
Die deutsche Automobilindustrie stürzt immer tiefer in den Abgrund. Besonders stark betroffen sind die Zulieferbetriebe, die eng mit den Geschäften der Autobauer verknüpft sind. Symbolhaft für die angespannte Lage steht ZF Friedrichshafen: Der zweitgrößte Zulieferer Deutschlands war finanziell bereits seit längerer Zeit stark unter Druck geraten. Nun folgt eine umfassende Konzernumstrukturierung. Im Mittelpunkt steht dabei das Antriebsgeschäft, das einen wesentlichen Teil des Gesamtumsatzes ausmacht.
Wie die WirtschaftsWoche berichtet, steht bei ZF Friedrichshafen sogar nicht nur ein Umbau bevor – auch ein vollständiger Rückzug aus dem Antriebsbereich wird intern in Erwägung gezogen. Insider sprechen dabei von einem möglichen „Carve-out‟. Dieses Modell sieht vor, dass die Sparte „Electrified Powertrain Technology“, intern als Division E bekannt, aus dem Konzern herausgelöst wird. Ziel einer solchen Maßnahme wäre es, neue Kooperationspartner zu gewinnen. Zwar wäre grundsätzlich auch ein Verkauf denkbar, doch gilt dieser Schritt innerhalb des Unternehmens aktuell nicht als bevorzugte Option.
Betroffen von diesem Szenario wären mehr als 32.000 Mitarbeiter – das Umsatzvolumen der Division liegt bei rund 11,5 Milliarden Euro. Damit entfällt etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes von ZF auf diesen Bereich. Allein in Deutschland ist die Sparte an zwölf Standorten präsent, darunter auch am Hauptsitz in Friedrichshafen.
Laut WirtschaftsWoche soll eine Entscheidung über die strategische Zukunft der Antriebssparte im zweiten Halbjahr fallen. Der Umstand, dass ZF derzeit mit seinen Kreditgebern neu verhandelt, sei ein deutliches Signal für die angespannte wirtschaftliche Lage des Unternehmens.
Bereits im Februar wurde erstmals über eine mögliche Abspaltung der Antriebssparte berichtet. Damals meldete das Handelsblatt, ebenfalls unter Berufung auf Insider, dass eine Veräußerung im Jahr 2026 denkbar sei. Die Rede war seinerzeit von einem möglichen Verkauf. Als potenzielle Interessenten für den Geschäftsbereich wurden laut Handelsblatt der südkoreanische Automobilhersteller Hyundai sowie der taiwanesische Auftragsfertiger Foxconn genannt.
Eine umfassende Konzernumstrukturierung hatte sich bereits seit geraumer Zeit abgezeichnet. ZF Friedrichshafen steckt seit Jahren in einer finanziellen Schieflage, die sich im Jahr 2024 besonders deutlich zuspitzte. Im vergangenen Geschäftsjahr verzeichnete ZF einen Verlust von über einer Milliarde Euro – nachdem 2023 noch ein Gewinn von 126 Millionen Euro erzielt worden war.
Hauptursache ist vor allem das schwächelnde Pkw-Zuliefergeschäft, zu dem neben der Antriebssparte unter anderem auch die Division „Passive Sicherheitstechnik“ zählt. Der Unternehmensbereich leidet unter der aktuellen Krise, die die deutschen Automobilhersteller erschüttert.
Grund dafür ist die politisch forcierte Transformation der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität auf EU-Ebene – ein Entwicklungspfad, der sich inzwischen als massives Problem für die gesamte Branche herauskristallisiert hat. In Deutschland ist die Nachfrage nach E-Autos generell schwach, und auf globaler Ebene gelten deutsche Elektrofahrzeuge als wenig wettbewerbsfähig. Chinesische Autobauer haben hier die Nase vorn und bestechen mit günstigen Preisen.
Die Folge ist ein deutlicher Einbruch der Absatzzahlen bei VW, Mercedes, BMW und anderen. Für ZF bedeutet das als Zulieferer im Pkw-Geschäft einen massiven Druck, da die Auftragslage infolge der Absatzkrise bei den Autobauern stark rückläufig ist.
Ein weiteres Problem, das das Unternehmen in jüngerer Zeit finanziell belastet hat, sind die gestiegenen Zinszahlungen infolge einer Verschuldung von rund 10,5 Milliarden Euro. Diese hohe Schuldenlast geht unter anderem auf frühere ambitionierte Übernahmen von Zulieferern wie TRW und Wabco zurück.