Zusammenarbeit von AfD und Sahra Wagenknecht bahnt sich an

vor etwa 6 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die AfD war das Verhängnis des Bündnis Sahra Wagenknechts. Als sich die Partei im Januar 2024 offiziell gründete, war eines ihrer beiden wichtigen Themen, die “Brandmauer”-Politik der regierenden Parteien abzulehnen. Damit erreichte sie ein gutes Ergebnis bei den Europawahlen und sehr gute Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.

Die dortigen Mehrheitsverhältnisse zwangen das BSW aber dann, über Regierungsbeteiligungen zu verhandeln. Mit einem Schlag betrieb das Bündnis die gleiche “Brandmauer”-Politik wie die regierenden Parteien. Damit begann der Abstieg. Am Ende verspielte das BSW den für sicher gehaltenen Einzug in den Bundestag. Die klare Botschaft des Wählers: Noch eine “Brandmauer”-Partei braucht keiner. Zeitgleich mit der Niederlage des BSW verschwand die FDP von der politischen Landschaft.

Jetzt haben sich in Thüringen die Fraktionsvorsitzenden der beiden Parteien getroffen. Plötzlich ist die Rede davon, dass wechselnde – also auch gemeinsame – Mehrheiten im Landtag möglich seien. Nun legt die Bundesvorsitzende und Namensgeberin nach, sagte in mehreren Interviews, dass sie sich auch auf Bundesebene Gespräche mit dem AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla vorstellen kann. Auch wenn das BSW als außerparlamentarische Opposition in diesen Gesprächen weit weniger zu bieten hat als auf Landesebene.

Doch Chrupalla und Alice Weidel dürften trotzdem auf diese öffentlich ausgesprochene Einladung eingehen. Sie hilft ihnen, die “Brandmauer” zu untergraben. Wagenknecht war lange der Liebling in den Talkshows des Staatsfernsehens. ARD und ZDF werden die BSW-Vorsitzende trotzdem jetzt ebenfalls hinter der “Brandmauer” verbannen. Doch dafür bezahlen sie einen Preis: Sie machen einem noch größeren Teil der Bevölkerung klar, dass der “öffentlich-rechtliche” Rundfunk keine neutrale journalistische Instanz, sondern einfach nur ein parteiischer Spieler in der politischen Landschaft ist.

Die Gespräche mit dem BSW helfen der AfD weiter auf dem Weg, den sie ohnehin eingeschlagen hat. Bisher profitierte die größte deutsche Opposition vor allem von den Fehlern der regierenden Parteien. Sie selbst musste gar nicht viel machen. Das war zwar bequem, führte aber auch in eine Sackgasse. Mit dem Ruf, eine reine Oppositionspartei, ohne jede Machtoption, zu sein, stagnierte die AfD bundesweit unter 30 Prozent und kam an der Union nicht vorbei. Vor allem seitdem diese mit Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) den Kampf gegen die illegale Einwanderung aufgenommen hat, nachdem dessen Vorgängerin Nancy Faeser (SPD) eher so wirkte, als ob sie einen Kampf für die illegale Einwanderung führt. Durch das BSW erhält die AfD eine Machtoption. Zumindest in Thüringen.

Zudem arbeitet die AfD daran, sich inhaltlich aufzustellen. In jüngster Zeit hat ihre Bundestagsfraktion mehrere Grundsatzpapiere beschlossen. Zum Beispiel zum Krieg Israels gegen den Iran. Die Abgeordneten betonten das Existenzrecht Israels, sprachen sich für eine zivile und gegen eine militärische Nutzung der Atomkraft durch den Iran aus sowie dafür, dass die Einwanderer, die den Konflikt nach Deutschland tragen, konsequent ausgewiesen werden.

In einem Gesetzentwurf hat sich die AfD dafür ausgesprochen, den “nichtstaatlichen Regierungsorganisationen” das staatliche Geld zu entziehen. Die repräsentierten nicht die Zivilgesellschaft, sondern “nichts anderes als der verlängerte Arm von links-grünen Parteien”. Das derart eingesparte Geld könne der Bund in die innere Sicherheit investieren. Kritik an den “NGOs” hat auch die Union geäußert – vor der Wahl. Da CDU und CSU jetzt Rücksicht auf den Koalitionspartner SPD nehmen müssen, kann die AfD die Union mit dem Thema quälen.

Zur Gesetzmündigkeit hat die Fraktion ebenfalls einen Antrag entwickelt. Diese solle von 14 auf zwölf Jahre sinken, da die Gewaltkriminalität von Jugendlichen als Problem zunehme. In dem Entwurf verweist die AfD-Fraktion auf die Situation in Schweden, wo Elfjährige als Auftragskiller verpflichtet würden. Auch in dem Themenfeld würden CDU und CSU gerne mehr herausholen, können aber mit Rücksicht auf die SPD nicht.

In weiten Teilen der Presse dringt die AfD mit solcher Sacharbeit nicht durch. Staatliche und staatsnahe Medien lassen die Partei mit inhaltlicher Arbeit nicht durchdringen. Gleichzeitig ziehen sie Zulagen für den Fraktionsvorstand als Thema groß auf, während sie diese bei anderen, befreundeten Parteien nie ansprechen würden. Damit verschärfen sie den “Brandmauer”-Konflikt. Staatliche und staatsnahe Medien werden von weiten Teilen der Bevölkerung nicht mehr als neutrale Berichterstatter gesehen, wenn es um die AfD geht. Und mit ihrer Themenwahl geben sie diesen Stimmen recht.

Einerseits profitiert die AfD von diesem Konflikt. Wenn staatliche und staatsnahe Medien sie bekämpfen, stärkt das in der Zielgruppe die Solidarität mit der Partei. Wenn die regierenden Parteien der AfD ihr zustehende Präsidentenposten verweigern, ihre Vertreter nicht zu Ausschussvorsitzenden wählen oder sie aus gewissen Ausschüssen fernhalten – dann hoffen die regierenden Parteien als Kämpfer für “unsere Demokratie” wahrgenommen zu werden. Doch immer mehr Bürger sehen darin nur Regelverstöße, die den regierenden Parteien helfen, ihre Pfründe zu mehren. Also profitiert die AfD letztlich von diesem Konflikt.

Aber der Konflikt hemmt sie auch. Solange es den regierenden Parteien und ihren Medien gelingt, ihren Anhängern die AfD als Horrorszenario zu verkaufen, solange dringt die Partei durch eine gewisse Decke nicht durch. Im Bund hängt die derzeit bei unter 30 Prozent. Die Gespräche mit dem BSW sind ein wichtiger Akt, um diese Decke zu durchbrechen. Sich inhaltlich mit Grundsatzbeschlüssen aufzustellen, ist die Voraussetzung dafür. An diesem Wochenende trifft sich die Fraktion zur Klausur, um auf diesem Weg voranzukommen.

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