
Seit Jahren kündigte Klaus Schwab seinen Rücktritt als Vorsitzender des World Economic Forum (WEF) an. Jetzt ist er tatsächlich, wie „Die Zeit“ berichtet, „von der Position des Vorsitzenden und als Mitglied des Kuratoriums” zurückgetreten. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, kam sein jetziger Rücktritt als Vorsitzender und als Mitglied des Kuratoriums für manche überraschend. Das Alter, das Schwab als Grund angab, ist sicher ein Grund, wäre aber vor etlichen Jahren auch schon ein Grund gewesen.
Deshalb wird über weitere Gründe für sein sofortiges Ausscheiden spekuliert. Sofort gab es, natürlich anonym, Hinweise auf ein mögliches Fehlverhalten von Schwab und seiner Frau. Das ist nicht auszuschließen. Interessant wäre dabei zu erfahren, seit wann er sich nicht gesetzeskonform verhalten haben soll und seit wann wer davon Kenntnis hat? Und warum wird alles gerade jetzt an die Öffentlichkeit gebracht? Wahrscheinlicher ist deshalb die Annahme, dass das WEF in Schwierigkeiten steckt und man glaubt, diese ohne Schwab besser lösen zu können.
Das WEF ist eine einflussreiche Organisation. Die Liste seiner Mitglieder und der fördernden Firmen ist beeindruckend. Und dennoch scheint das WEF seinen Zenit überschritten zu haben. Zu sehr scheint man sich dem damaligen Zeitgeist, der woken Ideologie, dem Ökologismus und anderen kollektivistischen Moden verschrieben zu haben. Gerade bei Themen wie Klima und Gesundheit hat sich das WEF mehr der Panikmache denn der nüchternen Analysen verschrieben. Allein die Tatsache, dass selbsternannte Faktenchecker, unter anderem das umstrittene „gemeinwohlorientierte Medienhaus Correctiv“, nötig sind, um zu erklären, ob Äußerungen von namhaften Mitgliedern des WEF so getätigt wurden, oder vielleicht gar nicht getätigt wurden, gereicht dem WEF nicht zur Ehre.
Die zwingende Folge solcher Travestie-Aufführungen ist der Verlust von Seriosität und Glaubwürdigkeit. Und auch die Welt änderte sich schnell. Die Wahl Donald Trumps war nur die Folge dieses Wandels. Die Weltenlenker aus Davos, die den Anspruch, oder soll man sagen, die Anmaßung haben, die Zukunft zu gestalten, haben diese Entwicklung merkwürdigerweise nicht kommen sehen. Reihenweise traten Banken und Versicherungen aus dem Net Zero Banking Alliance (NZBA), einer Initiative, die das WEF aktiv unterstützte.
Auch die vom WEF propagierte Diversity, Equity, Inclusion (DEI) hatte spätestens 2023 den Höhepunkt überschritten. Auch hier unbemerkt von den “leading” members of the “mission” des WEF. Der blog “eu.azcentral.com” hat sich die Mühe gemacht, Firmen zu listen, die ihre DEI Abteilungen geschlossen oder drastisch verkleinert haben – viele bereits vor der Wahl Donald Trumps.
• Amazon • AT&T • Bank of America • BlackRock • Boeing • Citigroup • Chipotle • Deloitte • Disney • Ford • General Motors • Goldman Sachs • Google • John Deere • Harley-Davidson • Lowe’s • McDonald’s • Meta • Paramount • PBS • Pepsi • Starbucks • State Street • The Smithsonian Institution • Target • Tractor Supply • Uber • Victoria’s Secret • Walmart • Warner Bros. Discovery
Einen weiteren Rückschlag für das WEF bedeutet DOGE. Das vom früheren Mitglied Young Global Leader Teams geführte DOGE sperrte Mittel, die frühere amerikanische Regierungen über USAID an das WEF ausgezahlt hatten. Laut dem portal „mitrade.com“ geht es um mindestens 68 Millionen US-Dollar. Bedenkt man die große Struktur dieser Mega-NGO und die laufenden Kosten, die nötig sind, um eine solche Struktur am Laufen zu halten, fällt der Wegfall von Geldern in dieser Höhe durchaus ins Gewicht. Laut WEF beschäftigt die Organisation zurzeit 800 Mitarbeiter an sechs „global locations„: Genf, San Francisco, New York, Peking, Tokio und Mumbai.
Mehr erfährt man von den Kosten, die das WEF nur zum Teil bezahlt: “An den Kosten der Veranstaltung ist die Schweiz mit Aufwendungen für Polizei- und Militäreinsatz beteiligt. So wurden für das Treffen im Jahr 2019 knapp elf Millionen Franken (9,5 Millionen Euro) veranschlagt. An den Polizeikosten von neun Millionen Franken – vornehmlich für Personenschutz – beteiligt sich die Stiftung mit einem Viertel. Der Großteil entfällt auf die öffentliche Hand, aufgeteilt auf den Bund, den Kanton Graubünden und die Gemeinde Davos.
