
Für das Bundesland Thüringen hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) die Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD vorerst blockiert. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und MDR berichten, erklärte der Landesvorstand des BSW, dass er gegen die Aufnahme von Verhandlungen für eine sogenannte Brombeer-Koalition sei, solange keine Präambel für den Koalitionsvertrag vorgelegt werde. Diese müsse diplomatische Initiativen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs und eine klare Ablehnung der Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen beinhalten, so die BSW-Landesvorsitzenden Katja Wolf und Steffen Schütz.
Diese Ankündigung kam überraschend, da der Parlamentarische Geschäftsführer des BSW, Tilo Kummer, noch am Mittag gesagt hatte, dass das Thema in den Verhandlungen weiter besprochen werde. Hintergrund ist offenbar ein interner Konflikt zwischen der Parteivorsitzenden Sahra Wagenknecht und der BSW-Landesvorsitzenden Wolf in Thüringen. Am Donnerstag habe es lange Diskussionen zwischen Berlin und Erfurt gegeben, jedoch ohne Ergebnis.
Am Freitag hatten CDU, BSW und SPD ihre Sondierungsergebnisse in einem 19-seitigen Papier mit dem Titel „Mut zur Verantwortung. Thüringen nach vorne bringen“ vorgestellt. Das Thema Frieden in Europa wurde darin nur auf Seite 18 kurz angeschnitten: „Dem Thema Frieden in Europa werden wir in den kommenden Verhandlungen Raum verschaffen und mit einer Standortbestimmung im Rahmen einer möglichen Präambel gemeinsam begegnen.“ Kummer hatte jedoch klargestellt, dass eine entsprechende Vereinbarung unbedingt Teil des Koalitionsvertrags sein müsse, sonst werde seine Partei nicht zustimmen.
Georg Maier, Chef der Thüringer SPD, BSW-Politikerin Katja Wolf und CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt bei Sondierungen.
Wolf und Schütz kommentierten das Sondierungspapier am Abend: „Was wir beschlossen haben, ist ein Vorratsbeschluss. Wir wollen Koalitionsverhandlungen führen, aber vorher muss klar sein, dass wir in der Friedensfrage Klarheit bekommen. Das sind wir unseren Wählern schuldig.“
Die Thüringer CDU kündigte am späten Abend an, die Koalitionsverhandlungen mit dem BSW und der SPD aufnehmen zu wollen. Der CDU-Vorstand habe knapp sieben Wochen nach der Landtagswahl einstimmig zugestimmt, erklärte CDU-Parteichef Mario Voigt in Erfurt. Zuvor hatten sich neun CDU-Politiker, darunter der Arnold Vaatz, der einstige Staatsminister Matthias Rößler und der ehemalige Dresdner Bürgermeister Dr. Herbert Wagner, in einem offenen Brief gegen eine Koalition zwischen CDU und BSW in Sachsen ausgesprochen. „Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht und einer Neobolschewistin als Galionsfigur fängt sich die sächsische CDU den Betonflügel der früheren SED ein, dem die verbliebene Linkspartei zu westlich und zu demokratisch geworden ist“, heißt es darin. Der SPD-Vorstand wird am Samstag tagen, um einen Beschluss zu fassen.
Da die drei Parteien zusammen nur 44 von 88 Sitzen im Thüringer Landtag haben, planen sie ein „Konsultationsverfahren“, um Mehrheiten für Gesetzesvorhaben zu sichern. So sollen Eckpunkte für Gesetze frühzeitig in den Landtag eingebracht werden, um zu prüfen, ob sie eine Mehrheit finden. Damit werde keine gesonderte Vereinbarung mit der Linkspartei nötig sein, auf deren Stimmen die Koalition angewiesen sein wird. Eine „aktive Zusammenarbeit“ mit der AfD werde es jedoch nicht geben, so Andreas Bühl, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Die Linke hingegen plädiert für eine gesonderte Vereinbarung, um stabile Mehrheiten zu gewährleisten.
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