Wüst und Söder führen Stellvertreterkrieg um Große Ferien

vor etwa 7 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Du bist ein junger Mann in Troja. Dein Vater und deine Brüder sind im Krieg gefallen, du selbst musst ständig in die Schlacht und gescheit zu essen gibt es wegen der Blockade auch nicht. Das alles nur, weil der blöde Paris nicht die Hände von Helena lassen kann, obwohl die eigentlich mit Menelaos verheiratet ist. So entstehen Kriege – und die einfachen Bürger müssen darunter leiden.

So gesehen geht es den Bayern, Schwaben, Badenern und Württembergern noch vergleichsweise gut. Die müssen nicht in den Krieg mit Nordrhein-Westfalen ziehen. Noch nicht. Obwohl sich ihre beiden Landesväter gerne streiten. Aktuell ist das Recht der Bayern auf späte Sommerferien in Gefahr. Dieses Privileg wird unter anderem von Nordrhein-Westfalen bezweifelt, die ihre Kinder auch mal bis September von der Schule daheimlassen wollen.

Deren Ministerpräsident Hendrik Wüst ist wie Menelaos schlau genug, andere nach vorne, in dem Fall vor die Kamera ziehen zu lassen, um diesen Ferienkrieg zu führen. Andere vor die Kamera zu lassen ist aber nicht die Sache von Markus Söder. Oder schlau sein. Aber schlau wirken, das will der bayerische Ministerpräsident gerne. Deswegen sagt er, die späten Ferien gehörten zur “DNA der Bayern”.

Das klingt so klug. So modern und wissenschaftlich. Das Image hätte der bayerische Landesvater auch so gerne. Deshalb sagt der Söder Markus, dass Wissenschaft und Forschung zur bayerischen DNA gehört. Die “innere Sicherheit ist CSU-DNA“ laut Söder. Auch “Wintersport und Berge” hat er schon zum “Teil unserer DNA” erklärt. “Schützenvereine gehören zur bayerischen DNA” hat er auf X auch schon geschrieben. “Bodenständigkeit und Lebensfreude” sind für ihn ebenfalls – ok, das Muster ist jetzt klar. DNA-Vergleiche machen die Söder-DNA aus.

Kurzer Einschub weg von Söder und hin zur Sachlichkeit: Die Länder starten ihre Große Ferien zu verschiedenen Zeitpunkten, um allzu große Reisewellen und Megastaus zu vermeiden. Während die 14 Nordbundesländer mit dem Beginn rotieren, starten Bayern und Baden-Württemberg erst Ende Juli oder Anfang August und ziehen ihre Ferien dann bis in den September hinein. Dieses Privileg begründen sie damit, dass ihr Nachwuchs bei Ernten oder im heimischen Tourismus helfen müssten. Für die Familien der beiden Südländer bringt es obendrein den Vorteil mit sich, in der Nebensaison verreisen zu können und so durchaus spürbare Summen sparen zu können.

Enden wird das Theater um die Große Ferien mit einem Kompromiss in der Konferenz der Kultusminister. Die anderen Länder können ihre Ferien dann schon früher im Juni starten oder gemeinsam mit den Südländern den späten Spot besetzen. Dann ist das Sommertheater beendet. Eigentlich kein Grund, sich groß aufzuregen. Doch hinter dem Theater steckt ein Stellvertreterkrieg, den die beiden Ministerpräsidenten als Ersatzkrieg führen.

Bevor die Union Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten ausgerufen hat, haben sich Wüst und Söder diese Rolle durchaus selbst zugetraut und gewünscht. Falls Merz vorzeitig fällt, was nach dem Auftakt der schwarz-roten Koalition gar nicht mehr so undenkbar ist, sehen sich die beiden Kronprinzen als die legitimen Nachfolger. So beginnen Kriege – und sei es Stellvertreterkriege.

Daher lassen Wüst und Söder keine Chance aus, sich öffentlich zu bekabbeln. Wüst etwa, indem er öffentlich auftritt und Merz die Kanzlerschaft andient. Söder, indem er Wüst einen Tag später dafür tadelt, sich öffentlich über die Frage geäußert zu haben, da doch Schweigen verabredet war. Söder, indem er an die Abhängigkeit Nordrhein-Westfalens vom bayerischen Geld aus dem Länderfinanzausgleich erinnert. Wüst, indem er den Musterschüler spielt, der mehr Windräder bauen will als Bayern, weil das den künftigen wirtschaftlichen Erfolg bringe. Söder plappert mitunter Unsinniges – Wüst setzt es um. Der Stellvertreterkrieg in der Union geht weiter – sinnvoller als in der Sache Große Ferien wird es kaum werden. Wie im Fall Troja geht es den Bürgern dabei nicht wirklich gut.

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