
Will die USA heute einen Menschen ins Weltall bringen, muss sie ihn nach Russland verweisen – oder an Elon Musk. Die NASA selbst ist dazu nicht mehr in der Lage. Für den Weg ins All brauchen sie entweder den kasachisch-russischen Kosmodrom Baikonur oder die Möglichkeiten des Unternehmens SpaceX. Erst seit 2020 gibt es mit dem Musk-Konzern wieder einen amerikanischen Weg ins All.
In Europa hat man den Anspruch auf Weltraumfahrt ohnehin so gut wie aufgegeben. Ja, es gibt die Europäische Weltraumagentur ESA, die auch eigene Raketen ins All schießt und einen eigenen GPS-Dienst betreibt – aber die Musik spielt in Weltraumfragen woanders. China etwa stößt mit immer größeren Schritten vor, betreibt seit 2021 eine eigene Raumstation im Orbit. Die Staaten des Westens sind ins Hintertreffen geraten.
Das war schonmal so – in den 50ern und 60ern war man überzeugt, der Weltraum gehöre den Sowjets. Sie waren die Pioniere: Sowjet-Satelliten, Sowjethunde und Sowjetmenschen waren die ersten im Weltraum. Mit dem Schritt ins All demonstrierten die Sowjetunion wissenschaftliche und militärische Macht und stellte damit auch die Systemfrage. Der technologische Fortschritt der Kommunisten war Sputnik – die Kapitalisten hatten das Farbfernsehen anzubieten. 1:0 für Moskau.
Die Gründung der NASA war der Versuch, nach dem Sputnik-Schock die raumfahrttechnische Überlegenheit des Westens herzustellen. Man begann mit dem Mercury-Programm und versuchte, den nächsten Schritt im Wettlauf gegen den Ostblock – Menschen ins All zu bringen – als Erster zu schaffen. Doch nach einigen amerikanischen Affen, die in den Orbit vordringen konnten, war Juri Gagarin am 12. April 1961 der erste Mensch im Weltraum, der die Erde umrundete. Dorthin gelangte er an Bord der Wostok 1, einer abgewandelten Form der R-7-Rakete (später Sojus) vom Kosmodrom Baikonur – ein neuer Schock für die freie Welt. Erst am 20. Februar 1962 erreichte John Glenn als erster Amerikaner den Erdorbit.
Als nächster Schritt der NASA wurde bereits während des laufenden Mercury-Programms das Apollo-Programm ins Leben gerufen, allerdings war das Ziel zunächst nur, weitere Experimente im Weltall durchzuführen. Seine legendäre Bestimmung bekam das Programm erst, als John F. Kennedy am 25. Mai 1961 unter dem Eindruck der Wostok-Mission vor dem Kongress sagte:
„Ich glaube, dass dieses Land sich dem Ziel widmen sollte, noch vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder sicher zur Erde zurückzubringen. Kein einziges Weltraumprojekt wird in dieser Zeitspanne die Menschheit mehr beeindrucken oder wichtiger für die Erforschung des entfernteren Weltraums sein; und keines wird so schwierig oder kostspielig zu erreichen sein“.
Es soll ausgerechnet der deutsche Raketenpionier Wernher von Braun gewesen, der den Präsidenten von der Notwendigkeit überzeugt haben soll, den „großen Schritt für die Menschheit“ zu wagen und eine Mondmission zum Ziel zu setzen. Damals war es kein Freizeitvergnügen und auch kein Prestigeprojekt für Amerika, diese Mondlandung voranzutreiben. Es ging darum, welches System und welcher Weg der Menschheit der überlegene war – der sozialistische oder der freie des Westens. Die USA führten immense Mittel ins Feld. So wurde das Jahresbudget der NASA von Kennedys Rede bis 1966 vervierfacht und lag am Ende bei fast 5 Prozent des US-Haushaltes. Das ist fast zehnmal so hoch wie heute.
