformen dürften kaum durchsetzbar sein, wenn immer Geld verfügbar ist, um die Probleme zuzukleistern“, so die Wirtschaftsprofessorin einordnend zum Schluss.