Himmel, hilf! Udo Lindenbergs Klassiker „Sonderzug nach Pankow“ wird zum Opfer der Berliner Sprachpolizei. Weil er darin „Oberindianer“ singt ...
Udo Lindernbergs rotzfreche deutsch-deutsche Hymne „Sonderzug nach Pankow“ aus dem Jahr 1983 darf im Berliner Humboldt Forum nicht mit Originaltext gesungen werden. In dem berühmten Song besingt der Musiker seinen Plan, als West-Musiker in der DDR aufzutreten – und bezeichnet den damaligen DDR-Staatschef Erich Honecker lässig-respektlos als „Oberindianer“: „Ich muss da was klären, mit eurem Oberindiander ...“
Die Veröffentlichung des Songs zu verhärteten DDR-Zeiten und das daraufhin tatsächlich realisierte Konzert des Lederjacken-West-Rockers in Ost-Berlin, sind ein kostbares Stück deutscher Musikgeschichte.
Historisch: Udo Lindenbergs Auftritt in der DDR im Jahr 1983
Den Sprachwächtern der Hauptstadt ist das allerdings vollkommen egal. Sie hören nur das Wort „Indianer“ – und schwingen den Zensur-Hammer! Man werde das Lied beim Chorfestival „Vielstimmig 2024“ nur in veränderter Form singen – ohne das „I-Wort“, heißt es. Lindenbergs historische Ost-West-Hymne – einfach verstümmelt.
Das Humboldt Forum – mit Millionen Euro staatlich gefördert – hat die Entscheidung bereits offiziell gemacht: Bei den Chor-Auftritten am 16. und 17. November wird das Wort „Oberindianer“ aus Gründen der „Sprach-Sensibilität“ gestrichen, heißt es.
Ost-Fans mit Lindenberg vor seinem Konzert im Palast der Republik
Tragische Ironie der Angelegenheit: Die acht Berliner Chöre des Festivals treten genau an dem Ort auf, wo einst Honeckers Palast der Republik stand – und Lindenberg sein geschichtsträchtiges DDR-Konzert gab. Sein frecher „Sonderzug“ wurde – damals von der DDR-Diktatur – natürlich auch zensiert. Aber natürlich nicht, weil er „Indianer“ sagt ...
Der Palast der Republik kurz vor seinem Abriss im Jahr 2003
Heute begründet das Humboldt Forum die Lindenberg-Zensur so: Mit der Streichung des Wortes Oberindianer wolle man die „Kolonialgeschichte der indigenen Bevölkerung“ anerkennen und respektieren. Man sei sich der ironisch-satirischen Bedeutung und des Bezugs und auf die SED-Diktatur zwar bewusst. „Doch in dem Begriff schwingt auch die Gewaltgeschichte der Kolonisierung mit“, wird eine Sprecherin in Bild zitiert. Und: „Das Wort wird als diskriminierend und rassistisch wahrgenommen.“
Das Wort Oberindianer sei „störend“ und “unsensibel“, urteilten die Sprachwächter. Und zerstören kurzerhand ein unglaubliches Stück deutscher Musikgeschichte.