
Am Freitag diskutierte der Bundestag in einer Aktuellen Stunde zur Kramer-Affäre. Beantragt hatte die Debatte mit dem offiziellen Titel „Mögliche Einflussnahme der Präsidenten der Verfassungsschutzämter verhindern – Ereignisse in Thüringen ernst nehmen“ die AfD. Als letzter Tagesordnungspunkt bei einer Bundestagssitzung in diesem Jahr kam ihr dabei symbolische Bedeutung zu. Mit der Aktuellen Stunde werden die Enthüllungen um die Amtsführung des Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Stephan Kramer nun auch bundespolitisch ein Thema.
Anders als im Thüringer Landtag, wo am vorvergangenen Freitag hart über die Rolle Kramers und seiner politischen Verbindungen zu Ministerpräsident a.D. Ramelow und Landesinnenminister Georg Maier gestritten wurde, fand hier eine sachliche Debatte kaum statt. Stattdessen sprach kaum ein Redner über das tatsächliche Thema, sondern widmete sich der AfD-Fraktion.
Als Erstes trat die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch ans Rednerpult. Sie kritisierte zuerst den Bundesverfassungsschutz, bei ihm stellte sie eine „rücksichtslose Instrumentalisierung (…) für parteipolitische Interessen fest“. Dann thematisierte sie auch die Kramer-Affäre: „Und als wir dachten, schlimmer wird es nicht mehr, da kamen die Apollo-Enthüllungen über den Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes Kramer.“
Vor allem kritisierte von Storch die aus ihrer Sicht ausbleibende Debatte in der Affäre Kramer: „Dass die öffentliche Debatte ausbleibt, ist der eigentliche Skandal.“ Es sei ein „Totalausfall der öffentlichen Kontrolle durch die Medien“.
Auch aus der FDP kamen kritische Stimmen zur Kramer-Affäre. „Der Vorwurf (…) ist in der Tat hart. (…) Da gibt es aber in einem Rechtsstaat Verfahren dazu.“ Auch sein Fraktionskollege Fabian Griewel hat Hoffnung auf die parlamentarische Aufarbeitung der Kramer-Affäre in Thüringen. „Wenn dort Dinge geschehen sind, die nicht in Ordnung sind, werden die (…) parlamentarisch kontrolliert“, sagte Griewel in seiner Rede zur Aktuellen Stunde.
Anders sieht die Kramer-Affäre anscheinend bei den Parteifreunden des Amtspräsidenten in der SPD aus. Die beiden Redner der Kanzlerpartei während der Aktuellen Stunde, Carmen Wegge und Ralf Stegner, äußerten sich nicht zu den Vorwürfen gegen den Verfassungsschutzpräsidenten. Stattdessen griffen sie die AfD scharf an und warfen ihr unter anderem „Rechtsextremismus“ und „Bestrebungen gegen das Demokratieprinzip“ vor.
Immerhin, Stegner schien Kramers harten AfD-Kurs in Thüringen und die dortige Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ zu befürworten: Die AfD sei „rechtlich gesichert rechtsextrem“, das könne „man gar nicht bestreiten“, rief Stegner während seiner Rede der AfD-Fraktion zu. Dabei ignorierte der SPD-Politiker, dass die Einstufung der AfD in Thüringen auf einem fragwürdigen Gutachten basiert, nachdem Kramer ein entlastendes Ergänzungsgutachten ausklammern ließ (Apollo News berichtete exklusiv).
Auch bei den Grünen sieht man anscheinend keinen Bedarf für Aufarbeitung. Der Grünen-Abgeordnete Leon Eckerle etwa erwähnte in seiner Rede zur Aktuellen Stunde kein einziges Mal die Wörter Kramer oder Thüringen. Stattdessen sprach auch er sich gegen die AfD aus. Man bräuchte den Verfassungsschutz nicht, um zu erkennen, dass die AfD „eine Gefahr für die Demokratie“ sei, hieß es unter anderem in seiner Rede.
In der Union stimmte man unterdessen vorsichtigere Töne an. Der CDU-Abgeordnete Hendrick Hoppenstedt führte dazu aus, dass das Thema „letztendlich auf die Arbeit des Thüringer Landesverfassungsschutzes zurückzuführen“ sei. Mit solchen Fragen müssten sich deshalb die zuständigen Landtage befassen. Es gebe im Land „wichtigere Themen als eine Entscheidung eines Landesverfassungsamtes in Thüringen“.
Deshalb entschied sich Hoppenstedt, nicht zur Sache zu sprechen und widmete seine Rede, wie auch Kollegen aus anderen Fraktionen, vor allem der AfD. Etwa verurteilte er Vergleiche der Verfassungsschutzes mit der Stasi seitens der AfD als „unentschuldbare Relativierung des DDR-Unrechtes“. Ähnlich positionierte sich auch Marc Henrichmann, der zweite Redner der CDU während der Aktuellen Stunde.
Da für die Aktuelle Stunde nur Fraktionen Redner zulassen konnten, gab es keine Redner aus der BSW und der Linken, da beide Parteien im Bundestag nur Gruppen stellen. Nach dieser Aktuellen Stunde bleibt abzuwarten, wie sich die Kramer-Affäre auch bundespolitisch auswirken wird. Bereits jetzt soll in Thüringen ein Untersuchungsausschuss in der Sache entstehen (Apollo News berichtete).
Während der Aktuellen Stunde im Landtag in Erfurt hatten sich CDU, AfD und BSW für eine Aufarbeitung der Vorwürfe gegen den Thüringer Verfassungsschutz-Chef Kramer ausgesprochen (Apollo News berichtete).