
„Der deutsche Staat hat kein Einnahmenproblem, er hat ein Ausgabenproblem.“ Schon in der Einleitung gibt Björn Harms die Richtung vor. Was dann auf 288 Seiten folgt, oszilliert zwischen amüsant und erschütternd. „Der NGO-Komplex: Wie die Politik unser Steuergeld verprasst“ ist keine sogenannte Pflichtlektüre – denn das Buch ist so gut geschrieben, dass man es gerne völlig freiwillig liest.
Doch was darin beschrieben wird, sollte man als deutscher Bürger wissen.
Fast eine Billion Euro an Steuern hat der deutsche Staat im Jahr 2024 eingenommen. In Zahlen: 1.000.000.000.000. Doch den staatstragenden Parteien reicht das nicht. Sie genehmigen sich einen Rekord-Schluck aus der Schulden-Pulle und liebäugeln zusätzlich mit Steuererhöhungen. Neben der allfälligen Inkompetenz der Bürokratie ist es vor allem ein zweiter Grund, der Unmengen an Geld verschlingt. Harms zeigt das eindrucksvoll: Mit Milliarden wird ein engmaschiges Netz linker Lobbygruppen gemästet.
Sie machen im Auftrag ihrer öffentlichen Geldgeber jene Drecksarbeit gegen die politische Opposition, die die Regierung selbst aufgrund ihres „Neutralitätsgebots“ nicht ausführen darf.
Harms ist studierter Historiker und ausgebildeter Journalist. Mit Quellenarbeit und Recherche kennt er sich aus. Akribisch zeigt er auf, welche Ministerien besonders großzügig das Geld des Steuerzahlers versenken und welche – nicht selten zwielichtigen – Vereine mit Steuermitteln aus unzähligen Bundesprogrammen am Leben erhalten werden. Das Netzwerk hat mittlerweile eine kaum noch zu überblickende Größe: In Deutschland sind mehrere Zehntausend solcher Vereine aktiv.
„In Wahrheit handelt es sich also um privatisierte Regierungsorganisationen, die nur den Anschein einer Unabhängigkeit wahren. Der Einfluss dieser Lobbygruppen, die sich vor allem dem ‚Kampf gegen Rechts‘ verschrieben haben, kann kaum überschätzt werden. Die Mitarbeiter dienen als gefragte Interviewpartner für Funk und Fernsehen oder nehmen in Parlamentsanhörungen Einfluss auf die Politik. Auch an Gesetzesvorhaben wirken sie mit. Häufig veranstalten die Parteien Gesprächsrunden, bei denen auch ‚die Zivilgesellschaft‘ nicht fehlen darf.“
Harms deckt auf, wie sich zwischen dieser „Zivilgesellschaft“, der Politik und den Medien eine veritable Kreislaufwirtschaft gebildet hat – und wie sie funktioniert.
Die Migration hat sich als Geschäftsmodell etabliert. Das ist kein Wunder, denn in dem Bereich ist sehr, sehr viel staatliches Geld zu holen. Unter „Sozialtransferleistungen nach Asylverfahren“ fasst man die Kosten für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern, die sogenannten „Integrationsleistungen“, Entlastungszahlungen für die Kommunen und Länder oder auch Mittel zur „Fluchtursachenbekämpfung“ zusammen. Allein im Jahr 2023 gab allein der Bund dafür 29,8 Milliarden Euro aus.
Weitere Milliarden, etwa aus den Länderhaushalten, sind hier noch gar nicht mit aufgeführt. So haben die Länder 2023 beispielsweise 6,3 Milliarden Euro brutto für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgegeben.
Solange der Zustrom an Asylbewerbern nicht abreißt, fließt das Geld. Die in diesem Bereich tätigen NGOs haben – betriebswirtschaftlich folgerichtig – kein Interesse daran, dass weniger Flüchtlinge zu uns kommen. Im Gegenteil. Die Geldquelle Asyl wird für viele deutsche Wohlfahrtsorganisationen immer wichtiger: „Migrationsberatung“, „Asylverfahrensberatung“, „Integrationskurse“, „Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge“ oder Hilfsprogramme wie „Menschen stärken Menschen“ und „Migrantinnen einfach stark im Alltag“ – überall in diesen Gebieten haben die Wohlfahrtsverbände ihre Finger mit Spiel.
