
Im Dezember vergangenen Jahres berichtete Apollo News exklusiv über schwere Vorwürfe gegen den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Stephan J. Kramer. Aus dem Thüringer Innenministerium, dem das Amt für Verfassungsschutz untersteht, und aus der Behörde selbst kam nur Schweigen: Weder wurden die Vorwürfe dementiert noch bekräftigt.
Apollo News war deshalb, vertreten durch den Berliner Rechtsanwalt Walther Wegner, im Februar vor Gericht gezogen, nachdem das Thüringer Innenministerium einen presserechtlichen Auskunftsanspruch nach Paragraf 85 Absatz 3 des Thüringer Beamtenrechtsgesetzes abgelehnt hatte.
Das Verwaltungsgericht Weimar gab am 23. April dem Antrag in Teilen statt und zwang das Innenministerium dadurch, mehrere Fragen zu einem zentralen Vorwurf gegen Kramer zu beantworten: So hatte Apollo News mehrere Fragen zu einem Disziplinarverfahren gestellt, das gegen Kramer eingeleitet worden war, nachdem er Interna aus dem Amt an zwei Journalisten des MDR, Ludwig Kendzia und Axel Hemmerling, weitergegeben hatte (Apollo News berichtete exklusiv).
Dass dieses Disziplinarverfahren stattgefunden hatte, konnte Apollo News bereits durch die Veröffentlichung von Auszügen aus einem internen Dokument des Thüringer Innenministeriums zeigen. Nun ist die Existenz des Verfahrens gegenüber Apollo News auch von offizieller Seite bestätigt worden. So gab das Innenministerium nach dem Urteil an, dass das entsprechende Disziplinarverfahren „in der Zeit von Dezember 2018 bis November 2019“ geführt worden ist. Insgesamt wurden dabei sechs Zeugenvernehmungen durchgeführt.
Ursprung des eingeleiteten Disziplinarverfahrens gegen Kramer war ein Foto aus dem Jahr 2015, auf dem Kramer, der in der Motorradrockerszene aktiv ist, bei einer Kranzniederlegung für Gefallene der Roten Armee mit Mitgliedern der Nachtwölfe, einer als Putin-nah geltenden ausländisch-extremistischen Organisation, posierte. 2018 soll ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes versucht haben, mit diesem Foto an die Öffentlichkeit zu gehen. Er kontaktierte 2018 die MDR-Journalisten Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia, die sich als Investigativjournalisten präsentieren.
Doch die beiden Journalisten veröffentlichten den Vorgang nicht – stattdessen kontaktierten sie Stephan Kramer selbst und informierten ihn über seinen Mitarbeiter, der auspacken wollte. Ein schwerwiegender und eindeutiger Bruch des journalistischen Ehrenkodex zum Schutz von Quellen. Der Vorgang ist in Chatverläufen belegt. Diese Chatverläufe gab Kramer dann an das dem Verfassungsschutz übergeordnete Thüringer Innenministerium weiter. Kurze Zeit später arbeitete der Mitarbeiter nicht mehr im Amt für Verfassungsschutz.
Aufgrund des in den Chatverläufen dokumentierten Austauschs von Kramer mit beiden Journalisten über einen seiner eigenen Mitarbeiter und über weitere Interna wurde dann das bereits erwähnte Disziplinarverfahren gegen Kramer selbst eröffnet. Im Verfassungsschutz wurden auch die Journalisten Kendzia und Hemmerling befragt.