
Es ist der maximale Kontrast zum historischen Oval-Office-Streit vor Reportern im Februar: Damals lieferten sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, US-Vizepräsident J.D. Vance und Präsident Donald Trump vor den laufenden Kameras der Weltöffentlichkeit ein Wortgefecht, in dem die US-Seite Selenskyj unter anderem vorwarf, Hindernis für einen Waffenstillstand zu sein.
Seitdem hat sich einiges getan. Das zeigte sich am Montagabend, als Trump ein schärferes Vorgehen gegen Russland vorstellte. Hatte er Selenskyj zuvor monatelang bearbeitet, bis dieser offen für einen Waffenstillstand ohne irgendwelche Vorbedingungen war, folgte dann die Aussöhnung im Petersdom während der Trauerfeier für Papst Franziskus.
Lange hatte sich Trump von Putin hinhalten lassen, als dieser immer wieder Friedensgesprächen mit Selenskyj aus dem Weg ging – ein Treffen in der Türkei etwa ließ der russische Präsident platzen.
Jetzt ist es offenbar mit Trumps Geduld für Putin vorbei. Im Oval Office neben NATO-Generalsekretär Mark Rutte erklärte der amerikanische Präsident jetzt, wie oft er mit Putin darüber spreche, den Krieg zu beenden – aber: „Ich lege immer auf und sage mir ‚Das war ein nettes Telefonat‘ – und dann werden Raketen auf Kiew oder eine andere Stadt abgefeuert. […] Und nachdem das drei oder vier Mal passiert ist, sagt man: ‚Das Gerede bedeutet nichts.‘“
In neuer Härte folgen jetzt nicht nur Worte, sondern Taten aus Washington. Waffenexporte an die Ukraine werden eskaliert: US-Waffensysteme von europäischen Verbündeten sollen an die Ukraine gehen und dann von den USA ersetzt werden. Bezahlen sollen das Ganze nun aber vor allem die Europäer – anders als unter Joe Biden. Konkret geht es um hochmoderne Luftabwehrsysteme wie „Patriot“. Trump ermutigt Selenskyj inzwischen sogar weiter zu Militärschlägen tief ins russische Hinterland.
Einem Bericht der Financial Times zufolge telefonierten die beiden bereits Anfang Juli. Da fragte Trump demnach: „Wolodymyr, kannst du Moskau treffen? Kannst du auch St. Petersburg treffen?“ Selenskyj habe geantwortet: „Absolut. Wir können das, wenn du uns die Waffen gibst.“ Der signalisierte daraufhin seine Unterstützung und beschrieb das Ziel darin, „sie [die Russen] den Schmerz spüren zu lassen“ und Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen, so die Financial Times.
Neben Waffen für die Ukraine setzt Trump vor allem auf eines seiner Lieblingsinstrumente: Zölle. Und zwar Zölle in Höhe von 100 Prozent, die all die Länder treffen, die in 50 Tagen noch Handel mit Russland treiben, wenn Putin bis dahin nicht einem Waffenstillstand zustimmt.
Klar, Ultimaten kamen von Trump auch schon früher – und Putin ließ sie verstreichen, ohne dass harte Konsequenzen aus dem Weißen Haus kamen. Aber wenn man Trump zuhört, wie er jetzt über Putin redet, klingt es diesmal anders: „Er hat viele Leute getäuscht. Er hat Bush getäuscht. Er hat viele Leute getäuscht. Er hat Clinton, Bush, Obama, Biden getäuscht. Mich hat er nicht getäuscht. Ich sage: Ab einem bestimmten Punkt genügt Reden nicht mehr. Es müssen Taten folgen.“
Es war lange ein Markenzeichen von Trumps politischer Karriere, dass er für das Gegenteil von „All Talk, No Action“ steht. Doch Putin ließ er leere Versprechen lange durchgehen. Mehr noch: Er ging ihm entgegen, durch massiven Druck auf Selenskyj. Aber am Ende kam von Moskau nichts Konkretes, als der von Putin verlangte Waffenstillstand ohne Vorbedingungen auf dem Tisch lag.
„Wir dachten eigentlich schon vier Mal, wir hätten einen Deal. Und dann kam der Deal nicht zustande, weil in dieser Nacht Bomben fielen“ – das betont Trump nun immer wieder. Der Frust ist ihm ins Gesicht geschrieben. Lange setzte er darauf, als „Dealmaker“ aufzutreten. Mit direktem Kontakt zu Putin Frieden zu vermitteln. Wenn man nur redet, findet man einen Deal, war offenbar sein Gedanke. Aber so kommt er nun nicht mehr weiter. Die Botschaft an den russischen Präsidenten ist jetzt ganz klar, nämlich: Ich kann auch anders.