
Die Berliner SPD will im großen Stil Enteignungen durchzusetzen. Das führt die Fraktion in einem Entwurf über ein Vergesellschaftungsrahmengesetz aus. Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll für die Vergesellschaftung von Immobilien oder Produktionsmitteln sogar eine eigene „Vergesellschaftungsbehörde“ eingerichtet werden.
Laut dem, Entwurf der dem Tagesspiegel vorliegt, soll nicht nur Immobilienbesitz enteignet werden, sondern generell Unternehmen sowie „Produktionsmittel natürlicher oder juristischer Personen, die im Land Berlin Waren und Güter herstellen oder Dienstleistungen erbringen“. Die Vergesellschaftung solle, so heißt es weiter, Bereiche betreffen, die als „elementare Bereiche der Daseinsvorsorge“ gelten.
Darunter versteht man „die unmittelbare Deckung eines öffentlichen Bedarfs der Daseinsvorsorge ohne Gewinnabsicht“. Darunter würden „die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum“, „die Grundversorgung mit Energie, Wasser und Wärme“, die Abwasser- und Abfallbeseitigung, der öffentliche Nahverkehr, aber auch „Post-, Telekommunikations- und digitale Kommunikationsdienste“ fallen. Diese Liste sei „nicht abschließend“, heißt es dann weiter.
Die SPD will außerdem die Entschädigung, die die Eigentümer erhalten sollen, reduzieren. Im Gesetzentwurf formuliert man es so, dass die Entschädigung niedriger als der Verkehrswert sein und „in Geld oder in anderen Werten erfolgen“ kann. Es würde sich um eine „strukturelle Veränderung der Eigentumsordnung zugunsten einer gemeinwirtschaftlichen Nutzung“ handeln, erklären die Sozialdemokraten.
Diese „Transformation“ würde dann die niedrigere Höhe der Entschädigung „im Licht des Wechsels von einer privatnützigen zu einer gemeinwohlorientierten Verwendung“ des Eigentums relativieren, heißt es im Tagesspiegel. Die Höhe der Entschädigung würde sich an einer Art „gemeinwirtschaftlichen Ertragswert“ und nicht daran, wie hoch der Ertrag in der Privatwirtschaft ist oder sein könnte, richten.
Möglich sei aber auch „ein hypothetischer Wert“. Eine Entschädigung nach Verkehrswert, wie man es fordert, würde eine „Erstattung des Barwertes derjenigen der privatnützigen Verwendung inhärenten Machtposition“ sein, die mit der Vergesellschaftung abgeschafft wird.
Die SPD bringt dann auch noch eine Art Vorstufe zu der Enteignung ins Spiel. Als milderes Mittel, so nennt es die SPD, können auch andere Formen der Gemeinwirtschaft der Vergesellschaftung vorgehen, berichtet der Tagesspiegel. Dafür will die SPD an den Rechten der Eigentümer schrauben: Unternehmen können etwa in Privateigentum bleiben, dafür müsse der Eigentümer sich aber „Mitbeteiligungs- und Einflussrechte gesellschaftlichen Kollektivorganen“ unterwerfen, durch die der Einfluss der Eigentümer eingeschränkt werde. Dazu würden Vorgaben zählen, wie der Eigentümer Gewinne verwenden muss (!): etwa für Klimaschutz, Inklusion oder Antidiskriminierung, heißt es im Gesetzesentwurf.
Für das Ganze will die SPD dann auch noch die Prüfung der Verhältnismäßigkeit abschwächen. In dem Gesetzesentwurf nennt man es „Abschwächung der Prüfungsdichte“. Die SPD will, dass nur das „offensichtlich mildere, gleich geeignete Mittel“ der Vergesellschaftung vorzuziehen sei, weil man bei einer Vergesellschaftung „als umfassendes Vorhaben“ die „Folgen vorab schwerlich in Gänze und in Einzelheiten“ absehbar seien.
Aus der CDU Berlin folgte auf den Entwurf Kritik. Bürgermeister Kai Wegner schrieb auf X: „Ich will eine starke Wirtschaft. Die Enteignungsdebatte schadet Berlin. Sie verunsichert Investoren, untergräbt Vertrauen in den Standort und gefährdet Arbeitsplätze. Mit mir wird es keine Enteignungen geben.“ Ottilie Klein, Generalsekretärin der Berliner CDU, sprach von einer SPD „auf Abwegen“. „Biedert sich die SPD gerade als Mehrheitsbeschafferin für einen Regierenden Bürgermeister der Linkspartei an?“, hieß es von ihr auf „X“ weiter.
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Noch im Juni hatte sich die schwarz-rote Koalition auf mehrere Eckpunkte eines Vergesellschaftungsrahmengesetzes geeinigt. Ein solches Gesetz hatte sich die Koalition als Ziel vorgenommen, nachdem ein Volksentscheid in Berlin zur Enteignung von großen Immobilienkonzernen im September 2021 Erfolg hatte. Völlig fremd ist der Enteignungsplan der CDU also nicht – anders als Wegner und einige seiner Kollegen jetzt suggerieren.
Offen befürworten wird das Vorhaben derweil die Linkspartei, die 2026 massiv an Einfluss gewinnen könnte. Laut dem aktuellen „BerlinTrend“ von Infratest dimap im Auftrag des rbb aus Juni stehen alle Zeichen auf einen Rot-Rot-Grünen Senat. Führte bisher immer die SPD eine solche Koalition an, ist die SPD inzwischen nur noch viertstärkste Kraft hinter der CDU und den beiden potenziellen Partnern für Rot-Rot-Grün, den Linken und den Grünen.
Die Linke ist laut Umfrage mit 19 Prozent zweitstärkste Kraft, eine deutliche Verbesserung von 13 Prozentpunkten seit der letzten Umfrage. Die Union liegt derweil nur noch bei 25 Prozent und verliert damit deutlich an Zustimmung. 28,2 Prozent hatte Wegner bei der Wiederholungswahl 2023 geholt – seine Amtszeit überzeugte bisher offenbar nur wenige Berliner.