Zwischenwahlen: In den kommenden Monaten geht es für Milei um alles

vor 24 Tagen

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Bildquelle: Apollo News

Für Argentiniens Präsident Javier Milei geht es in den nächsten Monaten seiner Präsidentschaft ums Ganze. Im Oktober dieses Jahres stehen im Land Zwischenwahlen an – die Hälfte des Abgeordnetenhauses und ein Drittel des Senats werden neu gewählt. Vom Ergebnis dieser Wahlen hängt auch die Zukunft und der Erfolg von Mileis Präsidentschaft ab.

Denn bislang ist der promovierte Ökonom in nahezu allen seinen Schritten auf Kompromisse mit der Opposition angewiesen. Seine Partei, La Libertad Avanza (zu Deutsch: Die Freiheit schreitet voran), wurde erst vor vier Jahren gegründet und gewann bei der vergangenen Parlamentswahl, die gleichzeitig zur Wahl Mileis im Oktober 2023 stattfand, Fraktionsstatus. Sie ist jedoch immer noch eine kleine Fraktion – sie stellt im Abgeordnetenhaus 40 der 257 Sitze und im Senat sieben der 72 Sitze. Zum Vergleich: Die größte Oppositionspartei, die links-peronistische Unión por la Patria (zu Deutsch: Union für das Vaterland), stellt in den beiden Kammern 99 beziehungsweise 33 Sitze.

Deshalb musste Milei für seine größten Vorhaben, insbesondere das bisherige Herzstück seiner Präsidentschaft, das Ley Bases (zu Deutsch: Grundgesetz), Kompromisse mit dem liberal-konservativen Establishment in Argentinien, namentlich der Propuesta Republicana (zu Deutsch: Republikanischer Vorschlag) und der Unión Cívica Radical (zu Deutsch: Radikale Bürgerunion), schließen.

Wozu das führte, konnte man beim Ley Bases beobachten: Mileis ursprüngliches Gesetz sah 664 Artikel vor, die die argentinische Wirtschaft nahezu vollständig dereguliert hätten. Durch die Verhandlungen mit dem Establishment wurde das Gesetz auf insgesamt „nur“ noch 232 Artikel abgeschwächt. Zahlreiche Vorhaben, etwa die Abschaffung der Einkommenssteuer, wurden aus dem Gesetz gestrichen.

Freilich bedeutete das Gesetz, das im Juni vergangenen Jahres endgültig beschlossen wurde, immer noch einen großen Erfolg für Milei. Seine Wirkung hat es bislang ebenso wenig verfehlt: Die Inflation ist so gering wie schon lange nicht mehr – die Reallöhne sind deutlich gestiegen, die Armut hat deutlich abgenommen. Dennoch zeigte sich: Die argentinische Regierung fährt noch – gezwungenermaßen – mit angezogener Handbremse. Will Milei sein Regierungsprogramm also in letzter Konsequenz umsetzen, muss bei den Zwischenwahlen ein Erfolg her.

Die Vorzeichen für die Wahlen im Oktober sind bislang gut: In allen Umfragen liegt La Libertad Avanza auf Platz Eins – und soll, je nach Erhebung, zwischen 33 und 47 Prozent der Stimmen erhalten. Doch die Stimmung könnte leicht kippen: Bereits jetzt sinken in zahlreichen Umfragen zu Mileis Beliebtheitswerten die Zahlen.

Das liegt jedoch paradoxerweise wohl nicht an der wirtschaftlichen Situation des Landes: Dort konnte Milei bislang noch überzeugen, sondern am persönlichen Gebaren der Regierung: Milei wurde etwa in einen mindestens mittelgroßen Skandal verwickelt: Mitte Februar bewarb der argentinische Präsident auf seinem X-Account die Kryptowährung „$Libra“.

Tausende Anhänger Mileis kauften daraufhin den Kryptocoin – nur um wenige Stunden später festzustellen, dass der Großteil des in die Währung investierten Geldes plötzlich herausgezogen wurde. Der Kurs von „$Libra“ brach ein – rund 74.000 Milei-Anhänger, die in den Coin investiert hatten, sollen schätzungsweise 87 Millionen US-Dollar durch die wohl betrügerische Kryptowährung verloren haben.