Die Armee schützt die Verkehrswege und Gebäude und überwacht den Luftraum. Bis zu 5000 Angehörige der Streitkräfte können eingesetzt werden. Die Kosten sind im regulären Verteidigungsbudget eingeplant. Eingesetzt werden zu einem großen Teil Wehrpflichtige in ihrer jährlichen Militärdienstleistung. Dafür entstehen Kosten in Höhe von 32 Millionen Franken, die ohnehin für die Übungen anfallen würden, zuzüglich etwa vier Millionen Franken für Material und Fahrzeuge. Diese Kosten trägt der Bund”.
“Nach Kritik aus Politik und Zivilgesellschaft zur Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen, gab das WEF 2021 bekannt, ihre Beteiligung an der Finanzierung zu erhöhen. Dadurch sinken die Kosten für den Bund von 3,675 Millionen Franken auf 2,55 Millionen Franken pro Jahr für die Jahrestreffen 2022, 2023 und 2024”.
In der Selbstbeschreibung des World Economic Forum fallen dem Leser der übermäßige Gebrauch von Begriffen wie leader, transition, legitimacy, accountability, sustainability, transparency und mission ins Auge. Die Texte sollen suggerieren, dass hier Gutes getan werden soll. Der Ansatz ist dabei immer globalistisch. Das WEF sucht deshalb auch die Nähe großer und globalistischer Organisationen, wie UNO, WHO, EU und World Bank Group. Die Legitimation zum Handeln erteilt sich das WEF selbst. Gutes zu wollen, ist für das WEF dabei ausreichend. Auf eine, wie auch immer geartete, demokratische Legitimation scheint das WEF glauben verzichten zu können. Und wie immer bei einer moralisch überhöhten, sich selbst legitimierenden, auf einer “mission” zur “transition” befindlichen Organisation ist von Rücksicht auf andere nirgends die Rede. Manche Kritiker sehen den WEF deshalb nahe an einer ähnlichen Ideologie der Elite-Herrschaft, die sich in Italien der 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, einer gewissen Popularität erfreut hatte.
Um seinen Einfluss zu verstärken, rief die Organisation 2004 das Programm “Young Global Leader” ins Leben. Hier die aktuelle Selbstbeschreibung des WEF: “Wir berufen die Young Global Leaders Community ein, ein internationales Netzwerk von außergewöhnlichen Persönlichkeiten, die sich der Gestaltung der Zukunft verschrieben haben. Durch intensives Lernen, globale Zusammenkünfte und intensiven Austausch unter Gleichgesinnten fördern wir eine Kultur des gemeinsamen Wachstums und des zukunftsorientierten Dialogs”.
Warum tauscht man sich nur unter Gleichgesinnten aus. Vertraut man der eigenen Sichtweise so wenig, oder hält man die “außergewöhnlichen Persönlichkeiten” für so wenig gefestigt, dass andere Sichtweisen sie im “zukunftsorientierten Dialog“ verunsichern könnten?
Das Programm hatte über die Jahre tatsächlich wichtige Persönlichkeiten als Mitglieder. Bei den Unternehmern ist es sicherlich
• Elon Musk • Peter Thiel • Jack Ma • Marc Zuckerberg • Google-Mitgründer Sergey Brin Brin macht allerdings gerade unschöne Erfahrungen mit der amerikanischen Justiz.
Auch bei den Politikern finden sich prominente Namen.
• die frühere deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel • die bald frühere deutsche Außenministerin Annalena Baerbock • der frühere deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn • der frühere österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz • der französiche Staatspräsident Emmanuel Macron • der frühere französiche Premierminister Gabriel Attal • der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy • der frühere englische Premierminister David Cameron • der frühere Führer der englischen Laborpartei Ed Miliband • der frühere niederländische Premierminister und aktuelle NATO- Generalsekretär Mark Rutte • der frühere kanadische Premierminister Justin Trudeau • die frühere finnische Premierministerin Sanna Marin • der frühere georgische Premierminister Mamuka Bakhtadze • der frühere irische Taoiseach Leo Eric Varadkar • die frühere neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern • der frühere Präsident der EU-Kommission José Manuel Durao Barroso • der frühere amerikanische Transportminister Pete Buttigieg
Eine Gemeinsamkeit neben der Bezeichnung “frühere” ist, dass die meisten vorzeitig von ihren Ämtern abtreten mussten. Außer Emmanuel Macron, bei dem das “frühere” aber schon mitgedacht werden kann, gibt es aktuell keinen Young Global Leader mehr in einem bedeutenden politischen Amt. Fast alle konnten die hohen Erwartungen, die in sie gesetzt wurden, um die politischen Ideen des WEF umzusetzen, nicht erfüllen. Da stellt sich natürlich die Frage nach den Auswahlkriterien des WEF. Die Tatsache, dass man nur unter Gleichgesinnten verkehrte, war da offensichtlich wenig hilfreich. Im Gespräch mit Andersdenkenden, hätten die außergewöhnlichen Persönlichkeiten früh in den Kontakt mit der Wirklichkeit treten können, an der sie später gescheitert sind.
