Zweifel an Kanzler Friedrich Merz: Bislang unterstützt kein Landesverband der Union den Waffenboykott gegen Israel

vor 1 Tag

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Bildquelle: NiUS

Die Union ringt intern weiter mit dem Waffen-Boykott gegen Israel, den Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Freitag im Alleingang ohne Rücksprache mit Partei-Gremien, Fraktion und CSU verkündet hatte (NIUS berichtete). CSU-Chef Markus Söder hatte nach NIUS-Informationen auch einen Tag später noch keinen Kontakt zu Merz.

Auch im Kreise der Fraktionschefs von CDU und CSU in den Landtagen, Bürgerschaften und im Berliner Abgeordnetenhaus herrscht dem Vernehmen nach, durchweg völliges Unverständnis über diesen Schritt. Kein Landesverband signalisierte bislang Unterstützung für Merz. Aus der CDU in Nordrhein-Westfalen wird die Kritik an der Merz-Entscheidung zwar geteilt, doch erinnern Abgeordnete aus Düsseldorf daran, dass sie sich derzeit mitten im Kommunalwahlkampf befinden und ein größerer Skandal nicht hilfreich sei und die schwierigen Umfragewerte eher noch verschlechtere.

Auch Jens Spahn (CDU), Unionsfraktionschef im Bundestag, der sich öffentlich noch gar nicht zu dem Vorgang geäußert hatte, tritt intern auf die Bremse. Dass es massive Kritik an Merz in dieser Sache gebe, sei hinreichend klar geworden. Man brauche da jetzt keine weiteren Pressemitteilungen, wird Spahn von Abgeordneten zitiert.

Jens Spahn (CDU), Unionsfraktionschef im Bundestag, hat sich öffentlich noch gar nicht zu dem Vorgang geäußert.

In der Unionsspitze herrscht derweil hinter den Kulissen intensive Betriebsamkeit, um eine gemeinsame Linie zu finden. Das wird aus Sicht vieler Funktionäre durch die schiere Dimension des Vorgangs erschwert: Der Kanzler habe in einem unabgesprochenen Federstrich die wohl wichtigste Grundkonstante der deutschen Nachkriegspolitik über den Haufen geworfen. Das Verhältnis zu Israel fuße direkt auf den Lehren der Nazi-Zeit und lasse sich nicht einfach so tagespolitisch umkehren. „Still und elegant können wir die Kanzler-Entscheidung weder abmildern noch rückgängig machen, ohne dass Merz massiv Schaden nimmt“, sagt ein ehemaliger Staatssekretär. „Dass die Unionsbasis den Beschluss sang- und klanglos mitträgt, ist ebenfalls ausgeschlossen.“

Mit Spannung wird jetzt erwartet, wann und wie sich CSU-Chef Söder zu Wort meldet. Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat sich bislang nicht geäußert. Da an der Parteibasis die Zweifel an den Fähigkeiten von Merz wegen seiner Sprunghaftigkeit und den Alleingängen bereits seit den Koalitionsverhandlungen wachsen, spielt im Hintergrund auch die alte Rivalität um die Kanzlerschaft wieder eine Rolle. Wie immer Söder und Wüst reagieren, es wird auch als ein Signal gelesen, wer der bessere Kanzler wäre.

Markus Söder, CSU-Chef und Bayers Ministerpräsident

Eine solche Situation ist eigentlich bizarr, weil für gewöhnlich zunächst die Festigung des Machtanspruchs und die Gewöhnung von Partei und Öffentlichkeit an den neuen Regierungschef die erste Phase der Amtszeit prägen sollten. Merz, der sich noch im Wahlkampf intern sicher war, die Popularität möglicher Koalitionspartner zu „überstrahlen“, fasst erkennbar zumindest in den ersten einhundert Tagen (Stichtag ist der 13. August) nicht wirklich Fuß.

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