Die NASA beschäftigte für das Apollo-Programm zeitweise fast 400.000 Menschen. Trotzdem lief nicht alles rund: Bei einem Test vor dem ersten bemannten Raumflug des Apollo-Programms starben alle 3 Astronauten bei einem Brand in der Kapsel. Der für den 21. Februar 1967 angesetzte Flug wurde gestrichen, und erst am 11. Oktober des nächsten Jahres startete mit Apollo 7 die nächste bemannte Raummission. Man stelle sich eine solche Katastrophe heute vor – man hätte wahrscheinlich die Raumfahrt gleich ganz aus Gefahrengründen verboten.
Doch damals wurde weitergekämpft, und es wurden weder Kosten noch Mühen gescheut, um jenen großen Sprung für die Menschheit möglich zu machen. Alle Kräfte und alles Know-how des Westens wurden in einem großen Projekt gebündelt. Man hatte weder leistungsfähige Computer, noch die neuartigen Werkstoffe, die man heute zur Verfügung hätte. Das Smartphone, der PC oder das Tablet, auf dem Sie diesen Artikel lesen, ist in etwa zehn- bis zwanzigtausend mal schneller in der Rechenleistung als die damaligen Computer.
Am 16. Juli 1969 startete schließlich die Saturn-V-Rakete mit der Apollo-11-Mission vom damaligen Cape Kennedy in Florida. Der Präsident, der den Stein des Anstoßes gegeben hatte, war da schon Jahre tot, doch seine Vision lebte weiter. Mit 110 Metern war die Rakete höher als der Berliner Dom und mit 2.962 Tonnen so schwer wie 30 Blauwale – nie wieder beförderten Menschen etwas so Schweres ins All (erst Musks Starship wird das übertreffen). Fünf Tage später betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond, und die Stars and Stripes wurden in den Mondboden gerammt. Die Flagge ist unter den Einflüssen des Alls längst verblichen – nicht aber der Triumph, den sie darstellt. Über 600 Millionen Menschen verfolgten das Ereignis weltweit im Fernsehen – eine unglaubliche Zahl für die 60er-Jahre.
Es war ein großer Schritt für die Menschheit, der demonstrierte: Der Westen hatte den technologischen Wettlauf gewonnen und die technologische Unterlegenheit des Sozialismus eindeutig vorgeführt. Das „Space Race“ war vorbei. Es war der Höhepunkt des menschlichen Strebens nach Fortschritt und eine Zeit des ungebrochenen Technikoptimismus.
Dieser Optimismus schlug sich auch in der Popkultur nieder. 1961, wenige Monate nach Kennedys Ankündigung der Mond-Mission, erschien in Deutschland die Heftserie Perry Rhodan zum ersten Mal, 1966 startete Star Trek, und der Grundstein von Star Wars wurde 1971 unter dem Einfluss der andauernden Apollo-Missionen gelegt – Science Fiction ließ die Menschen vom All träumen. In James Bond: Moonraker jagt 007 Superkriminelle imAll. Ausdruck einer Zeit, in der die Menschheit bereit war, nach den Sternen zu greifen.
Heute würde man so ein Ansinnen, zumindest hierzulande, totdiskutieren: Ist eine Weltraummission nicht pure Geldverschwendung? Braucht es das? Und überhaupt, wie ist denn die Co2-Bilanz von einem solchen Raketenstart? Können wir das Geld nicht lieber für die Rente, die Zivilgesellschaft oder für den Klimaschutz ausgeben? Statt nach den Sternen zu greifen, steckt man den Kopf in den Sand.
Spricht Weltraum-Unternehmer Elon Musk von der Menschheit als „multiplanetare Spezies“, tut man ihn in Deutschland als wahnsinnigen Milliardär ab, der die Bodenhaftung verloren hat. Aber mit Bodenhaftung kommt man bekanntlich nicht ins All. Es waren am Ende weder Raketen noch Rechenzentren, die die Menschheit zum Mond brachten – es war der unbedingte Wille von Wahnsinnigen. Denn was außer Wahnsinn war es, in den 60ern vom Mond zu träumen, wie es Kennedy tat? Und was könnte mit so einem Wahnsinns-Willen heute machbar sein?
Apollo News trägt seinen Namen auch in Erinnerung an diese Sternstunde der Menschheit: Die Apollo-Mission ist ein Symbol dafür, was Mut und Freiheit möglich machen können.