
„Ene, mene, muh – und raus bist du!“ Der alte Kinderreim könnte für Parteien als Hymne für den schnellen Ausschluss politischer Gegner dienen. Die politische Auseinandersetzung in Deutschland treibt merkwürdige Blüten. Denn längst werden nicht nur Worte, sondern auch die Auslegung von Symbolen und Gesten instrumentalisiert. Besonders wenn es Parteien an politischen Ideen mangelt, wird gern die Justiz bemüht, um den Gegner auszuschalten.
Ein aktuelles Beispiel ist die bevorstehende Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt (Oder) am 21. September, bei der auch der AfD-Landtagsabgeordnete Wilko Möller als einer von vier Kandidaten ins Rennen geht.
Zwar stellt die Partei in der Stadtverordnetenversammlung die größte Fraktion, doch nicht nur die Linken wollten einen Wahlsieg Möllers mit allen Mitteln verhindern. Und das scheint kurz vor der Abstimmung gelungen zu sein.
Dabei schreckten die sogenannten etablierten Parteien auch vor einer äußerst eigenwilligen Interpretation eines AfD-Plakates, mit dem stärkerer Kinderschutz gefordert wird, nicht zurück. Besonders kreativ agierte Anja Kreisel (Die Linke). Sie will auf dem Plakat, das zwei lächelnde Erwachsene zeigt, die mit jeweils einem erhobenen Arm ein schützendes Dach über drei Kindern bilden, einen versteckten Hitlergruß entdeckt haben. Dies könnte nach § 88 (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.
Offenbar zutiefst empört zeigte die Kreisvorsitzende der Linken bereits im vergangenen Jahr nicht nur Wilko Möller, sondern auch den Grafikdesigner des vermeintlich anstößigen Plakates an. Ob auch den Models und Plakatklebern demnächst Anzeigen ins Haus flattern, ist nicht bekannt. Dass Möller als Vater von fünf Kindern der Kinderschutz ein besonderes Anliegen sein könnte, wurde dabei nicht berücksichtigt und wirft die Frage auf, wie weit politische Gegner bereit sind zu gehen, um einen Rivalen zu diskreditieren.
Der Fall Möller liegt der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) bereits seit ca. einem Jahr zur Prüfung vor. Doch erst jetzt, wenige Tage vor dem Wahltermin, erhob sie vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) Anklage gegen den AfD-Mann.
Zu dessen Gegenkandidaten gehört auch Désirée Schrade. Die CDU-Politikerin ist mit Sören Schrade, einem der vorsitzenden Richter am Landgericht Frankfurt/Oder, verheiratet, der zuvor viele Jahre als Staatsanwalt in der brandenburgischen Grenzstadt tätig war. In der Staatsanwaltschaft lernte er damals seine Frau kennen, die ab 2013 zur selben Zeit ihr juristisches Referendariat absolvierte. Ein Schelm, der Böses dahinter vermutet.
Möller ist jedoch nicht der erste AfD-Kandidat, dem per Gerichtsbeschluss die Kandidatur untersagt wurde. Besonders der Fall Joachim Paul, der in Ludwigshafen von der Bürgermeister-Kandidatur ausgeschlossen wurde, sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Aber auch der Name von Uwe Detert, der sich im ostwestfälischen Lage zur Bürgermeisterwahl stellen wollte, wurde dort vom Wahlzettel gestrichen. Die interessante Begründung der Gerichte: „Zweifel an der Verfassungstreue der Kandidaten“. So könnte es auch dem Frankfurter Kandidaten Möller ergehen, wenn das Urteil für ihn ungünstig ausfällt. Dann würde er wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole verurteilt und könnte von der Wahl ausgeschlossen werden.
Die absurde Diskussion um das Plakat könnte nicht nur die gesamte politische Kultur in Deutschland beeinflussen, sondern führt langfristig zur Einschränkung der kreativen Freiheit. Die Angst, in der politischen Auseinandersetzung missverstanden oder falsch interpretiert zu werden, treibt dann auch Künstler und Gestalter zur Selbstzensur, die sich nicht mehr trauen, ihre Botschaften offen zu kommunizieren.
Die größten Verlierer jedoch sind einmal mehr die Wähler. Sie werden sich künftig noch entschlossener von den sogenannten etablierten Partein abwenden. Währenddessen sinkt nicht nur das Vertrauen in die Politik, die die Bürger mit leeren Wahlversprechen abspeist, sondern auch in die Justiz, die politisiert und durch die Politik instrumentalisiert wird.