Kein Wunder, dass der Paritätische Wohlfahrtsverband im Juli 2024 eindringlich vor Einsparungen „im Bereich Migration und Flucht“ gewarnt hat.
In den modernen westlichen Industriestaaten, so diagnostiziert Harms, ist das Verhältnis des Bürgers zum Staat gekippt. Die Herrschenden sehen in der Bevölkerung nicht mehr den Souverän, sondern ein Therapie-Objekt.
„Heutzutage muss ein guter Bürger progressive Werte, Diversität und das Streben nach Gleichheit als selbstverständlich ansehen. Abtrünnige werden durch Ausgrenzung bestraft. (…) Ihr Vergehen ist pathologischer Natur – ein Symptom von ‚Homophobie‘, ‚Transphobie‘, ‚Fremdenfeindlichkeit‘, ‚Weißsein‘ oder ‚toxischer Männlichkeit‘ – alles Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit, die eine umfangreiche Umerziehung erfordern.“
Diese Umerziehung hat die Regierung an NGOs ausgelagert. Zum Beispiel besteht das „Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz“ aus fünf Lobbyvereinen, die alle vom Steuerzahler durchgefüttert werden: die „LPR-Trägergesellschaft für jugendschutz.net“, die „neuen deutschen Medienmacher*innen“, „HateAid“, „NETTZ“ und die „Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur“.
Doch das erledigt der Staat nicht selbst: Damit beauftragt er Agenturen, die er dann dafür bezahlt. Allein im Jahr 2024 erhielten die fünf genannten Vereine vom Bundesfamilienministerium rund 2,3 Millionen Euro. Damit sollen sie unter anderem bis 2028 eine „bundeszentrale Infrastruktur (…) gegen Hass im Netz und Desinformation“ aufbauen.
Hauptquartier des NGO-Komplexes ist das Bundesfamilienministerium. Harms beschreibt detailliert, wie dort im Jahr 2001 die aus der untergegangenen DDR stammende sozialdemokratische Ministerin Christine Bergmann das Aktionsprogramm „Jugend für Toleranz und Demokratie“ gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ins Leben gerufen hatte. Zahlreiche linke Lobbygruppen dockten danach dort an und sicherten sich ihre Finanzierung. Bis 2006 erhielten rund 4.500 Projekte, Initiativen und Maßnahmen Steuergeld in Höhe von etwa 192 Millionen Euro.
„Knapp zehn Millionen Mark aus dem Etat des Aktionsprogramms entfielen schon 2001 auf ein Programm, das von der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung betreut wurde. Diese war erst wenige Jahre zuvor von der ehemaligen Stasi-Mitarbeiterin Anetta Kahane gegründet worden. Durch ihre Zusammenarbeit mit der Bundesregierung entschied sie somit, welche NGO-Projekte wie viel Geld erhielten.“
Heute bekommt Kahanes Club vom Staat jedes Jahr etwa sechs Millionen Euro. Das entspricht ziemlich genau den Personalkosten der Stiftung. Sie als „Nichtregierungsorganisation“ zu bezeichnen, ist eine Farce.
Harms blättert auf, wie NGOs zum Vehikel einer staatlich abgesicherten Rundum-Versorgung für ihre Mitarbeiter geworden sind. Er zeigt, wie der Staat radikale Klima-Aktivisten dafür bezahlt, über das Klima zu „forschen“. Er offenbart, wie die Regierung über NGO-betriebene „Meldestellen“ Denunzianten fördert. Er beleuchtet die staatlichen Quellen der Trans-Lobby. Und er kommt zu dem nachvollziehbaren Schluss:
„Wer in Deutschland eine politische Wende einleiten will, muss deshalb alles daransetzen, den linken NGO-Sumpf trockenzulegen.“
Der Marxist Antonio Gramsci verstand unter „Zivilgesellschaft“ all jene Akteure, die den gesellschaftlichen Status quo stabilisieren und eine Veränderung der politischen Machtverhältnisse unmöglich machen. Durch diese linke „kulturelle Hegemonie“ halte sich das Establishment an der Macht.
Gramsci hatte NGOs verstanden, noch bevor es sie gab.
Björn Harms, Der NGO-Komplex. Wie die Politik unser Steuergeld verprasst. LMV, Klappenbroschur, 288 Seiten, 22,00 €
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