
Schon im Vorfeld des Interviews von Elon Musk und Alice Weidel war die Aufregung groß – sowohl beim Publikum als auch in den Brüsseler Amtsstuben: Gegen Mittag machte die Meldung die Runde, dass 150 eifrige EU-Beamte am Abend vor ihren Bildschirmen lauern würden, um das Gespräch zu überwachen. Die EU-Zensoren suchten nach möglichen Verstößen gegen den „Digital Service Act“. Wobei ohnehin kaum ein Bürger verstehen dürfte, wie durch ein Gespräch zwischen zwei politisch relevanten Personen auf einer Online-Plattform ein Verstoß gegen den „Digital Service Act“ vorliegen könnte. Aber sei es drum.
Zu Beginn holte Weidel zur Geschichtsstunde aus, um den US-Zuhörern zu erklären, wer die AfD eigentlich ist und wohin sie will. Die letzten 20 bis 25 Jahre hätte die herrschende Politik das Land abgewirtschaftet. „Angela Merkel hat unser Land ruiniert“, erklärte Weidel. Sie habe die Industrie zerstört, die Grenzen geöffnet und die grüne Energiepolitik eingeführt. „Deutschland ist das einzige Industrieland, das seine Kernkraftwerke abgeschaltet hat.“ Nur mit Wind und Solar gehe es nicht. Das wolle die AfD ändern.
Alice Weidel führte das Gespräch aus ihrem Büro.
Mit ihrem technikaffinen Gesprächspartner verlor sich Weidel in den ersten Minuten in Energiefragen. „Zu dem Zeitpunkt, als Deutschland die Energie am meisten benötigt hätte, haben sie ihre Kernkraftwerke abgeschaltet“, zeigte sich Musk erstaunt. Beide taten sich schwer, Struktur ins Gespräch zu bringen. Bis Musk die Situation mit einer absurden Posse über die deutsche Bürokratie lockerte: Diese hätte ihn gezwungen, 25.000-Seiten-Papier für seine Tesla-Fabrik in Brandenburg mehrfach zu kopieren.
Langsam tastete man sich ins Migrationsthema vor. „Jeder darf zu uns in Sozialsystem einwandern und kann nicht mehr abgeschoben werden, weil er vorher seinen Pass wegwirft“, beschwerte sich Weidel. Auch Musk berichtete über die Situation an der US-Grenze. Anschließend versuchten beide ihre Vorstellungen des heutigen politischen Systems zu präzisieren. Weidel sprach von einer Einheitspartei als Gegner und schoss vor allem gegen ihren Konkurrenten Friedrich Merz: Die CDU könne ihre Versprechen nicht halten, da sie mit linken Parteien koalieren müsse. Ohnehin sei die Union längst eine links-grüne Partei und nicht mitte-rechts.
Mit viel Getöse schossen vor allem linke Politiker gegen das Gespräch.
Das Gespräch plätscherte vor sich hin, die deutsche Gegenwart wurde verlassen. Weidel überraschte mit der Erkenntnis, dass Hitler Kommunist war, später warf Elon Musk das Thema Israel auf. Eine Lösung für den Nahen Osten fanden beide naturgemäß nicht. Aus dem Nahen Osten katapultierte sich das Gespräch weiter auf den Mars. Was fasziniere Musk so sehr am roten Planeten, wollte die AfD-Chefin wissen. Musk setzte zum mehrminütigen Monolog an, um zu erklären, weshalb er glaube, dass der Mensch eine „multiplanetarische Spezies“ werden müsse. Er philosophierte über den Gottesbegriff. Und dann war es nach etwas mehr als einer Stunde auch schon vorbei.
Vielleicht hätte es einen Moderator gebraucht, um dem Interview auf die ein oder andere Weise einen roten Faden zu verpassen. So blieb das Gespräch bruchstückhaft, Weidel wirkte unvorbereitet. Für US-Amerikaner war es als Einstieg in die Politik der AfD sicherlich interessanter als für den deutschen Zuhörer. Am Ende jedoch fragt man sich: Wieso ist es für die politische Linke eigentlich so unerhört, wenn zwei erwachsene Personen Platz nehmen, um in entspannter Atmosphäre ein ungezwungenes politisches Gespräch zu führen? Wieso gehen Linke und EU-Zensoren so an die Decke? Denn sonderlich viel Neues erfuhr der politisch Interessierte am Donnerstagabend nicht. Die Antwort ist einfach: Sie waren nicht dabei. Sie haben nicht die Kontrolle über das Gespräch. Das macht diese Leute so wütend. Die Gegenöffentlichkeit ist da und sie wird nicht mehr verschwinden.
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