Massive Zweifel an ZDF-Recherche – Bericht zu russischem „Täterwissen“ über Mannheim-Attentat basiert auf fehlerhafter Methode

vor 5 Monaten

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Bildquelle: Apollo News

Dass Russland bei Anschlägen in Deutschland seine Finger im Spiel hat, um im Vorfeld von Wahlen die AfD zu stärken, kursiert derzeit als Verschwörungstheorie im Netz. In einer neuen Dokumentation widmet sich jetzt das ZDF dem Thema. Und stellt eine Verbindung zwischen Russlands „hybrider Kriegsführung“ und Anschläge in Deutschland her – zu denen es angeblich schon Tage und Wochen vor dem eigentlichen Tatzeitpunkt Google-Suchanfragen aus Russland gegeben haben soll.

Doch die Zahlen sind trügerisch. Einerseits muss man sich fragen, warum die russische Regierung in Besitz von „Täterwissen“ Spuren im Internet hinterlassen und ihr Wissen durch Suchanfragen offenbaren sollte. Und andererseits wirft die vom ZDF angewandte Methodik weitere Fragen auf. Schon fünf Tage vor dem Messerangriff auf den Islamkritiker Michael Stürzenberger am 31. Mai 2024 soll es Suchanfragen zu ebenjenem Attentat gegeben haben – aus Russland und auch in deutscher Sprache, berichtet das ZDF unter Berufung auf Daten von Google-Trends.

Der Sender präsentiert dafür die Auswertung des Datenanalysten Steven Broschart. Der erklärt: Im Vorfeld habe es konkrete Suchanfragen nach dem Täter und nach Webcams auf dem Mannheimer Marktplatz gegeben. Das ZDF betont, „die digitalen Spuren liefern mögliche Hinweise, sind jedoch keine Belege“.

Weil sich der Sender durchaus bewusst ist, dass die Suche mit Google-Trends fehleranfällig ist, hat der Sender auch andere Vorfälle, etwa den Brandanschlag auf ein DHL-Flugzeug im Juni 2024 in Leipzig präsentiert.

Auch hier soll es im Vorfeld Suchanfragen gegeben haben. Um sicherzugehen, dass nicht ein einzelner Begriff aus der Reihe tanzt, hat Broschart mehrere Suchanfragen überprüft. Das Problem: Auch wenn er versuchte, die Methodik durch quantitative Anfragen zu bestätigen – Google-Trends ist und bleibt ein zu ungenaues Werkzeug für derartige Zwecke. Fügt man hier etwa den Link zu der am Sonntag erschienenen ZDF-Dokumentation ein, wurden am Montagmorgen noch Suchanfragen bereits vom 1. April angezeigt. Auch Suchanfragen zu Artikeln von Apollo News werden auf Google-Trends gelistet, bevor diese überhaupt erschienen waren.

Bei nahezu jedem Suchbegriff oder Link lassen sich derartige Differenzen feststellen – weil Google-Trends lediglich Entwicklungen anzeigen soll, diese aber oftmals nicht genau datiert. Broschart dürfte sich dessen bewusst sein. Bereits 2023 veröffentlichte der Datenanalyst einen Beitrag auf X, in dem er zeigte, dass zwei Tage vor der Implosion der Titan, einem zivilen U-Boot der Firma Oceangate, bereits eine Vielzahl der Suchanfragen nach dem Tod eines der Passagiere auf Google einging.

Manchmal stößt man auf merkwürdige Sachen: kurz vor der Implosion des U-Bootes #oceangate wurde bei Google vermehrt nach dem Tod des Passagiers, Hamish Harding, gesucht … #titanic #titan #implosion #titanicsubmersible #TitanicRescue #Uboot pic.twitter.com/OZEm246YV8

— Steven Broschart (@broschart) June 23, 2023

Google-Trends zeigt nicht die genauen gestellten Suchanfragen, sondern einen Wert von 0 bis 100, wobei eine Suche mit der Prüfsumme von 100 die „höchste Beliebtheit dieses Suchbegriffs“ zeigt. „Der Wert 50 bedeutet, dass der Begriff halb so beliebt ist, und der Wert 0 bedeutet, dass für diesen Begriff nicht genügend Daten vorlagen“, so erklärt es Google. Das kann auch heißen, dass sich der Wert der einzelnen Anfragen über die Zeit verändern kann. So sind die vom ZDF dokumentierten Beispiele mittlerweile nicht mehr nachvollziehbar, und auch die hier angeführten Artikel verändern sich fortlaufend.

Im ZDF betont auch Broschart: Die Zahlen seien keine Beweise – aber Indizien, mit denen man „in diese oder jene Richtung ermitteln“ könnte. Also in dem Fall gegen Russland. Das sahen offenbar auch mehrere Sicherheitsbehörden in Deutschland so, die vom ZDF über die Rechercheergebnisse in Kenntnis gesetzt wurden – zwei von ihnen hielten Google-Trends dennoch für ungenau, Ermittlungen soll es laut dem Sender dennoch geben. Handfeste Beweise gegen den Kreml liegen jedoch nicht vor.

Das ist nichts Neues. Bereits nach den Landtagswahlen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hatten beispielsweise die Grünen aufgrund massiver Verluste von russischen Desinformationskampagnen gesprochen. Dass es russische Einflüsse, vor allem im digitalen Raum, gibt, geht aus deutschen Verfassungsschutzberichten eindeutig hervor – dass diese wahlentscheidend sind, jedoch nicht. Das bestätigten damals auch die Landesinnenministerien auf Anfrage von Apollo News: Den Behörden lagen keine Informationen über eine russische Wahlbeeinflussung vor (lesen Sie hier mehr).

In der Dokumentation kommt mit Konstantin von Notz dann auch ein hochrangiger Spitzenpolitiker der Grünen zu Wort. „Die Verdichtung vor den Wahlen ist evident. Ob dahinter ein bestimmter Zusammenhang steht, kann man heute nicht seriös sagen“, erklärt von Notz hinsichtlich in Deutschland durchgeführter Anschläge.

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