Milei war offenbar ein Fehler unterlaufen: Die nebulösen Betreiber der Kryptowährung waren an ihn herangetreten, hatten die Währung als libertäres Zukunftsprojekt präsentiert – Milei ist auf die Betrugsmasche hereingefallen und hat so viele seiner Anhänger zehntausende US-Dollar gekostet. Der „Krypto-Skandal“, wie er von der argentinischen Opposition getauft wurde, ist kein Einzelfall. Immer wieder musste der Präsident zuletzt Beiträge in den sozialen Medien löschen, weil diese fragwürdige Sachen beworben hatten. Auch in der Regierung muss, angesichts der geringen Regierungserfahrung, noch eine gewisse Professionalisierung stattfinden.

Milei hat es während des ersten Jahres seiner Präsidentschaft, trotz seiner extravaganten Persönlichkeit, verstanden, sich als seriöser Staatsmann zu präsentieren. Die Lederjacke, die er auf Wahlkampfauftritten immer wieder trug, tauschte er gegen einen Anzug ein, sein persönlicher Auftritt in den sozialen Medien wurde vom Online-Auftritt der Regierung strikt getrennt. Innerhalb der vergangenen Wochen läuft der Präsident nun jedoch Gefahr, dieses Image grundlos zu beschädigen.

Umso wichtiger werden nun deshalb wirtschaftliche Ergebnisse für die Regierung. Schließlich war es der Hauptgrund, der zu seiner Wahl geführt hatte: Das bisherige Wirtschaftssystem im südamerikanischen Land hatte aufgehört zu funktionieren; die horrenden Staatsschulden konnten die von Subventionen abhängige Wirtschaft nicht mehr tragen; der Staat ließ immer mehr Geld drucken.

Milei versprach einen Ausbruch aus diesem Hamsterrad, und das hat er auch geliefert. Innerhalb eines Jahres hat er die Monatsinflation auf ein Zehntel dessen reduziert, was sie zu seinem Amtsantritt betragen hat, mittlerweile beträgt sie nur noch rund 2,4 Prozent. Erstmals seit vielen Jahren konnte das Land 2024 einen Haushaltsüberschuss erzielen. Innerhalb weniger Monate konnte die Regierung zehn Millionen Menschen aus der Armut befreien.

Die wirtschaftliche Schocktherapie hat das Land aus der Krise geholt, nun muss Milei Argentinien noch seinen Wohlstand zurückgeben. Innerhalb der letzten Monate ließen sich jedoch auch bereits erste Anzeichen einer zumindest kurzzeitigen Stagnation beobachten. Seitdem die monatliche Inflation im Oktober auf 2,7 Prozent gefallen ist, schwankt sie bereits seit Monaten zwischen 2,7 Prozent und 2,2 Prozent. Damit ist sie zwar weiterhin deutlich niedriger als lange vor Mileis Amtsantritt, jedoch immer noch bedeutend höher als in den meisten westlichen Nationen.

Bis zum Wahltermin im Oktober muss Milei also weiterhin politische Ergebnisse liefern – dafür hat er nun zumindest durch den Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump, seinem größten Verbündeten im Ausland, mehr Möglichkeiten. Außerdem konnte seine Regierung durch die disziplinierte Finanzpolitik die Freigabe von vorher blockierten Krediten des Internationalen Währungsfonds (IWF) erreichen: Mit den neuen Geldern, insgesamt 20 Milliarden US-Dollar, kann der Peso durch den Ankauf der US-Währung stabilisiert werden. Gleichzeitig können mit dem Geld die strukturellen Reformen der Regierung finanziert werden.

Chancen hat Milei also wohl genug: Die bisherige Bilanz der Regierung ist fast durchweg positiv. Ein Sieg bei den Zwischenwahlen würde dem libertären Reformer deutlich mehr Freiheiten geben – der Erfolg seiner Präsidentschaft hängt also an den Monaten bis Oktober.

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