Aus „verfassungsrechtlicher Sicht unzulässig“: AfD droht Bundestagspräsidentin mit Klage wegen Sondersitzungen

vor etwa 2 Monaten

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Bildquelle: Apollo News

In einem Schreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, das Apollo News vorliegt, kritisiert die AfD die geplanten Sondersitzungen des alten Bundestags für das Sondervermögen von Union und SPD. Die Partei fordert eine Absage der Sitzungen. Andernfalls droht die AfD mit einer Verfassungsklage, sollte Bas an der Einberufung festhalten. Unterstützt wird die AfD in ihrem Vorhaben von der Kanzlei Höcker, die das Schreiben verfasst hat.

Die Sitzungen, die für die kommenden zwei Wochen angesetzt sind, wurden auf Verlangen von CDU und CSU sowie der SPD einberufen. Hintergrund ist die Grundgesetzänderung, die erforderlich ist, um einen Infrastruktur-Sondertopf in Höhe von 500 Milliarden Euro zu schaffen und massive Investitionen in die Verteidigung zu ermöglichen. Die bisherigen Mehrheitsverhältnisse im alten Bundestag würden eine Verabschiedung noch ermöglichen – im neuen Parlament hingegen fehlt SPD und Union auch mit den Grünen die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit.

In dem Schreiben argumentiert die AfD, dass die Einberufung der Sitzungen gegen Artikel 39 des Grundgesetzes verstoße. Laut dieser Vorschrift kann der Bundestagspräsident eine Sondersitzung nur dann einberufen, wenn ein Drittel der Abgeordneten dies ausdrücklich verlangt. Die Bundestagspräsidentin stützt sich jedoch lediglich auf das Verlangen der beteiligten Fraktionen, die insgesamt mehr als ein Drittel der Sitze innehaben.

Allerdings seien Fraktionen laut Grundgesetz nicht befugt, eine solche Einberufung zu beantragen. „Vielmehr müssten Ihnen (mindestens) 246 konkrete, handschriftlich unterzeichnete Verlangen namentlich benannter Abgeordneter vorliegen, da Sie nur so das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Ausnahmevorschrift des Art. 39 Abs. 3 S. 3 GG (‚ein Drittel der Mitglieder‘) feststellen können. Das ist bislang unstreitig nicht der Fall“, heißt es in dem Schreiben.

Die AfD führt weiter aus, dass der alte Bundestag nach der Wahl des neuen Parlaments keine weitreichenden Entscheidungen mehr treffen dürfe, insbesondere keine Grundgesetzänderungen beschließen solle. Die Legitimation für solche Maßnahmen sei mit der Wahl des neuen Bundestags erloschen.

„Die Idee, ein Sondervermögen auf Verfassungsebene mit den Stimmen des alten Bundestages zu beschließen, um die Mehrheiten des neuen Bundestages zu umgehen, ist daher nicht nur politisch fragwürdig und der Wahlentscheidung des Souveräns gegenüber gleichgültig, sondern auch aus verfassungsrechtlicher Sicht unzulässig.“

Die Kanzlei Höcker verweist darauf, dass mit dem Wahltag die demokratische Legitimität des neuen Bundestags beginnt, auch wenn dieser sich erst später konstituiert. Damit verliere der alte Bundestag automatisch einen Teil seiner Legitimation, insbesondere für irreversible Entscheidungen wie Grundgesetzänderungen.

Ein weiterer Punkt in dem Schreiben ist die verfassungswidrige Verzögerung der Einberufung des neuen Bundestags. Die Bundestagspräsidentin hat die konstituierende Sitzung für den 25. März 2025 angesetzt, obwohl das amtliche Endergebnis der Wahl bereits am 14. März 2025 erwartet wird. Die AfD sieht hierin eine vorsätzliche Verzögerung, um das alte Parlament noch wichtige Entscheidungen treffen zu lassen.

„Sollten Sie nach Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses durch den Bundeswahlausschuss am 14.03.2025 entweder an weiteren Terminen des ‚alten‘ Bundestags festhalten oder es unterlassen, den ‚neuen‘ Bundestag unverzüglich zu konstituieren bzw. zur ersten Sitzung zu laden, behalten sich unsere Mandanten auch deswegen verfassungsgerichtliche Schritte vor“, warnt die AfD.

Neben den formalen Verstößen gegen das Grundgesetz sieht die Partei auch inhaltliche Probleme bei den geplanten Änderungen. Die Grundgesetzänderung soll unter anderem ermöglichen, dass 500 Milliarden Euro neue Schulden für die Infrastruktur aufgenommen werden und für die Verteidigungsausgaben eine unbegrenzte Schuldenaufnahme erlaubt wird. Die AfD argumentiert, dass dies die Haushaltsautonomie künftiger Parlamente unverhältnismäßig einschränkt und die Schuldenbremse faktisch außer Kraft setzt.

„Der mit der verfassungsrechtlichen Kreditbegrenzungsregelung (Art. 109 Abs. 3 S. 1 GG) verfolgte Schutzzweck gründet in dem Prinzip der Generationengerechtigkeit und ist zugleich Ausdruck des Respekts vor der Gestaltungsbefugnis künftiger Gesetzgeber.“ Die Kanzlei Höcker betont, dass ein Sondervermögen haushaltsrechtlichen Grundsätzen wie Jährigkeit, Haushaltsklarheit und Einheitlichkeit entsprechen müsse. Eine unbefristete Kreditaufnahme ohne klare Tilgungsbestimmungen sei verfassungsrechtlich nicht zulässig.

Sollte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas an den geplanten Sitzungen festhalten, werde die AfD unverzüglich vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die Partei sieht in der geplanten Vorgehensweise einen klaren Verstoß gegen das Demokratieprinzip und das Grundgesetz. Das Schreiben der Kanzlei Höcker fordert die Bundestagspräsidentin auf, die Sitzungen bis zum 10. März 2025 abzusagen – ansonsten werde ein verfassungsgerichtliches Eilverfahren eingeleitet.

Auch andere Parteien und Einzelabgeordnete teilen die Bedenken der AfD. Die Linke prüft rechtliche Schritte, um gegen die Sondersitzungen vorzugehen. Die parteilose Abgeordnete Joana Cotar, die ehemals für die AfD in den Bundestag zog, hat bereits angekündigt, eine Verfassungsklage einzureichen. Sie sieht es als verfassungswidrig an, dass das alte Parlament Entscheidungen trifft, die der neue Bundestag zu verantworten hätte.

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