
Am Mittwoch entschied das Berliner Verfassungsgericht, dass das Volksbegehren „Berlin autofrei“ zulässig ist. Dabei argumentierte das Gericht damit, dass es keinen Grundrechtsanspruch auf das Autofahren gebe. Die Initiative will, dass innerhalb des Berliner S-Bahn-Ringes nach einer Übergangszeit von vier Jahren nur noch zwölf Privatfahrten pro Jahr unternommen werden dürfen.
Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport hatte Bedenken gehabt, ob der Gesetzesentwurf mit der Verfassung vereinbar sei. Das Gericht schrieb in einer Pressemitteilung, dass die „gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens gegeben sind“. Weiter heißt es: „Das vorgesehene Gesetz greift auch nicht in Grundrechte ein. Aus diesen lässt sich kein Anspruch auf einen bestimmten straßenrechtlichen Gemeingebrauch, das heißt die dauerhafte Aufrechterhaltung allgemein eingeräumter Nutzungsrechte an öffentlichen Straßen herleiten.“
Auch die Verhältnismäßigkeit sei gegeben. Der Gesetzesentwurf würde „wichtige Gemeinwohlziele“ verfolgen, wie den Klimaschutz oder den „Schutz von Leben und Gesundheit“. Das Gericht bestätigt, dass „die angestrebte Beschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs zum Teil erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen und Privatpersonen haben dürfte“.
Die Initiative jubelt über die Entscheidung: „Wir haben gewonnen, und zwar auf ganzer Linie: Die Zukunft Berlins gehört der Sicherheit, dem Klimaschutz und der Gesundheit aller Berlinerinnen und Berliner — und nicht dem hemmungslosen Autoverkehr“. Am Mittwochabend fand eine Party statt, wie auf der Webseite der Initiative angekündigt wurde.
Nun will die Gruppe die zweite Etappe der Unterschriftensammlung angehen: Dazu müssten innerhalb von vier Monaten mindestens sieben Prozent der Berliner, die für das Abgeordnetenhaus wahlberechtigt sind, unterschreiben. Das entspricht etwa 170.000 Unterschriften. Kommen so viele Unterschriften zusammen, dann würde es einen Volksentscheid geben.
Bei dem Volksentscheid stimmen die Wahlberechtigten direkt über den Gesetzesentwurf ab. Der Entscheid wäre erfolgreich, wenn mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten dafür stimmt. Außerdem muss insgesamt eine Mehrheit aller, die abgestimmt haben, für den Entwurf gestimmt haben.
Die Initiative sagt auf ihrer Webseite, dass unter die Privatfahrten auch Umzüge und Fahrten in den Urlaub fallen. Langfristige Sondergenehmigungen für den Lieferverkehr sollen online beantragt werden können. Es wird mit Verwaltungskosten von fünf Millionen Euro gerechnet. Weitere Ausnahmen sind für Polizei und Rettungskräfte vorgesehen sowie für Personen mit eingeschränkter Mobilität.
„Berlin autofrei“ ist dabei auch Elektroautos gegenüber skeptisch: „Einfach nur die Verbrenner durch Elektroautos zu ersetzen, löst keines der Probleme, auf die unser Volksentscheid abzielt.“ Sollte das Volksbegehren die nächste Hürde nehmen, wäre die Bewegungsfreiheit der Bewohner stark eingeschränkt.