Aber es gibt weitere Fehleinschätzungen, die einen möglichen Bedeutungsverlust erklären könnten. 2017, während des St. Petersburg International Economic Forum (SPIEF) unterzeichneten die Roscongress Foundation und das WEF eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit. Seit 2018 beherbergt die Roscongress Foundation das Russische Haus, die offizielle russische Residenz, während des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Schwab wies damals darauf hin, dass zwischen dem Weltwirtschaftsforum und Russland seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit besteht: „Für mich war es immer wichtig, dass russische Vertreter an unseren Veranstaltungen in Davos teilnehmen. Das war für mich immer von besonderer Bedeutung […]. Unser Ziel ist es, wie Sie bereits erwähnt haben, die Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und staatlichen Stellen zu stärken. Wir sind davon überzeugt, dass die großen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, seien es Klima- und Umweltprobleme oder Probleme des Wirtschaftswachstums, nur durch Zusammenarbeit, insbesondere auf globaler Ebene, gelöst werden können“.
Zur Erinnerung: Russland führte 2008 den Kaukassuskrieg und annektierte 2014 die Krim.
“Brusselssignal” schreibt über die Putin-Verbindung des WEF: “1996 war aus vielen Gründen ein bemerkenswertes Jahr. Der Friedensvertrag für Tschetschenien wurde unterzeichnet […] und das UN-Tribunal klagte bosnische Muslime und Kroaten wegen Kriegsverbrechen an. […] Das Jahr markierte auch einen bedeutenden Moment in der russischen Geschichte, als der Davoser Pakt geschlossen wurde, ein dubioses Abkommen, das Wladimir Putins Aufstieg zur Macht begünstigte. Rund 25 Jahre später ist Putin immer noch an der Macht. Aber, wie er selbst zugibt, wäre das alles ohne Jelzins Segen nicht möglich gewesen. Und ohne den Segen des WEF hätte Jelzin nie eine zweite Amtszeit bekommen. Indem er sich in das russische Wahlsystem einmischte, ebnete der „Mann von Davos“ den Weg für Putin. In den Jahrzehnten seit 1996 hat das WEF die demokratischen Grundsätze weiter ausgehöhlt. Interessanterweise rief das WEF 1999, im Jahr des Rücktritts von Jelzin, die Global Redesign Initiative ins Leben, die für ein „neues“ globales Regierungssystem plädierte, das die Nationalstaaten der Vergangenheit angehören lassen sollte. Die Initiative sah einen „Multi-Stakeholder“-Ansatz für Politikgestaltung und Governance vor. Das soll letztendlich zum Great Reset führen, einer Form des „Unternehmenssozialismus“, der mehr Macht in die Hände der Eliten und weniger in die Hände der europäischen Bürger legt“.
Es ist schwer zu sagen, wann der Bedeutungsverlust des WEF und vor allem seines Davoser Treffens begonnen hat. Jetzt ist er jedenfalls offensichtlich. Die „koreantimes.co.kr“ schreibt dazu unter Überschrift: Unternehmensführer und Minister lassen Jahrestreffen in Davos ausfallen. „In Korea scheinen die Bedenken über die Relevanz des Weltwirtschaftsforums (WEF) zu wachsen, denn Berichten zufolge haben die Unternehmensführer und hochrangigen Regierungsbeamten des Landes beschlossen, das diesjährige Jahrestreffen im abgelegenen Schweizer Ort Davos auszulassen. Industrievertreter sagten am Donnerstag, es sei noch unklar, ob die Vorstandsvorsitzenden von Samsung, SK, Hyundai Motor und LG an der Veranstaltung teilnehmen werden, die vom 20. bis 24. Januar stattfinden soll. Die Chefs der vier größten koreanischen Konzerne waren beim letztjährigen Forum nicht anwesend“.
Auch die Entwicklung in den USA, die nichts anderes als eine Revolution gegen den woken Weltgeist, den Ökologismus und jedwede kollektivistische Ideologie ist, wurde von den Weltenlenkern in Davos nicht antizipiert.