
In der aktuellen Gaza-Politik zeigt Europa inklusive Deutschland, was es am besten kann: Luftschlösser bauen.
Es sei „jetzt an der Zeit, den Krieg in Gaza zu beenden“, schreiben Kanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Briten-Premier Keir Starmer in einer gemeinsamen Erklärung. Das ist klasse und super sympathisch. Wer wollte nicht jedweden Krieg schnellstmöglich beenden.
Bundeskanzler Friedrich Merz mit Frankreichs Präsident Macron bei dessen Deutschland-Besuch vor wenigen Tagen
Dann kommt eine Passage, in der die friedlichen Drei alles aufschreiben, was sie sich sonst noch wünschen: „Wir fordern die umgehende und bedingungslose Freilassung aller Geiseln, die von der Hamas seit dem 7. Oktober 2023 gefangen gehalten werden. (...) Die Entwaffnung der Hamas ist unerlässlich und die Hamas darf keine Rolle in der Zukunft von Gaza spielen.“
Große Übereinstimmung mit @EmmanuelMacron und @Keir_Starmer. Heute Morgen haben wir uns in einem gemeinsamen Telefonat über unseren Kurs in der Nahost-Politik abgestimmt. Wir werden in den kommenden Tagen sehr eng koordiniert die nächsten Schritte unternehmen.
Das wird die Hamas sicher einsehen. Die Erklärung des intern „E3-Format“ (die europäischen Drei) beschreibt präzise die im Kern völlig unterschiedliche Grundphilosophie zwischen Israel (und der amerikanischen Trump-Administration) auf der einen und Europa auf der anderen Seite.
Wenn Europa ehrlich wäre, müsste man einsehen, dass Israel gerade den einzigen gangbaren, realistischen und – zugegeben – nicht immer ganz leicht zu ertragenden Weg geht, die Hamas und ihren Terror zu zerschlagen. Wer das nicht will, soll offen sagen: Nicht um diesen Preis, lieber Reste von Terror als das Leiden in Gaza.
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Dazu fehlt den E3-Europäern aber der Mut und die Ehrlichkeit. Stattdessen wird die schon in der Ukraine gescheiterte Methode „ich wünsche mir, dass alles gut wird“ einfach wiederholt. Und auch die von Macron angekündigte Anerkennung Palästinas folgt dieser Philosophie der Wirklichkeitsverweigerung: Einen Staat anzuerkennen, den es nicht gibt, der keine Regierung hat und keine Telefonnummer (Henry Kissinger), ist genauso wohlfeil und illusionär, wie die Beitrittsperspektive der Ukraine zur EU.
LKW, die humanitäre Hilfe transportieren, fahren über den Grenzübergang Rafah aus Ägypten nach Gaza.
Mit guten Ratschlägen und weltfremden Wünschen ist Europa schnell und reichlich unterwegs. Wenn die Politik von Berlin, Brüssel, Paris und London nicht irgendwann in der Realität ankommt und wirklich praktikable Vorschläge macht, harte Initiativen zur Trennung der Konfliktparteien und machtvollen Erzwingung von Lösungen ergreift, wird sie weiter international irrelevant bleiben oder zum Partner der Schurken und ihrer Staaten. Wollen kann das eigentlich keiner.
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